Vor kurzem habe ich meinen Master mit Cum Laude an Elite Universität X abgeschlossen, neben dem Studium habe ich im Labor gearbeitet, wurde schon als Bachelorstudentin zu Summer Schools für Doktoranden zugelassen und präsentierte auf internationalen Konferenzen - eine Promotion stand für mich immer fest. Zum Ende des Masterstudiums haben sich jedoch einige Zweifel bei mir festgesetzt und ich würde mich freuen wenn Doktoranden die in die Industrie gewechselt haben oder Menschen in ähnlichen Situationen mir ihre Meinung dazu geben könnten.

Viele der Doktoranden die ich während der Zeit kennen lernte waren oft unglücklich, wenn nicht sogar depressiv über ihre Arbeit. Zu dem kommen die illusionären Berufschancen nach Abschluss der Promotion. Die meisten 'flüchten' aus Academia so schnell es geht um schließlich den Arbeitsmarkt als überschult und ohne 'relevante' Arbeitserfahrung zu betreten. Ich hatte das Glück Erfahrungen an sehr renommierten internationalen wissenschaftlichen Einrichtungen sammeln zu können, jedoch erhielt ich fast konstant eine desillusionierte und enttäuschte Meinung von Doktoranden über ihre Arbeit. In der Regel erhielt ich den Rat, dass man nur promovieren sollte wenn man wirklich dafür brennt - das tat ich. Ich habe also im Anschluss mit meinem Doktorstudium begonnen, was sich jedoch sehr bald für mich als die tatsächliche Hölle herausstellte. Mein Doktorvater war nie anwesend und cholerisch, Fragen dürfte man nicht Stellen, es ging nur darum zu publizieren - egal wie. Konnte ich zum Beispiel eine Hypothese nicht bestätigen, wurde mir nahe gelegt ich solle meine Statistik doch noch einmal 'überdenken', Confounding Factors sollten einfach nicht dokumentiert werden, denn 'es würde ja eh niemand kontrollieren'. Schon in der ersten Woche schlossen meine Kollegen Wetten darüber ab, wie lange es dauern würde bis 'mein Wille in dieser Gruppe gebrochen sein würde'. Ich weiß, dass die Arbeit in dieser Gruppe sicherlich nicht repräsentativ für den ganzen wissenschaftlichen Sektor ist, jedoch haben mir diese Erfahrungen ein wenig den Glauben an die Wissenschaft genommen.

Nach einigen Monaten schließlich brach ich das Program ab und habe unterdessen einen Job in einer renommierten Unternehmensberatung angeboten bekommen. Zuerst habe ich mich sehr darüber gefreut, jedoch fällt es mir sehr schwer darüber nachzudenken Academia nun doch zu verlassen und den Traum vom Doktor und die jahrelange Vorbereitung aufzugeben. Nun frage ich mich, ob der Doktor tatsächlich eine sinnvolle Entscheidung wäre. Wissenschaftliches Arbeiten macht mir Spaß und gehört gewissermaßen zu meiner DNA, jedoch frage ich mich, ob es tatsächlich so ist, oder ob ich mich nur so fühle da ich bis jetzt nie etwas anderes gemacht habe. Ist es zu idealistisch einen Doktor zu machen oder tatsächlich sinnvoll? Gibt mir ein direkter Berufseinstieg bessere Chancen etwas zu bewegen? Gibt es Wissenschaftler die in die Industrie gewechselt haben - wie findet ihr es?

Vielen Dank!