Hitler war technisch gesehen ein rhetorisch perfekt ausgebildet. Trotzdem kann man ihn in meinen Augen nicht als großen Redner bezeichnen. Und zwar aus drei Gründen:

  1. Es ist immer sehr einfach, die niedersten Instinkte der Menschen anzustacheln. Auch ein Mandela, Martin Luther King oder Gandhi hätten geifernd zum Hass auf ihre Unterdrücker aufhetzen können. Es ist aber gerade ihre Größe, dass sie statt dessen Toleranz und Friedfertigkeit wählten und trotzdem ihre Ziele erreichten.
  2. Es ist immer leicht, große Reden zu schwingen, wenn Zehntausende dir zujubeln und jeder, der dir widerspricht, am nächsten Laternenpfahl aufgeknüpft wird. Hitler war ein Feigling, der sich nie in eine freie Parlamentsdebatte getraut hat oder den Mumm hatte, vor einem ausländischen Publikum zu reden. Wer 200 SA-Leute braucht, die hinter einem stehen, gesteht damit im Grunde seine eigene Schwäche ein. Goebbels war ein Scheusal, hatte aber wenigsten den Mut, in Berlin in kommunistischen Vierteln Wahlkampf zu machen, wo die Arbeiter Biergläser nach ihm geworfen haben. Hitler hat sich sowas nie getraut.
  3. Große Redner zeigen sich in der Stunde der Not. Lincoln, Roosevelt und Churchill haben ihre großen Reden gehalten, als alles um sie herum finster zu sein schien. Hitler konnte große Sprüche klopfen, als alles gut lief. Aber sobald der Krieg in die andere Richtung ging, hat er sich wie eine feige Ratte im Führerbunker verkrochen und sich nicht mehr blicken lassen. Oder kennt irgendwer eine einzige öffentliche Führerrede aus der Zeit von 1943 bis 1945?