Ich habe als Österreicher 6 Jahre in Deutschland (Köln, Frankfurt, Darmstadt) gearbeitet, gelebt, geliebt.
Für mich war es zu Anfang eine erhebliche Umstellung. Aus meiner Sicht kann ich sagen, dass die mir bekannten Mitmenschen aus Deutschland sehr viel direkter sind, klarer kommunizieren, aber auch eine Überheblichkeit an den Tag legen, die unter ihren Landsleuten ganz selbstverständlich und normal war.
Das arbeiten empfand ich als angenehm. Es ist viel einfacher, wenn man klar, offen und zielorientiert kommuniziert. Das habe ich sehr geschätzt.
Die andere Seite ist allerdings, dass die Leute sich nicht zurücknehmen können. Auch nicht nach Feierabend oder bei einem Bierchen oder einfach nur mal freundlich sein. Das geht nicht. Da ist diese unterschwellige Balz, dieses Revierverhalten, dieser markige Tonfall, der egal wo, egal wann, das "Sagen", das "machen", die "Lacher" versucht an sich zu ziehen. (=verbale Lufthoheit)
Das wird schnell öde um nicht zu sagen ordinär. Es fehlt die Feinheit in der Sprache, in der Akzentuierung, die Zwischentöne. Das Zarte. Für einen "gestandenen" Deutschen ist das einfach nur "Blöde". Ein Schenkelklatscher!
Umgekehrt nach den vielen Jahren, die ich als Österreicher wieder in meiner Heimat bin hat sich auch Vieles verändert. Ich lebe in Kärnten und trotz der unvergleichlich schönen Natur, die wir haben, ist das Leben nicht wirklich "witzig".
Arbeiten und Soziales ist eine Katastrophe. Aus jedem Mickey-Mouse Problem wird gleich ein Riesendrama gemacht. Ständig wird "hinten herum" gemauschelt. Schiebung und Freunderlwirtschaft und "Recht-Keilereien", das ist das österreichische "Normal".
Alles in unserem Land hängt davon ab, welchen sozialen Rang eine Person hat (=strenge Hackordnung). Davon hängt ab, was "geht" und was "schon mal gar nicht geht".
Klare, direkte Kommunikation - komplette Fehlanzeige!
Befindlichkeiten, Animositäten und jede Menge, durchaus eine als post-feudal zu bezeichnende Gesellschafts-"Ordnung", in der Wenige über Viele faktisch herrschen. (die "Fäden" ziehen)
In Summe hilft es eh Nichts. Man muss sich letztlich an die Gegebenheiten jedes Landes anpassen und dann, über die Jahre merkt man es immer weniger. (Es wird "normal" :-) )