Ich selbst besitze und reite seit sechs Jahren einen Friesen - und zwar trotz meiner 115 kg. Ich will bestimmt nicht behaupten, eine gute Reiterin zu sein. Das wäre anmaßend. Aber ich habe bereits mit 6 Jahren die ersten Reitstunden und mit 8 Jahren mein erstes eigenes Pony (Haflinger) bekommen. Inzwischen bin ich 52 und kann auf 46 Jahre Pferde- und Reiterfahrung zurückblicken. Interessanterweise hatte nicht eines meiner Pferde Rücken- oder Gelenkprobleme, was natürlich einerseits etwas mit der Rasse, Ausbildung und Bemuskelung der Tiere, andererseits aber auch mit vernünftigem Unterricht zu tun hatte. Außerdem ist neben einem guten und sicheren Sitz gutes und vor allem passendes Sattelzeug wichtig. Und hier fangen die Probleme für den übergewichtigen Reiter tatsächlich an, denn man kommt an einer Maßanfertigung oft nicht vorbei. Der Sattel soll ja nicht nur optimal auf dem Rücken des Pferdes liegen, sondern auch dem Gesäß ausreichend Platz bieten. Nur als Beispiel: Der Sattel meines Friesen hat bei einem guten Sattler inkl. Vermessen etc. knapp 3000,- Euro gekostet. Weiter geht es mit den Ausgaben für gute Stiefel. Mit Turnschuhen auf ein Pferd zu steigen ist indiskutabel, weil man durch den Bügel rutschen kann. Es müssen also mindestens Stiefeletten sein. Wenn deine Beine einigermaßen schlank sind, sollte das kein Problem sein. Bei dicken Fesseln und Waden braucht man aber wiederum die Maßanfertigung. Die kostet bei einem Profi zwischen 600 und 800 Euro. Tja, und dann braucht man noch eine vernünftige Hose, die gut sitzen soll - da gehen dann wenigstens noch einmal 200,- Euro ins Land. Weiterhin muss man sich fragen: "Wie kommt man überhaupt hinauf?" Bei einem großen Reitergewicht ist es nicht ratsam, es mit der klassischen Methode (linker Fuß in den Steigbügel ...) zu versuchen, schon gar nicht, wenn man noch nicht geübt ist und unter Umständen dem Pferd in den Rücken kracht. Man sollte also schauen, dass man einen Stall mit einer Aufsteighilfe findet. Wenn man im Gelände mal runter muss, können Parkbänke einen entsprechenden Dienst erweisen. Darüber hinaus sollte man auch an die eigenen Knie und den eigenen Rücken denken. Häufig haben Übergewichtige gerade an der Lendenwirbelsäule und mit den Knien Probleme, die durch das Reiten sicher nicht besser werden. Und zu guter letzt: denkt an die Tiere! Es geht nicht in erster Linie um das von einigen Vorrednern - sicherlich auf der Basis Ihrer übergroßen Erfahrung - bestimmte maximale Reitergewicht. Das ist relativ, und an vielen Stellen wurde ja auch korrekterweise darauf hingewiesen, dass ein Reiter, der 60 kg wiegt, ein Pferd leichter kaputt reitet, als einer, der 120 kg wiegt und weiß, was er tut. Natürlich ist es problematisch, wenn der Übergewichtige die Balance auf dem Pferderücken erst lernen muss, weil es in der Natur der Sache liegt, dass er dem Pferd in den Rücken fallen wird. Diesbezüglich kann ich nur raten, einen wirklich gewissenhaften Reitstall auszusuchen, der nicht in erster Linie an der Gewinnmaximierung orientiert ist und jeden auf ein Pferd lässt, damit die Kasse klingelt. Ich kann mir gut vorstellen, dass es Pferde gibt, die auch schwergewichtige Reitanfänger einmal pro Woche ohne größere Schäden tragen können. Es ist halt eine Frage des Handlings. Mit meinem Pferd arbeite ich an fünf bis sechs Tagen in der Woche, wobei an 2 - 3 Tagen Bodenarbeit dabei ist. Lange Rede kurzer Sinn: Es ist möglich, auch mit Übergewicht ein Pferd zu reiten, ohne diesem zu schaden. Der finanzielle und zeitliche Aufwand sind aber erheblich größer.

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