Geht Freundschaft unter?

In der Schule habe ich nur einen Freund, K. Das stört mich überhaupt nicht, im Gegenteil, ich bevorzuge es sogar, da ich sehr introvertiert bin und ehrlich gesagt, mich mit den anderen nicht anfreunden möchte. Bitte nicht falsch verstehen: es ist nicht aus Arroganz, sondern weil die Leute einfach schlechte Personen sind; es gab Mobbing-Vorfälle und ähnliches.

K und ich sind seit ungefähr sechs Jahren befreundet und bisher waren wir immer nur zu zweit. Wie gesagt, mich stört es nicht, nicht zur Klassengemeinschaft zu gehören. Ich lege viel Wert darauf, authentisch zu sein. Allerdings merkte ich früh, dass mein Freund sich schon immer nach diesem Zugehörigkeitsgefühl sehnte. Deshalb verbringt er jetzt sehr viel Zeit damit, seine visuelle Ästhetik zu verbessern, und er ist auch jemand, der es allen recht machen will. Seit einigen Wochen hängt er immer öfter mit den anderen ab. Mich stört das aus mehreren Gründen:

1. Wie bereits erwähnt, sind die Leute aus meiner Klasse in einige unangenehme Vorfälle verwickelt gewesen. Früher war ein beliebtes Gesprächsthema zwischen mir und K, wie schlecht sich diese Leute aufführen und wie sehr wir gegen deren Handlungen waren. Jetzt will er dazugehören und verhält sich wie ein ganz anderer Mensch vor ihnen – genau die Art von Mensch, auf die wir uns beide geeinigt hatten, dass sie ein Problem darstellen.

2. Der erste Eindruck ist wichtig, aber was ist mit dem zweiten, dritten usw.? Es gibt Menschen, die sich mehr Mühe geben, nachdem sie jemanden kennengelernt haben, und dann gibt es solche, die das genaue Gegenteil tun. K gehört zur zweiten Gruppe. Das hat mich früher nicht gestört, für mich bedeutete es, dass er sich immer wohler fühlte, sein wahres Ich zu zeigen. Aber jetzt mit den anderen Schülern: Er gibt ihnen freiwillig Hausaufgaben, erledigt Aufgaben für sie usw. Bei mir wirkt er genervt, wenn ich ihn einmal nach den Lösungen frage. Es scheint, als wären sechs Jahre Freundschaft weniger wert als die Leute, bei denen er sich gerade einschleimt. Ich vermute, er würde mich auf der Straße liegen lassen, um die anderen zum Lachen zu bringen (das ist natürlich übertrieben).

Ich verstehe, warum Leute nach einer Zeit andere Freunde finden wollen, und daran ist nichts Schlimmes. Aber warum genau diese Leute? Ich kann mich jetzt nicht einmal richtig von ihm verabschieden, weil er beim Schulende sofort zu den anderen läuft. Wenn wir miteinander reden oder nur zu zweit sind, ist es noch immer wie früher, aber sobald jemand dazukommt, ist alles anders. Die ganze Aufmerksamkeit geht an die anderen. Ich muss jedoch gestehen, dass ich von Anfang an wusste, dass wir nicht sehr kompatibel sind aufgrund unserer Werte. Aber es sind dennoch sechs Jahre vergangen. Heute hat er jedem Tschüss gewunken und mir nicht einmal in die Augen geschaut.

Wie soll ich jetzt vorgehen? Auf der einen Seite scheint es sich nicht sehr zu lohnen, eine Freundschaft wie diese zu retten. Auf der anderen Seite ist es praktisch, einen Buddy in der Schule zu haben, denn Gruppenprojekte und Ähnliches machen wir trotzdem immer gemeinsam (aber wer weiß, wie lange das noch anhält). Außerdem wäre es immer unangenehm, wenn man in der Klasse einen "Ex-Freund" hat.

Schule, Freundschaft