Hallo "adavan",
Normal ist die Sekunde eine Zeiteinheit. Innerhalb des Begriffs der "logischen Sekunde" fungiert diese ursprüngliche Zeiteinheit aber als fiktive Zeitspanne - die berühmte und gleichermaßen berüchtigte "logische / juristische Sekunde".
Ein Beispiel (Fristen): Nehmen Sie an, ein A hätte bis zum 30.4. einen Widerspruch einzulegen. Die Frist hierfür läuft damit zu diesem Tag pünktlich um 24.00 Uhr bzw. 0.00 Uhr ab, danach wäre das Rechtsmittel des A hinfällig, eine Entscheidung rechtskräftig.
Nun fällt aber der 30.4. und der 01.5. zu diesem Zeitpunkt ("Punkt 24.00 Uhr bzw. 0.00 Uhr") zusammen, es bleibt somit eigentlich bei ein - und derselben Sekunde.
Der Jurist aber schiebt nunmehr zur Abtrennung eine fiktive "logische / juristische" Sekunde dazwischen. Hätte A den Widerspruch exakt in dieser "logischen/juristischen" wirksam zugestellt, so wäre dieser gültig. Den Beweis hierfür könnte A geeignet z.B. durch ein Sende- bzw. Zustellprotokoll (welches den Zeitpunkt exakt ausweist) oder vergleichbar erbringen.
Ein anderes Beispiel (Sachenrecht): Ein Kunde A kauft von einem Fahrradrahmenhersteller U hundert spezielle Fahrradrahmen, allerdings müssen die Fahrradrahmen erst noch hergestellt werden. A bezahlt diese 100 Fahrradrahmen bei U und erwirbt damit Eigentum (A gehören damit die Rahmen) an diesen gefertigten Fahrradrahmen - für eine "logische / juristische Sekunde" aber wird U vom Besitzer (U hat die Rahmen) zum Eigentümer der Fahrradrahmen, welche aber unmittelbar danach in das Eigentum des A übergehen sollen.
Eigentum ist die rechtliche Herrschaft, Besitz die tatsächliche Herrschaft über eine Sache.
Interessant ist dieser Umstand der "logischen / juristischen Sekunde" vor allem im Pfandrecht, welches der U z.B. gegen sich gelten lassen müsste - in solchen Fällen erhielte dann A seine Fahrradrahmen unter Umständen nicht unbelastet, er müsste etwaig über Drittwiderspruchsklage intervenieren, um sein Recht am Eigentum zu erlangen.
Beide Fallkonstellationen kommen in der Praxis aber eher selten vor.
Zur Frage nach einem Urteil: Der BFH (Bundesfinanzhof) hatte im Urteil vom 26.1.2011, Az. IX R 7/09 (veröffentlicht am 13.4.2011) über eine vorinstanzliche Entscheidung des Finanzgerichts Köln vom 3. Juni 2008 (Az. 1 K 1712/04) zum "wirtschaftlichen Eigentum in logischer Sekunde" zu befinden und entschieden.
Der Leitsatz (zitiert):
(1) Ein zivilrechtlicher Durchgangserwerb (in Gestalt einer logischen Sekunde) hat nicht zwangsläufig auch einen steuerrechtlichen Durchgangserwerb i.S. des Innehabens wirtschaftlichen Eigentums in der Person des zivilrechtlichen Durchgangserwerbers zur Folge; vielmehr ist die steuerrechtliche Zuordnung nach Maßgabe des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO zu beurteilen. (2) Für die Feststellung des wirtschaftlichen Eigentums i.S. von § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO kommt es entscheidend auf das wirtschaftlich Gewollte und das tatsächlich Bewirkte an, also auf konkrete tatsächliche Umstände; daher ist eine - nicht reale - logische Sekunde als lediglich gedankliche Hilfskonstruktion für eine solche tatsächliche Feststellung unerheblich.