Nun gut, also, zunächst einmal räumen wir mal eine Fehlkonzeption aus dem Weg. Versuchter Mord ist strafbar nach §§211, 23 StGB. Schauen wir uns die relevanten Teile dieser beiden Normen an.

211 StGB: Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. [...]

23 StGB: Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar [...]. Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§49 Abs. 1)

49 I StGB: Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. [...]

Es ist hierbei insbesondere auf den Wortlaut des §23 StGB zu achten: Der Versuch KANN milder bestraft werden. Er MUSS nicht. Das heißt, pauschal zu behaupten, dass ein versuchter Mord keine lebenslange Freiheitsstrafe nach sich ziehen könne, ist nicht ganz korrekt.

Und nun zu deiner Frage: Der Grund dafür liegt darin, dass wir auch folgenbasiert das Unrecht beurteilen. Beim versuchten Mord könnte man natürlich argumentieren, dass ja derjenige, der einen Mord unbedingt will und es nicht hinbekommt, nicht besser sein kann als derjenige, der einen Mord unbedingt will und es hinbekommt. Beide sind weit entfernt von unserer Rechtsordnung.

Es überzeugt aber nicht, allein darauf abzustellen. Die Folgen einer unrechten Handlung wie auch ebenfalls die Handlung selbst sind nicht ohne Grund relevante Kriterien. Ist es fair, jemanden, der letztlich niemanden getötet hat, ebenso lange hinter Gitter zu setzen wie denjenigen, der die Existenz eines Menschen für immer beendet hat? Man muss daran denken: Strafen haben immer auch eine Art "Befrieidigungsfunktion". Wenn jemand gar kein Unrecht verwirklicht hat, was willst du da befriedigen? Es ist außerdem davon auszugehen, dass derjenige Täter, der tatsächlich zu töten imstande war, für die Gesellschaft die größere Gefahr darstellt.

Zudem kurz eine Exkursion in die Fahrlässigkeit: Wer fahrlässig einen Menschen tötet, beispielsweise durch überhöhte Geschwindigkeit, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft. Ein solcher Mensch hat NICHTS ANDERES gemacht, als ein bisschen zu schnell zu fahren und dabei eben zufällig über einen anderen Menschen drüberzurumpeln. Stellte man nun - wie in deiner Frage angedeutet - allein auf das ab, was er persönlich gedacht hat, so müsste man JEDEN Temposünder mit derselben Strafe bestrafen, wie man auch jemanden bestraft, bei dem aufgrund dieser Temposünde jemand zu Tode kam, zumindest, wenn eine ähnliche Gefahrenlage geschaffen wurde. Bewährungsstrafen für jedes folgenlose Übertreten der Geschwindigkeit wären aber eine ziemlich lächerliche Geschichte.

Außerdem sei noch einmal auf das eben genannte Argument mit der unterschiedlichen Gefährlichkeit bewiesen. Nehmen wir folgenden Fall: A will B umbringen, weil er weiß, dass B ihm eine beträchtliche Summe vererben will (dadurch wäre §211 erfüllt). A nimmt also einen Gartenschlauch, weil er der Meinung ist, ein harter Wasserstrahl könnte Menschen töten, und spritzt damit den B nass. Willst du den A WIRKLICH lebenslang ins Gefängnis stecken?

...zur Antwort