![](https://images.gutefrage.net/media/default/user/8_nmmslarge.png?v=1551279448000)
![](https://images.gutefrage.net/media/default/user/8_nmmslarge.png?v=1551279448000)
Schöne Frage. Vielen Dank. Ich bin Künstlerin und glaube, dass ich aktiver Teil der ganzen schrecklich schrecklichen und schrecklich schönen Welt bin, in der ich lebe. Die Welt, das sind ja nicht nur die Anderen, sondern auch das, was ich unter Einsatz meiner ganzen unverwechselbaren Persönlichkeit einbringen kann. Das sind in meinem Fall mein Wesen, meine sozialen und intellektuellen Fähigkeiten, meine Lieder, meine Bilder. In einem anderen Fall wär es vielleicht ein Steuerberater, der seinen Job mit all seinem Ordnungssinn und seiner Leidenschaft für Details macht und am Ende auch noch sein Herz dabei nicht vergisst. Oder eine Straßenbahnkontrolleurin, die es schafft, sich von den Anfeindungen im Nahverkehr nicht frustrieren zu lassen, sondern immer noch den Kontrollvorgang zu einem menschlichen Ereignis werden lassen kann. Oder der Hedgefondmanager, der seine immense Kompetenz nicht ausschließlich für private Zwecke nutzt, sondern erleben lernt, wie sehr er mit dem, was er beherrscht, auch helfen kann. Um so sehr Teil der Welt sein zu können, muss man für sein eigenes Glück sorgen können, und damit meine ich keine Unmengen an Geld, sondern das Glück der Freigiebigkeit, wenn man was zum Geben hat. Gelassenheit, Leidenschaft, Wärme, Interesse, vielleicht auch Geld, eigene Verrücktheit. Ein tolles Leben wäre für mich am Ende weder eines, in dem ich mich über meine Kräfte aus einem Helfersyndrom heraus ausgebeutet habe, aber auch keines, in dem ich die ganze Zeit geglaubt habe, mein Glück wäre von dem der anderen unabhängig. Ich würde vor meinem Tod gern das Gefühl haben, dass die Dinge, die ich geschaffen und gestiftet habe, ohne mich weiterexistieren und ein Eigenleben führen könnten. Die ganze Welt als Maßstab für das eigene Glück ist übrigens zu abstrakt. Keiner kann die Welt retten (ohne sie zu kontrollieren, und das wiederum... führt zu weit), aber anhaltende Frustration über dieses Unfassbare ist ein sicherer Weg, sich selbst am Freisetzen der eigenen Qualitäten zu hindern. Allerdings kann Schmerz darüber ein großer Ansporn sein. Ich glaube, irgendwo in der jüdischen Talmudlehre existiert ein Satz, der besagt, dass man ohne das Unrecht nicht mehr wüsste, was recht sei.