Entschuldigung, in der technischen Gedichtinterpretation bin ich nicht so gut, Aber vielleicht komme ich noch auf das eine oder andere.
Erstmal: Worum geht es. Um Liebe (so heißt das Gedicht ja wohl auch). Wir werden uns wiederfinden / im See / Das zeigt, dass die beiden getrennt sind. Aber in einer (fernen?) Zukunft werden sie sich wiederfinden. Wieder deshalb, weil sie schon einmal vereint waren, aber diese Vereinigung war nicht von Dauer.
/ du als Wasser / ich als Lotusblume = Die Blume ist (natürlich?) die Frau, das lyrische ich von Rose Ausländer. Das Wasser und die Lotusblume, sie gehören zusammen. (So wie das W von wir, werden wiederfinden und Wasser = Alliteration).
/ Du wirst mich tragen / ich werde dich trinken / : Auf der beschreibenden Ebene das Verhältnis von Lotusblume und Wasser. Auf der Ebene der Bedeutung die symbiotische Vereinigung zweier Liebenden. Sie nehmen sich ineinander auf = Liebesakt.
Das wird noch einmal verdeutlicht, aber auch metaporisch umschrieben mit:
/wir werden (Wiederholung der ersten Zeile) uns angehören/ vor aller Augen / - das "angehören" lässt den Besitz (gehören) anklingen, aber auch die Angehörigkeit, also das zugeordnet sein, sowie auch das Geschlechtliche.
/ Sogar die Sterne / werden sich wunder (w-w)/ - hier greift die Autorin symbolisch zu den Sternen, die als Personen sich wundern (Personifikation). Damit ist die beschriebene Liebe in einen kosmischen Zusammenhang gestellt. Das Universum ist ja ziemlich groß, und blickt auf diese wohl dann gleich große Liebe - holla, das ist eine Fallhöhe, die das wirkliche Leben oft nicht so gut verträgt, aber im Gedicht ist es natürlich ein besonderer Trick.
/hier haben sich zwei / zurückverwandelt (z-z)/ in ihren Traum / der sie erwählte./
Huch? Was ist das? Ich würde sagen, es ist ein Paradoxon: Wenn sich zwei in einen Traum verwandeln, kann der sie ja schlecht erwählen? Oder ist es gemeint wie: Zwei haben einen Traum gehabt, der sie gegenseitig ausgesucht hat, und in dieser traumhaften Liebe sind sie jetzt endlich (wieder) angekommen?
Das bleibt ein weinig rätselhaft und geheimnisvoll, jedenfalls für mich beim schnellen Hinschreiben und nachdenken über das Gedicht, das ich vorher zwar auch kannte, aber natürlich nicht so intensiv bedacht habe.
Auf jedenfall vom Ton her ein wunderschönes Liebesgedicht, aber irgendwie auch ein wenig traurig. Vielleicht, weil die beiden ja doch in ihrer Vereinigung ganz unterschiedlichen Spären angehören - Wasser und Blume? Vielleicht, weil man ahnt, dass es so eine ideale Vereinigung vielleicht nur in der Vorhersage (es ist ja alles Futur, und nichts ist so schwierig, wie korrekte Vorhersagen zu treffen, vor allem, wenn sie sich auf die Zukunft beziehen, und ganz vor allem, wenn sie die Liebe zum Thema haben) geben wird. Vielleicht auch, weil man ahnt, dass diese Hoffnung wahrscheinlich doch trügerisch ist.
OK, Gedichte und ihre Interpretation sind auch etwas Individuelles. Man kann sicher sein, den Kern getroffen zu haben, und dann kommt jemand anderes daher und hat ganz viele gute Gründe für seine Interpretation auf seiner Seite.
Übrigens kann eine Gedichtanalyse mit den von dir genannten Begriffen zwar zu Erkenntnis über den Sinn (und nur der Sinn und die Bedeutung kann doch im Fokus stehen) führen, muss aber nicht. Allzu oft habe ich erlebt, wie Leute mit ihrem geschärften Instrumentarium ein Gedicht (oder auch ein Musikstück) vollkommen auseinandergenommen haben, und dann saßen sie da in ihrem Scherbenhaufen und konnten es leider nicht wieder zusammensetzen. Das als kleiner Gruß an den gymnasialen Deutschunterricht. Du siehst, ich habe nicht richtig aufgepasst in der Schule, sonst hätte ich die Anapher nennen können. Aber dafür sagt mir das Gedicht was, und das ist doch auch nicht schlecht.
Viele Grüße von Toskana-Kalle