Guten Tag, glenny300, Sie schrieben, dass Sie die angebotorientierte Wirtschaftspolitik verstanden hätten und jetzt noch die Kritikpunkte und damit ggf. erwartete Nachteile erfahren möchten. Glückwunsch zu Ihrem Thema und Ihrer Frage.
Ich möchte, bevor ich zu Kritik und ggf. Nachteilen dieser Wirtschaftstheorie komme, doch noch kurz darstellen, wie ich die angebotsorientierte Wirtschaftspolitik verstehe.
Die sog. angebotorientierte Wirtschaftstheorie wurde erdacht und entwickelt von Milton Friedman, der für seine Gedanken, Einsichten und Thesen den Nobelpreis erhielt.
Friedman geht in seiner Theorie davon aus, dass die Störungen des wirtschaftlichen Ablaufs im wesentlichen durch den intervenierenden Staat hervorgerufen werden.
Er vertraut auf die sog. Selbstheilungskräfte des Markes.
Priorität hat in jeder Phase die Preisstabilität.
Durch Regulierung der Geldmengenentwicklung soll Inflation vermieden werden.
Politikern, die seiner sog. angebotsorientierten Theorie folgen,
geht es um Senkung der Kosten;
geht es um Beseitigung von Hemmnissen
geht es um Vermeidung von Interventionen
Der Staat solle deshalb keine aktive Rolle einnehmen, sondern sich auf die Vorgabe der Rahmenbedingungen beschränken.
Als Hemmnisse für Investitionen, die es abzubauen gilt, sah er an:
zu hohe Staatsverschuldung, weil diese zu Inflation und einem höheren Zinsniveau führe,
zu viele staatliche Einmischungen z.B. Umweltauflagen, Subventionen, Schutzgesetze für Arbeitnehmer,
zuviel Sozialstaat (Erhöhung der Lohnnebenkosten),
zu hohe Steuern,
Gewerkschaften als „Störenfriede“.
Die Kernthesen der Friedman’schen Geldpolitik waren und sind in etwa so:
Wenn eine Regierung die Konjunktur stärken will, dann soll sie nicht die Staatsausgaben erhöhen, sondern deren Notenbank solle lieber die Geldmenge ausweiten.
Eine unabhängige Notenbank sollte die Geldmenge nach einer vorher bestimmten Formel in Abhängigkeit von der Warenmenge festlegen.
Die frühzeitige Bekanntgabe eines Geldmengenzieles würde „Fehlinformationen“ an wirtschaftlich Handelnde vermeiden.
Weitere staatliche Eingriffe in die Wirtschaft sollten tunlichst unterbleiben.
Denn diese seien wirkungslos und würden schlimmstenfalls sogar eine Krise hervorrufen.
Friedman's Argumente und Thesen waren „eingänglich“, da einfach.
Sie waren vielleicht auch etwas„holzschnittartig“ und „schwarz : weiß“.
Nicht zu entkräften war, dass die Staatsschulden in den 70iger Jahren massiv ausgeweitet waren.
„Mehr Markt und weniger Staat“ war bald ein eingängiger Slogan.
In den USA, in der Regierungszeit des Präsidenten Reagan gewann diese neue Wirtschaftspolitik sehr viel Kraft.
Und firmierte in den USA dann schnell unter „Reaganomics“
In Großbritannien hatte die Premierministerin Thatcher letztendlich ebenfalls viel Erfolg mit der Theorie Friedman’s und ihrem „Thatcherismus“.
Es folgte tatsächlich ein hohes Wachstum und sogar ein Sieg über die Inflation und eine globale Ausweitung von Arbeitplätzen.
Kritiker fragten sich natürlich, was wäre zu tun, wenn...
es zu einem unerwarteten Inflationsanstieg und zu einer Flucht in reale Vermögenswerte käme?
Es zu einer unerwarteten Deflation und zu einer Flucht ins Bargeld käme?
Die Lösung sah Friedman darin, dass es
die Geldpolitik (der unabhängigen) Notenbank gleichmäßig und berechenbar sein müsse.
Daraus folgten die Ziele von früher Bundesbank und jetzt EZB; Inflationsrate „bei oder um 2 %“ oder Geldmengenziel „maximal + 4,5 %“
Senke die Zentralbank die kurzfristigen Zinsen, also den Ertrag des Geldes, so würde die Nachfrage nach Realvermögen größer.
Entsprechend würde mehr investiert.
Und damit dann mehr produziert, um der Nachfrage folgen zu können.
Das erhöhe das Einkommen.
Geld- und Konjunkturpolitik sind somit im Friedman‘schen Modell eng verknüpft.
Friedman tat sich mit Deutschland schwer...
...und Deutschland mit F. ebenso. Bis heute.
Das „intellektuelle Deutschland“, viele Politiker, die Medien und einige Wirtschaftler fanden seine Thesen zu sehr vereinfachend. Die Kritiker wünschen das Gegenteil:
Mehr Staat und weniger Markt. Begründen können sie es nur mit wenig harten Fakten; eher mit Argumenten, die oftmals recht populistisch erscheinen. Dies resultiert aus deren Angst, Einfluss und "Macht" an marktwirtschaftliche Kräfte abgeben zu müssen, deren Wirken sie nicht verstehen (wollen).
Die Zeitschrift konkret schmähte die Verleihung des Nobelpreises an Friedman mit der Überschrift >Nobelpreis für KZ-Beratung<.
Die Zeitung Christ und Welt brachte es vor Jahren auf den Punkt: >Friedman entspricht nicht dem deutschen Wunschdenken<.