Eine komplexe Frage, mit einer noch komplexeren Antwort, die einigen Menschen ein Aua-Bauchi verursachen könnte. Ich versuche es trotzdem mal.
Ich habe mal über die "Bananenbaum-Theorie" gelesen und das klingt mir recht schlüssig. Die Idee dahinter ist, dass das weitestgehend angenehme Klima auf dem afrikanischen Kontinent dafür sorgt, dass die Bewohner sich das ganze Jahr unter den "Bananenbaum" setzen können und ihr Leben genießen. Bis zum Einfluss der Außenwelt war die Bevölkerungszahl auchs ehr viel geringer, es war also möglich, mit realtiv wenig Planung und Aufwand zu leben, das allemeine Entwicklungsniveau lag zwischen der Steinzeit und einem vergleichweise "frühen" Mittelalter. Eine ruhmreiche Ausnahme waren hier natürlich Nordafrika - dank dem Kontakt zu Europa, gab es hier Staaten wie Karthago, Ägypten und ähnliches - alle an der Küste, oder über den Landweg erreichbar. Die Nähe zu Griechenland, Rom und anderen großen, europäischen Weltreichen war hier der maßgebliche "Entwicklungsfaktor" - sehr schön zu sehen, wenn man "Sub-Sahara" Afrika dem entgegenstellt.
Gerne wird Mali erwähnt, dass "reich" war, weil es sehr viel Gold besaß - so reich, dass es Ägyptens Goldwirtschaft ruinierte, als der Herrscher von Mali einmal nach Norden kam, um Ägypten zu besuchen. Aber was ist jetzt das Bananenbaumproblem? Nun, das Klima und geringe Bevölkerung haben dazu gesorgt, dass die allermeisten Bewohner niemals in Verlegenheit kamen, "vorauszuplanen". Die Europäer hingegen saßen alle mehr oder weniger aufeinander, es gab strenge Winter, beständig Konflikte zwischen Herrschern. All das führte zu Innovation, Entwicklung und vor allem "Vorbereitung". Wer nicht für den Winter vorsorgte, der verhungerte oder erfror. "Vorausplanung" war hier ein sehr wichtiger Überlebenstrait und das hat dazu geführt, dass man immer weiter voranschritt. Die einzige größere Bremse war hier dann irgendwann die Religion und eben auch die Migration von wilden Stämmen, die zahlreich und abgehärtet von "außen" kamen und etablierte Strukturen einrissen.
Afrika hingegen hatte das alles nicht - es gab keine Motivation für große Entwicklung, Kriege waren sehr lokal und es gab kaum größere Reiche, eine Handvoll ausgenommen - Mali z.B. oder auch das Zulu-Reich, doch beide Reiche waren eben nur ein Schatten von dem, was Europa schuf.
Die fehlende Voraussicht und Planung ist allerdings etwas, das bis heute in vielen Ländern Afrikas vorherrscht. Dort jemandem zu erklären, dass er jeden Monat Geld zahlt, für eine Versicherung, ist ein absolut seltsames Konzept in vielen Teilen. "Warum soll ich JETZT Geld bezahlen, ich bin JETZT doch nicht Krank". Ein europäischer Fabrikbesitzer, der mehrere Länder in Afrika besuchte, hatte z.B das Problem, dass er seine Arbeiter täglich oder bestenfalls wöchentlich bezahlen musste - weil sie, wenn sie einen Monatslohn bekamen, erst einmal nicht mehr zur Arbeit kamen, weil sie kurzfristig genug Geld hatten.
Man kann also davon sprechen, dass es ein kulturell-soziales Problem ist. Ein weiteres interessantes Beispiel ist folgendes: Ich weiß nicht mehr, welches Land es in Afrika war, aber dort hat ein junger Mann vom "Leid des Gewinners" erzählt. Sobald man dort zu Geld kam - ob Arbeit oder Glück - erwartete Familie und Freunde, dass man teilte. Die Alternative war ein Ausschluss aus Familie und sozialem Kreis und vielleicht sogar ein Ableben. Wo war also die Motivation, sich anzustrengen, wenn jeder Gewinn sofort "umverteilt" werden musste?
Der europäische Einfluss tut natürlich sein übriges - sei es, dass man zerlegte Hühner nach Afrika exportiert, um den dortigen Geflügelmarkt damit unterminiert, oder schlicht Menschen mit Dingen in Kontakt bringt, für die sie nicht geeignet sind. Wenn ich mir ansehe, wie man dort mit giftigem Müll oder ähnlichem umgeht - Generatoren überall, nackte Füße im Schrott, wird mir ganz anders.
Es wird graduell besser, doch leider kommt damit auch das Schlechte. Die Lage bessert sich, und man bekommt mehr Kinder, die wiederum in einer Gesellschaft aufwachsen, die zu einem nicht unerheblichen Teil von Europa gestützt werden muss - weil es niemals genug Ackerland gibt, um lokal alle zu versorgen. Dazu kommen die Folgen von Klimawandel und auch religiöse und stammestechnische Feindseligkeiten, Überbevölkerung und eine sich ändernde Welt.