Hey krokodoc5,
Erstens: Ich kann dich verstehen. Und zwar in allen Schichten. Ein Auslandsjahr ist hart. Es ist nicht einfach, sich selbst einzugestehen, dass man 5x so viel Energie reinstecken muss, als in sein „altes“ Leben. Auch ich fühle mich hier in einigen vielen Momenten so richtig beschissen unglücklich, am Boden zerstört. Selbständigkeit ist nichts, was man einfach kann. Ich bin gerade dabei es auf die harte Tour zu lernen. Wenn die Gastfamilie nicht supportive ist und hilft, ist das zu viel für jeden. Und es gehört eine Menge Mut dazu zu sagen: „Ich schaff das nicht, bitte hilf mir.“
Und wenn das nichts nützt, ist ein Gastfamilienwechsel vielleicht eine gute Idee. Viele Gastfamilien wissen nicht worauf sie sich einlassen, wenn sie einen Gastschüler aufnehmen. Weil ein Gastschüler kein Haustier ist sondern ein weiterer Sohn oder Tochter.Und wer hat dann den Salat? Wir Schüler.
Zweitens: Niemand erwartet von dir, gute Noten zu schreiben. Wirklich niemand darf das. Du bist ein Schüler aus einem anderen Land, kommst aus einer anderen Kultur und so weiter und so fort. Aber dein Sinn ist nicht primär in der Schule gut mitzukommen, oder das perfekte Instagramerlebnis zu haben. Du bist da um eine Sprache zu lernen, Freunde fürs Leben zu finden und so absurd es auch klingen mag: Um Spaß zu haben.
Drittens: Wenn du Freunde im Ausland/ bzw. an der Schule, in der Nachbarschaft oder im Sportverein gefunden hast, bei denen du das Gefühl hast, du kannst ihnen vertrauen, dann rede mit ihnen. Du hattest ja geschrieben, kaum/ keine Freunde zu finden. Ich weiß, es ist ein Risiko, aber wenn es eine Person gibt, die dir ein gutes Gefühl vermittelt, sprich sie an, ob sie dir zuhören kann, weil es dir einfach nicht gut geht. Mir zum Beispiel ging es tagelang nicht gut, weil mir meine Gastfamilie alles verbietet was ich gerne erleben möchte, wie Gym, Ballettschule, Freunde zu Besuch haben etc. weil es entweder eine gefährliche Gegend, zu weit weg oder in Papieren stand die ich nie gesehen habe. Ich habe mit einer Freundin in der Schule gesprochen, mich richtig ausgeweint und danach hatte ich wieder Hoffnung und etwas Kraft um weiter dafür zu kämpfen aus dem Haus in das Land reinzukommen und nicht in der Ecke zu verkümmern.
viertens: Sei bitte Stolz darauf, was du jetzt schon geschafft hast. Es gibt einige Menschen, die das nicht könnten: Ins Flugzeug steigen, auf dem Weg zu völlig Fremden Menschen, mit denen du ein paar Mal vielleicht telefoniert hast und die neue Person in der Klasse/ Schule zu sein.
Fünftens: Das hier ist mein Tipp. Mir hat es etwas geholfen mich einer AG/ einem Club/ einer Aktivität in der Schule anzuschließen. Es ist einfach ein weiteres Umfeld mit Menschen, die dich auch gerne kennenlernen wollen und daraus können sich Freundschaften ergeben.
Sechstens: Niemand redet darüber, dass die Zeit der Anpassung länger ist als drei Wochen. Man gewöhnt sich konstant, über Monate hinweg an alles neue. Einfach weil man nach drei Wochen noch nicht alles gesehen und gelernt hat.
Kopf hoch, sonst fällt die Krone runter. Ich glaube daran dass du alles schaffen kannst, was du willst
Glg, Red