Die meisten Theologen wurden während ihres Studiums in einem konservativen Konsens unterrichtet, den die Kirchen dadurch bilden, dass sie nicht zulassen, dass Personen, die dem nicht zustimmen, überhaupt unterrichten können.
Dadurch dauert es sehr lange, bis sich da bei den Meinungen überhaupt etwas bewegt oder neuere Erkenntnisse akzeptiert werden, die älteren Lehren widersprechen.
Trotzdem ist es theologischer Konsens, dass die Autoren der Evangelien nicht Markus, Matthäus, Lukas oder Johannes hießen. Immerhin.
Die Theologen versuchen, Markus mit aller Gewalt so nahe an die Zeit, in der Jesus gelebt haben soll, zu schieben.
So wird das Markusevangelium auf 70 nach Christus datiert. Früher geht nicht, weil der Evangelist voraussetzt, dass der Leser weiß, dass die Juden eine große Katastrophe ereilt hat.
Man nimmt an, dass dies die Zerstörung des jüdischen Tempels im Jahr 70 war. Es könnte sich aber eher um den bar-Kochba-Aufstand gehandelt haben, um 132—136 gehandelt haben.
Aber die Tatsache, dass Markus so viel von Flavius abgeschrieben hat, zwingt einen eigentlich dazu, anzunehmen, dass das Evangelium kaum vor 90 n. Chr. geschrieben wurde. Die anderen Evangelien kommen später.
Bekannt wurden die Evangelien erst um das Jahr 150 herum. Vorher kannte sie kein Christ, niemand zitiert sie.
Ab 150 verbreiteten sich die vier Evangelien rasend schnell unter den Christen.
Wie erklärt man sich, dass niemand die Evangelien für 80 Jahren zur Kenntnis nahm? Man ignoriert es. Man will sie unbedingt so nahe wie nur möglich, mit aller interpretatorischen Gewalt wie nötig, so nahe an die Zeit manipulieren, wie es nur geht, ohne sich lächerlich zu machen.
Keiner der Evangelisten beruft sich darauf, Jesus gekannt zu haben.
Mit der Ausnahme von Johannes, der von einem Lieblingsjünger redet. Aber die Textstelle ist äußerst schlitzohrig formuliert, wenn man sie genau liest, steht dort nicht wirklich, dass Autor der Lieblingsjünger war — es wird nahegelegt.
Matthäus schreibt zu 90 % von Markus ab und korrigiert ihn nur bei den zahlreichen Fehlern, die Markus in Unkenntnis der Geografie und der jüdischen Gebräuche gemacht hat. Hier wusste der Evangelist deutlich mehr über die Juden.
Keines der Evangelien gibt eine Quelle an. Das ist für antike historische Berichte äußerst ungewöhnlich, sodass man sie beim besten Willen auch nicht als Historie bezeichnen kann.
Lukas redet vage von "Dienern des Wortes", von denen er seine Informationen haben will. Aber das beschreibt eher den Vorgang der "stillen Post". Hier die entsprechenden Verse:
Lukas 1,2: Schon viele haben es unternommen, einen Bericht über all das abzufassen, was sich unter uns ereignet und erfüllt hat.
Lukas 1,2: Dabei hielten sie sich an die Überlieferung derer, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes waren.
Er sagt nicht, dass er Augenzeuge war, sondern dass er sich auf frühere Berichte stützt, die angeblich von Augenzeugen verfasst und dann mündlich weitergegeben wurden. Man muss schon sehr genau lesen, aber wer tut das schon?
Was Lukas sagt, ist Folgendes: Es gibt Berichte über die Ereignisse von Augenzeugen, die überliefert worden sind.
Die Verfasser dieser Berichte waren keine Augenzeugen, sie haben lediglich weitergegeben, was ihnen überliefert wurde.
Das bedeutet, dass die Berichte, auf die er sich stützt, schon durch mehrere Hände gegangen waren. Was nicht unbedingt darauf deutet, dass Lukas im 1. Jahrhundert geschrieben hat.
Zudem ist Lukas der unzuverlässigste Schreiber unter den vier Evangelisten, auch, wenn er sich des Gegenteils rühmt. Denn derselbe hat die Apostelgeschichte verfasst, die wüsteste Märchengeschichte des NT.
Wenn man die wirklich mal liest, und seine dem Paulus untergeschobene Theologie mit der des Paulus vergleicht, dann weiß man, warum Lukas ein großer Märchenerzähler vor dem Herrn war.
Auch er hat sein Evangelium zum Teil abgeschrieben, nicht nur von Markus und Matthäus, sondern von dem Evangelium nach Marcion. Von diesem hat man ca. 70 % rekonstruieren können.
Es gibt über Jesus keine Augenzeugenberichte.
Keiner seiner Zeitgenossen hat ihn zur Kenntnis genommen.
Wenn er überhaupt existiert hat, dann war er bei weitem nicht so bekannt wie beispielsweise Johannes der Täufer oder irgendeine andere Figur aus der Zeit, von der wir wissen.
Dabei haben die Juden damals nach dem Messias gesucht, oder wie die Qumran-Gemeinschaft nach dem Lehrer der Gerechtigkeit.
Man hat Listen mit potenziellen Kandidaten zusammengestellt, selbst mit Personen, bei denen es eher unwahrscheinlich erschien. Jesus fehlt auf allen diesen Listen!
Man kann also recht positiv ausschließen, dass einer der Evangelisten Jesus gekannt hat. Kein Theologe nimmt das heute noch an.