Natürlich ist nicht alles am deutschen Schulsystem negativ und es gibt viele Länder mit einem deutlich schlechteren Bildungssystem. Dennoch weist es im Vergleich mit Ländern wie Schweden oder Kanade deutliche Defizite auf. Um nur mal ein paar Beispiele zu nennen:

1) Fehlende Einheitlichkeit: Lehrpläne sind in Deutschland Sache der einzelnen Bundesländer, das heißt jemand der sein Abitur beispielsweise in Thüringen macht hat ein anderes Wissen als jemand, der sein Abitur in Bayern ablegt. Das kann beim Anfang des Studiums oder der Ausbildung in einem anderen Bundesland Probleme geben: Beginnt der Thüringer nun ein Studium in München beginnt, kann es sein dass ihm von den Professoren vorausgesetztes Grundwissen fehlt, da es in Bayern im Lehrplan enhtalten war, in Thüringen aber nicht.

2) Unterricht zu theoretisch: Damit sind nicht unbedingt fehlende Anschauungsmedien gemeint, sondern dass der Lehrer den Stoff einmal erklärt und er in Übungen nur nach diesem Schema abgerufen wird. In Studien wie PISA hat sich bisher immer wieder gezeigt, ass deutsche Schüler massive Probleme haben, wenn sie das Gelernte in anderen Kontexten anwenden sollen. Das ist nicht nur ein Problem bei solchen schulischen Tests sondern wirkt sich auch auf das Anwenden des Stoffs im späteren Berufsleben aus.

3) Inflation von Bildungstiteln: Während früher ca. 25% der Schüler Abitur gemacht haben, ist es heute jeder Zweite. Das führt auf der einen Seite dazu, dass die Untiversitäten und Hochschulen mit der Flut an Studenten überfordert und überfüllt sind, worunter wiederum hier die Qualität der Lehre leidet. Gleichzeitig steigen die Anforderungen für die einzelnen Arbeitsplätze: Ein Bachelor-Abschluss ist praktish wertlos, um für Bewerbungsverfahren zugelassen zu werden, muss man mindestens einen Master vorweisen. In einigen Fächern reicht nicht einmal dieser. Ähnlich bei Ausbildungsplätzen: Häufig muss es ein sehr guter Realschulabschluss oder eben Abitur sein. Viele Türen die vor 10-20 Jahren auch mit einem Hauptschulabschluss noch offen standen, sind heute verschlossen. Auch er ist kaum noch etwas wert. Und sind wir mal ehrlich: Vom Tellerwäscher zum Millionär ist heute, wenn es überhaupt jemals möglich war, nur noch eine Utopie.

4) Diffusion nur nach unten: Vom Gymnasium auf die Real- oder Hauptschule zu wechseln, ist kein Problem. Andersherum ist das jedoch kaum möglich. Die Menge an Stoff die für einen Wechsel von Realschule zu Gymnasium vom Schüler eigenstädnig aufgeholt werden müsste, ist meist viel zu groß, da es sich hierbei um ganze Fächer oder Sprachen handelt, die im Lehrplan der Realschule nicht vorkommen, aber für das Gymnasium Voraussetzung sind. Demnach werden beim Abschluss der Grundschule, also mit ca. 10 Jahren, die Weichen für dein restliches Leben gestellt. Der Ausbildungszweig zieht einen Abschluss nach sich, der dir bestimmte berufliche Möglichkeiten öffnet oder eben verschließt. Drastisch ausgedrückt: Wenn du in der Grundschule aus welchen Gründen auch immer nicht gut warst, hat sich an dieser Stelle bereits der Traum vom Lehrer, Polizisten oder gar vom Arzt schon erledigt. Nicht wirklich gerecht, oder?

5) Gleiche Chancen? Fehlanzeige!: Verschiedene Studien zeigen, dass dein Bildungsweg auch maßgeblich vom Bildungsniveau, der finanziellen Lage und dem sozialen Status deiner Eltern abhängt. Das heißt nicht allein deine eigene Leistung und Fähigkeiten beeinflussen, wie weit du kommen kannst, sondern auch Dinge, die du überhaupt nicht beeinflussen kannst. Auch wenn Bildung an sich in Deutschland kostenlos ist und vom Staat getragen wird, kann die Entscheidung, ob deine Eltern dir beispielsweise einen Nachhilfelehrer in Mathe ermöglichen können, der dir hilft eine gute Note zu erreichen und damit einen besseren Abschluss zu erzielen und damit bessere Chancen auf Ausbildungs- bzw. Studienplätze zu haben, oder nicht. Das klingt im ersten Moment übertrieben, aber solche Kleinigkeiten summieren sich auf und bilden einen großen Einfluss auf deine weiteren Möglichkeiten. Bei der Lehrerempfehlung am Ende der Grundschule, auf welchen Schuzweig du optimalerweise gehen solltest, wird auch unbewusst vom schichtspezifischen Verhalten (Bourdieus Habituskonzept) deiner Eltern beeinflusst. Auch dein Name nimmt ganz unbewusst Einfluss: Bei gleicher Leistung hat ein Richard eine höhere Wahrscheinlichkeit eine Empfehlung fürs Gymnasium zu bekommen, als ein Junge namens Kevin. Der Name ist aus verschiedenen Gründen mit Vorurteilen wie "anstrengend" oder "weniger intelligent" belastet,  während Richard ein alter Adelsname ist. All diese kleinen Beispiele zeigen, dass die Chancen auf einen bestimmten Bildungsweg nicht allein vom Schüler und seiner Leistung abhängen, sondern zu einem nicht unerheblichen Maße vorbestimmt sind. Auch hier wieder: Das ist nicht fair,oder? Besonders wenn man bedenkt, dass deine Bildung der Dreh- und Angelpunkt deines weiteren Lebens sein wird.

Da sich mit diesem Thema ganze Wissenschaftszweige beschäftigen, kann man das Ganze auch noch wesentlich weiter ausführen. Das ist so erstmal das was noch aus meinem Studium hängen geblieben ist. Wie bereits oben erwähnt ist natürlich auch viel Gutes am deutschen Bildungssystem, dennoch gibt es die Beispiele, dass es noch besser geht. Die Qualität des Bildungssystems hat direkte Auswirkung auf die Wirtschaft und den Fortschritt eines Landes und ist somit auch ein entscheidender Faktor für die Zukunft eines Landes.

Ich hoffe ich konnte dir ein wenig weiterhelfen.

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Was eine Gesellschaft ist und damit auch wie sie entsteht ist Definitionssache und diese Definitionen sind nie einheitlich, vor allem nicht in der Soziologie. Der unten aufgeführte Absatz stammt aus einem Buch, das uns zur Einführung meines Soziologiestudiums von unseren Professoren empfohlen wurde. Es bleibt recht allgemein und stellt verschiedene Ansätze und Theorien vor. Ich hoffe es hilft dir weiter.

GesellschaftGesellschaft bedeutet dem Wortursprung nach „Inbegriff räumlich vereint lebender oder vorübergehend auf einem Raum vereinter Personen“ (Geiger, 1988). Die Komplexität des Begriffes lässt sich durch folgende Differenzierungen erfassen: 1.)Gesellschaft ist eine Bezeichnung für die Tatsache der Verbundenheit von Lebewesen (Menschen; Tiere; Pflanzen); 2.) als menschliche Gesellschaft eine Vereinigung zur Befriedigung und Sicherstellung gemeinsamer Bedürfnisse; 3.) i.e.S. jene Form des menschlichen Zusammenlebens, die seit der frühen Neuzeit als bürgerliche Gesellschaft, als nationale und industrielle Gesellschaft einen die individuelle Erfahrungswelt übersteigenden Handlungsrahmen entwickelte (des Rechts, der Ökonomie, des Zusammenlebens in großen Städten, der Kommunikation usw.) und in einen immer stärkeren Gegensatz zu den gemeinschaftlichen Formen des Zusammenlebens geriet; 4.) eine größere Gruppe, deren spezifischer Zweck mit dem Begriff Gesellschaft hervorgehoben wird, z. B. Abendgesellschaft, Reisegesellschaft, Tischgesellschaft; in der Form einer organisierten Zweckvereinigung und i.d.R. rechtsförmig ausgestaltet als Aktiengesellschaft, Gesellschaft der Wissenschaften, Gesellschaft der Musikfreunde, Gesellschaft Jesu (Jesuiten); 5.) in der Sprache der Theorien des sozialen Handelns und sozialer Systeme (T. Parsons; N. Luhmann): alle Interaktionssysteme mit Steuerungsfunktionen für gesellschaftliche Teilsysteme wie Familie, Schulen, Wirtschaft usw.; 6.) in einem historisch sich wandelnden Verständnis eine Bezeichnung für die kulturell und/oder politisch tonangebenden Kreise, von der Adelsgesellschaft zur „guten Gesellschaft“ bzw. high society; 7.) in wortursprünglicher Verwandtschaft mit Geselligkeit das gesellige Beieinandersein ganz allgemein: „eine Gesellschaft geben“; jemandem „Gesellschaft leisten“.Der Mensch als Gattungswesen ist auf das Zusammenleben und -wirken mit anderen angewiesen; so erklärte schon Aristoteles (384-322 v. Chr.) die Entstehung von Gesellschaft (der antiken Polis) aus der „geselligen Natur“ des Menschen einerseits, aus dem wechselseitigen Angewiesensein auf die unterschiedlichen (arbeitsteiligen) Fähigkeiten der Menschen zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse andererseits. Über die längste Phase der Menschheitsgeschichte waren Gesellschaften – wie noch heute in vielen Regionen Asiens, Amerikas, v. a. Afrikas, Melanesiens und Polynesiens – als  Stammesgesellschaft organisiert. Entsprechend dem uneinheitlichen Gebrauch des Begriffes Stamm in der Ethnologie umfasst eine Stammesgesellschaft Angehörige  gleicher Abstammung, Sprache und Kultur; oder es handelt sich um überschaubare Gesellschaftsformen, die maximal 700 bis ca. 1500 Menschen umfassen.
Gesellschaft im heutigen soziologischen Verständnis ist v. a. die unter 3.) genannte Organisationsform menschlichen Zusammenlebens; mit ihr ist die Entwicklung der Soziologie als Gesellschaftswissenschaft aufs Engste verknüpft, also jener Form der gesellschaftlichen Organisation des Zusammenlebens, die von den Bürgern getragen und in den bürgerlichen Revolutionen des 17.-19. Jahrhunderts durchgesetzt wurde.

Quelle: Kopp, Johannes; Steinbach, Anna (Hrsg.): Grundbegriffe der Soziologie: 2016 (11.Auflage). Springer Verlag: Wiesbaden. S. 100f.

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