Ich sehe hier folgenden Gründe:
Viele junge Menschen sind auf Sinnsuche. Es ist nicht ungewöhnlich, dass gerade junge Leute ihren Glauben wechseln. Das muss keine Konversion zum Islam sein, das kann auch ein Glaubensabfall sein. Es gibt auch solche, die zum Christentum konvertieren oder einfach gläubiger werden. Konversionen zu anderen Religionen wie dem Judentum, Buddhismus etc. finden auch oft in jüngeren Jahren statt.
Des Weiteren "rebellieren" junge Menschen gerne. Gegen ihre Familie, gegen die Gesellschaft. Der Islam ist zurzeit perfekt dafür. Denn er ist zwar Teil der Gesellschaft, aber viele Menschen sehen ihn eher kritisch. Ideal, um die eigenen Eltern einerseits zu verwundern und andererseits zu "schockieren".
Drittens ist es ziemlich "bequem", Muslim zu werden. Einerseits ist der Prozess der Konversion sehr schnell. Man muss nicht mehrere Monate oder gar Jahre warten, man braucht theoretisch nicht einmal Vorwissen. Wer will, kann innerhalb von 10 Sekunden zum Islam wechseln. Andererseits ist vieles am Islam nicht wirklich "neu". Eine Konversion zum Hinduismus würde bedeuten, dass man sich mit vielen Dingen auseinandersetzt, von denen man noch nie gehört hat, wohingegen man vieles am Islam schon kennt. Es gibt einen Gott, es gibt Jesus (wenn er auch nicht der Sohn Gottes ist), es gibt Propheten, es gibt ein heiliges Buch, es gibt Feste, es gibt eine Fastenzeit usw. Obwohl viele Dinge neu sind, kennt man auch vieles schon.
Viertens kann ich mir vorstellen, dass einige Konvertiten im Islam etwas gefunden haben, das ihr ihr eigenes Elternhaus nicht gegeben hat. Enge Familienverhältnisse zum Beispiel. Oder feste Regeln. Es gibt tatsächlich Menschen, welche diese Struktur brauchen. Natürlich kann man diese auch in vielen anderen Dingen finden, aber die Konversion zum Islam ist eben sehr einfach (siehe Punkt 3). Wenn man einen muslimischen Partner oder muslimische Freunde hat, kann der Islam zusätzlich attraktiv wirken.
_________
wieso nimmt man dann nicht das gutherzige Christentum?
Wieso sollte man? Ich habe das Christentum nicht unbedingt als "gutherzig" erlebt. Manche Christen, die ich getroffen habe, sind genauso erzkonservativ, wie man das von einigen Muslimen behauptet. Sie lehnen Homosexualität ab, sie sind gegen Andersgläubige, sie vertreten ein sexistisches Frauenbild, sie vertrauen einem uraltem Buch mehr als der Wissenschaft etc. Nein, die Konversion zum Christentum ist nicht unbedingt vorzuziehen.
_________
Außerdem kannst du dir sicher sein, dass die meisten Konvertiten sich gar nie wirklich mit anderen Religionen beschäftigt haben. Sie behaupten dies vielleicht, kennen einige Grundprinzipien, aber wirklich befasst haben sie sich nicht.
Das soll nicht heißen, dass ich gegen Konvertiten bin oder diese nicht ernst nehme. Ich denke einfach, dass eine Konversion ein wohlüberlegter Schritt sein sollte, über den man erst mal einige Monate oder Jahre nachdenkt. Was mit 19 richtig scheinen mag, kann mit 25 schon wieder ganz anders aussehen. Die Religion läuft ja nicht weg. Wer nach einigen Jahren immer noch glaubt, dass das der richtige Weg ist, soll es tun. Aber erst mal soll man etwas reifer und erwachsener werden.