Im Holocaust liegt das Hauptaugenmerk auf der Vernichtung der Juden Westeuropas. Konzentrationslager wie Auschwitz, Buchenwald oder Bergen-Belsen sind dafür Kulminationspunkte. Auch im Osten wurden millionenfach Juden ermordet, der sogenannte "Holocaust durch Kugeln". Aber darauf ist unser Augenmerk viel weniger gerichtet.

Beim Holodomor handelt es sich um ein riesiges Verbrechen, einen Völkermord, der lange als innersowjetische Angelegenheit ignoriert wurde. Viele westliche Intellektuelle in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts sympathisierten darüber hinaus mit sozialistischem Gedankengut und haben deshalb die Verbrechen der Bolschewisten kleingeredet, als Kinderkrankheiten einer Regierungsform der Zukunft abgetan oder schlichtweg verschwiegen.

In der UdSSR wurde das Wissen um und die Erinnerung an den Holodomor systematisch unterdrückt. Unterlagen wurden vernichtet, Archive blieben geschlossen, Daten, etwa von Volkszählungen, wurden zur Geheimsache erklärt. Die Erwähnung des Holodomors war verboten. Erst ab der Unabhängigkeit der Ukraine (1991) rückte die Geschichte des Holodomors stärker ins Licht der Öffentlichkeit. Hauptsächlich durch nicht-ukrainische Forscher aus Kanada und USA. Da die Sowjets häufig in den durch die Hungerkatastrophe entvölkerten Landstrichen ethnische Russen ansiedelten, hat man in der Ukraine später lange diskutiert, ob die Aufarbeitung des Holodomors nicht die Gesellschaft spalte oder zerreiße, weil Opfer und Profiteure des Völkermords benannt werden könnten.

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