Seine Eltern akzeptieren keine Christin

Ich bin seid fünf Monaten jetzt mit meinem Freund zusammen. Wir haben uns über gemeinsame Bekannte kennengelernt, während wir beide noch in anderen Beziehungen waren und mussten dann aber feststellen, dass wir eigentlich zusammen gehören, trotz wiedriger Umstände. Zum einen wohnt er in Köln und ich Hamburg. Zum anderen und das ist die größte Schwierigkeit, hat seine Familie ohne mich überhaupt zu kennen, bereits jetzt ein großes Problem mit mir. Er und seine Familie sind Juden. Aber während er das jüdisch sein, fast ausschlißlich auf seine Identität bezieht, ist seine Familie auch noch sehr religiös und konservativ geprägt. Es ist eigentlich total lächerlich. Er trinkt und raucht und kifft und hat vor mir ziemlich wild durch die Gegend gevögelt, aber seine Familie denkt immernoch er sei ein wohlerzogener Jude, der eines Tages eine gute jüdische, tugendhafte Frau heiraten wird. Das ist Unsinn, so ist er garnicht, aber es zieht ihn total runter, das seine Eltern mich überhaupt nicht als Faktor in seinem Leben ansehen. Ich existiere für diese Leute garnicht. Sie wollen mich nicht kennenlernen oder über mich hören. Ich weiß, das er mich wegen sowa nicht verlassen würde, aber es macht mich fertig ihn so traurig deswegen zu sehen. Und auch wenn wir vielleicht erst in ferner Zukunft über eine gemeinsame Zukunft reden sollten, belastet es die beziehung schon irgendwie langfristig gesehen. Hat jemand Erfahrungen mit interreligiösen Beziehungen? Musste schonmal jemand seine Eltern überzeugen im Hinblick auf den Partner? Ich bin wirklich richtig verzweifelt.

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Ich kann verstehen, dass du enttäuscht bist, aber du solltest auch die Eltern verstehen. Es geht hier nicht um dich persönlich, du kannst ein sehr liebenswerter Mensch sein und es hat auch nichts damit zu tun, dass sie dich prinzipiell nicht mögen würden, wenn sie dich kennen würden, sondern es geht einfach nur um das Judentum, seinen Fortbestand. Er ist ihr Sohn, vielleicht sogar der einzige oder ihr einziges Kind und als solches liegen auf diesem viele Hoffnungen. Eine davon ist, dass das Judentum weiterlebt, dass ihre jüdische Familie Bestand hat. So etwas ist sehr wichtig, gerade nach der Shoah. Seine Eltern wünschen sich irgendwann jüdische Enkel, sie möchten die Traditionen und die Geschichte der Familie weitergeben; seine Eltern möchten das Gefühl haben, in ihrer Erziehung nicht versagt zu haben, sondern ein selbstbewusstes jüdisches Kind erzogen zu haben, das sich seiner Rolle und den daran hängenden Werten bewusst ist und irgendwann ein nettes, jüdisches Mädchen heiratet, damit andere Juden nicht darüber tuscheln werden, dass sie ihre Kinder nicht jüdisch genug erzogen haben, sondern denken, dass sie alles richtig gemacht haben. Genau das kannst du ihnen nicht bieten. Das hat mit "konservativ" (was aus jüdischem Fokus übrigens sehr liberal wäre und du vermutlich nicht meinst) nichts zu tun; auch eine sonst überhaupt nicht religiöse Familie hätte ein Problem, wenn der Sohn mit einer nichtjüdischen Freundin käme, nicht, weil sie etwas gegen Nichtjuden haben, sondern weil du als solche ein Faktor bist, der für den Untergang des Judentums sorgt. Diese jüdische Familie stirbt aus, wenn er dich heiraten würde und du würdest ihnen damit keinen Gefallen tun. Es geht dabei auch nicht darum, wie observant oder nicht observant er jetzt lebt, sondern es geht um das Morgen. Ein Jude, der jetzt alles auslebt und sich an nichts hält, kann morgen sehr observant sein oder sogar orthodox werden, wäre er mit dir verheiratet, könnte er das aber nie. Ich hatte früher auch mal einen nichtjüdischen Freund, einfach, weil ich mir dachte, dass es ja "egal" wäre, da ich weiblich bin und unsere Kinder sowieso Juden wären. Ich habe zudem nicht gesehen, zu welchen Problemen es führt und meine Beziehung einige Jahre so durchgezogen. Meine Eltern, speziell meine Mutter, haben meinen Freund "gehasst" und das war für ihn eine schreckliche Situation, denn immer, wenn ich ihn mit nach Hause brachte, verstummten Gespräche, sobald er den Raum betrat. Ich glaube, für meine Mutter war es ein wenig so, als hätte er mich "gestohlen" und so hat sie ihn dann auch behandelt. Ganz unabhängig davon ging die Beziehung aber nach mehreren Jahren in die Brüche und zwar wegen dem Judentum. Mir wurde mein Judentum nämlich irgenwann wichtig. Ich wollte irgendwann eine koschere Küche und das führte fast täglich zu streit, weil er milchig und fleischig mischte, weil er Schweinefleisch im Kühlschrank deponierte oder in die Pfanne haute, die ich dann hinterher wegwerfen musste, da sich Teflon nicht kaschern lässt. Und ich wollte irgendwann auch nicht mehr auf Feiertage verzichten, mir wurde es wichtig, z.B. Pessach zu feiern - wie aber erklärt man einem Nichtjuden, dass er für eine Woche auf jegliches Chametz verzichten muss? Das funktioniert einfach nicht. Am Jom Kippur essen und trinken wir von Sonnenuntergang bis Sonnenuntergang nichts; sowas lässt sich nicht durchhalten, wenn jemand zu Hause sitzt, der am Brötchen nagt und führt dazu, dass man den ganzen Tag in der Synagoge verbringt und nicht nach Hause kommt, weil man es sonst nicht durchhält. Dann Riten und Bräuche zu sämtlichen Feiertagen - wenn der andere sie nicht kennt, wenn der andere die Lieder nicht kennt, wenn man den anderen nie mit in die Synagoge nehmen kann, weil dann alle tuscheln werden und weil es einem selbst unangenehm ist, wenn jeder sofort merkt, dass man da einen Nichtjuden im Schlepptau hat, der sich nicht auskennt, dann ist das auf Dauer sehr unschön und auch belastend. Mein Exfreund fing dann irgendwann an, mich "die Elite" zu nennen, weil er sich zurückgesetzt und als minderwertig empfand und wir stritten immer öfter über jüdische/nichtjüdische Angelegenheiten. Letztendlich habe ich mich dann getrennt, weil ich selbst festgestellt habe, dass eine ernste Beziehung mit einem Nichtjuden einfach nicht auf Dauer funktioniert. Das hatte aber nichts damit zu tun, dass er kein toller Mensch gewesen wäre und wir haben heute noch sehr engen Kontakt und er ist für mich ein enger Freund, aber als Beziehung geht es eben nicht. Mein jetziger Freund ist Jude und ich merke, dass einfach alles passt und ich habe noch nie zuvor eine so erfüllende und wundervolle Beziehung geführt - vielleicht, weil meine Exfreunde immer Nichtjuden waren und es einfach nicht passte. Ich denke, langfristig löst du das Problem nur, indem du dich trennst und dir jemanden suchst, der ganz passt und der gleichen Kultur angehört wie du. Alles andere ist problematisch und wird immer wieder zu Problemen führen.

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Prinzipiell ja, aber... Nach der Halacha gilt ein Mensch als Jude, der von einer jüdischen Mutter geboren wurde und nicht herauskonvertiert ist (daher verliert jemand, der zu einer anderen Religion konvertiert ist und dies zugibt, auch das Recht auf Alijah nach dem israel. Law of Return). Ein Jude, der nun z.B. Christ geworden ist, wäre ein Jude, der sündigt, könnte aber jeder Zeit umkehren und wäre dann wieder vollwertiger Jude. Das gilt auch für seine Kinder, allerdings nur bis zur vierten Generation. Danach müssen diese Nachfahren, selbst wenn es ununterbrochen um die mütterliche Linie geht, einen Gijur machen (also zurück ins Judentum konvertieren). Das nennt sich in diesem Fall Gijur LeChumra. Prinzipiell gilt, dass es Nachweise braucht, also z.B. die Ketuba der Eltern deiner Urgroßmutter. Oder ihr vom Rabbinat ausgestellter Geburtsschein. Christliche Eintragungen oder Auszüge aus Kirchenbüchern werden hier nicht ausreichend sein.

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Du hast schon ein paar sehr gute Antworten erhalten. Brauchen tust du vor allem Ausdauer und Geduld. Wir missionieren nicht und legen daher keinen Wert auf Zuwachs. Das liegt einerseits daran, dass wir nicht meinen, jemand müsste Jude sein, um ein guter Mensch sein zu können, da wir davon überzeugt sind, dass es für jeden Menschen einen Weg gibt, um mit G'tt in Beziehung zu treten. Andererseits hat uns die Geschichte gelehrt, dass es nicht immer von Vorteil ist, Jude zu sein. Das heißt, wir müssen uns fragen, ob wir einem Menschen, der einer von uns werden möchte, wirklich einen Gefallen tun, wenn wir ihn aufnehmen, oder es nicht vielleicht besser für ihn wäre, wenn er sich das nicht antut. Du musst dir bewusst sein, dass du nicht unbedingt zur beliebtesten Sorte Mensch gehörst, wenn du ein Jude bist. Du hängst dann praktisch mit drin und das lässt sich nicht rückgängig machen. Daher sind Gerim prinzipiell erst mal nicht willkommen. Du musst also andere überzeugen, dass du nicht loszuwerden bist - und das ist hart und dauert Jahre. Du solltest zunächst die G'ttesdienste besuchen und die Gemeinde kennenlernen, so dass jeder weiß, wenn du zur Tür hereinkommt, dass da der Xy kommt. Du musst sehr viel lernen, du musst mit den Leuten zurechtkommen und sie müssen dich mögen. Wenn du das geschafft hast, kannst du den Rabbiner bitten, dich zu unterrichten. Wenn er nach der Halacha handelt, wird er dich selbst dann noch zurückweisen um zu sehen, wie ernst es dir ist. Wenn du ihn aber überzeugst, wird er dich unterrichten. Dann lernst du nochmal 3-7 Jahre und wenn er dann irgendwann der Meinung ist, dass du bereit bist, wird er dich zum Bet Din der ORD anmelden. Dort gilt es dann die Dajanim zu überzeugen und da wirst du ebenfalls mehrmals antreten müssen. Erst, wenn du dort durch kommst, darfst du in die Mikwe und bekommst die Brith Mila. Du musst dir prinzipiell klar machen, dass du kein Anrecht auf einen Gijur hast. Man muss dich mögen, die Gemeinde muss dich mögen und bereit sein, dich aufzunehmen - denn du kannst so wissbegierig und engagiert sein wie du willst, wenn die Gemeinde dich nicht mag, wirst du nie dort hinkommen wohin du willst. Also gewinne das Vertrauen der Menschen, indem du selbst ein Mensch bist. Und hab Geduld, denn so etwas braucht Zeit. Vertrauen ist ein Pflänzchen, das erst wachsen muss.

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