Diese Volksweisheit findet sich im deutschen Strafrecht beim vermeidbaren Verbotsirrtum und kann auch bei Fahrlässigkeitsdelikten eine Rolle spielen.

Im Unterschied zu einem Irrtum über die tatsächlichen Verhältnisse („ignorantia facti“) schließt ein Rechtsirrtum, insbesondere ein Verbotsirrtum, die Schuld eines Täters nach deutschem Recht nur dann aus, wenn der Irrtum nicht vermeidbar war (§ 17 StGB).

Beide Grundsätze betreffen die Irrtumslehre im Strafrecht und bei Ordnungswidrigkeiten, die in beiden Rechtsgebieten weitgehend identisch ist.

Unwissenheit bezieht sich auf die fehlende oder mangelnde Kenntnis des Täters über einzelne Tatbestandsmerkmale, die als Rechtsfolge eine Bestrafung nach sich ziehen. Nach der Legaldefinition der § 16 StGB und § 11 OWiG handelt nicht vorsätzlich, wer auch nur einen einzigen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört. Das trifft auch zu, wenn der Irrtum darauf zurückzuführen ist, dass der Täter in Gedankenlosigkeit handelte.[1] Sprachlich ist der Begriff „Irrtum“ irreführend, denn beim so genannten Tatbestandsirrtum geht es nur um die positive Kenntnis bestimmter Tatbestandsmerkmale, beim Verbotsirrtum lediglich um das Bewusstsein, etwas Unerlaubtes zu tun; eine positive gegenteilige Vorstellung vom Tatbestandsmerkmal, was einen Irrtum eigentlich ausmacht, ist hingegen nicht erforderlich.

Der Tatbestandsirrtum schließt den Vorsatz aus, lässt aber eine Ahndung fahrlässigen Verhaltens zu, soweit gesetzliche Vorschriften auch fahrlässiges Handeln unter Strafe beziehungsweise unter eine Bußgeldandrohung stellen. Der Verbotsirrtum hingegen schließt nicht den Vorsatz aus, sondern berücksichtigt ein entschuldbares Fehlen des Unrechtsbewusstseins, das zur Straffreiheit führen kann, sofern es unvermeidbar war. Das Bewusstsein, etwas Unerlaubtes zu tun, setzt nicht voraus, dass konkret jede Verbotsnorm bekannt ist. Vielmehr genügt ein Bewusstsein davon, dass die Tat ein Unrecht von der in der betreffenden Norm beschriebenen Art ist. Es ist also einerseits keine positive Gesetzeskenntnis nötig, aber andererseits reicht eine Bewertung eines Handelns als sozialwidrig oder -schädlich oder moralisch verwerflich nicht aus.[2]

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