Nach dem plötzlichen Tod meiner Mutter 2016 hat meine Oma (91) eine größere Rolle in meinem Leben übernommen, vor allem, indem sie mich finanziell unterstützt hat. Dafür bin ich sehr dankbar. Sie hat als Flüchtlingskind nach dem Krieg viel durchgemacht und musste Breslau mit kaum mehr als der Kleidung am Leib verlassen. Ich verstehe, dass ihre Erlebnisse sie geprägt haben, doch manchmal fällt es mir schwer, mit ihrer ständigen Negativität umzugehen.

Meine Oma kann sich über nichts freuen. Mein Studium in Gesundheitsökonomie, meinen Master – all das ist für sie nichts wert. Sie hat selbst Pharmazie studiert und vergleicht alles mit ihren eigenen hohen Ansprüchen. Auch meine langjährige Bulimie, wegen der ich sogar in einer Klinik war, kann sie nicht nachvollziehen. Stattdessen bewertet sie mich ständig ab und kritisiert mein Leben.

Ein weiterer belastender Punkt ist, dass ich mein Erbe von 160.000 € größtenteils ausgegeben habe – teils aufgrund meiner Essstörung, teils für Dinge wie ein Auto, Pferde, Immobilie und Reisen. Ich lebte nach dem Motto: "Ich verdiene mein Geld und lebe im Jetzt." Einmal musste ich mir Geld von meinem Onkel leihen, das er durch einen Kredit aufnahm. Bis auf 8.000 € habe ich ihm alles zurückgezahlt, und es gab eine Abmachung, den Rest nach dem Tod meiner Oma zu begleichen. Was auch nach wie vor so ist. Ich kann es zurückbezahlen, aber das möchte er nicht. Also alles mit meinem Onkel geklärt. Leider hat er ihr das weitererzählt, und seitdem ist es noch schlimmer... dabei geht es sie nichts an. Es ist schließlich nicht ihr Geld.

Geld und Erfolg sind für sie das Wichtigste. Als ich eine Fehlgeburt hatte, zeigte sie keinerlei Mitgefühl und war stattdessen erleichtert, dass es kein uneheliches Kind geben würde. Für sie zählen nur Arbeit, Wohlstand, Wissen und eine klassische Familie mit Ehe und Kindern.

Ich verstehe, dass sie aus einer anderen Generation kommt, aber ihre Art belastet mich sehr. Sie hat ein hartes Leben hinter sich, und mit ihrer fortschreitenden Altersdemenz wird es nicht einfacher. Trotzdem fällt es mir immer schwerer, sie zu besuchen, da der Kontakt mich emotional erschöpft und ich weiß, dass ich sie nicht ändern kann. Auch normale Gespräche führen zu nichts. Da kommt keinerlei Verständnis. Ich möchte doch einfach nur endlich als 30jährige Frau akzeptiert werden, die ihr eigenes Leben lebt. Eigene Entscheidungen trifft. Ich will ihr doch auch nichts Böses. Ich will nur Frieden und tolle Gespräche führen.