Was macht ein Gedicht im Vergleich zu anderen Textsorten aus?

3 Antworten

Ein Gedicht kleidet eine Aussage in Bilder und Vergleiche.

Beispiel: (bitte bei eventuellen kleinen Fehlern um Verzeihung, ich zitiere aus dem Gedächtnis, denn meine Gedichtbände sind schon in Unzugskartons)

Aufsteigt der Strahl und fallend gießt
er voll der Marmorschale Rund,
die, sich verschleiernd, überfließt
in einer zweiten Schale Grund.
Die zweite gibt sie wird zu reich
der dritten wallend ihre Flut.
Und jede nimmt und gibt zugleich
und stömt und ruht. (C. F. Meyer)

Hier ist von einem Brunnen die Rede, aber gemeint ist mit diesem Bild der Kreislauf des Lebens. Dass es sich reimt, ist zwar in diesem Fall so, es gibt aber (vorallem in der Literatur des 20. Jahrhunderts) haufenweise Gedichte (sogar die Mehrzahl), die ohne Reim und in freien Rhythmen daherkommen)

Ein Gedicht nutzt alle klanglichen und darstellenden Möglichkeiten unserer Sprache aus, um einen Text über das Niveau bloßer Information hinauszuheben. Dazu gehören Metaphern, Vergleiche, Sprachklang, Reime, Rhythmus, Themenwahl.

Es gibt vereinfach drei Grundarten von Texten:

Texte, die lediglich sachlich informieren: z.B. Gebrauchsanleitungen, Pressemeldungen usw.

Texte, die beeinflussen sollen: Werbetexte, Manifeste, Kommentare, Kritiken, politische Reden usw.

Texte, die eigene Befindlichkeiten verbalisieren: Gedichte, Liebesbriefe usw.



Ghostwriter2  05.09.2016, 11:57

Und Erzähltexte (Romane, Novellen,...) ?

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mychrissie  05.09.2016, 12:21
@Ghostwriter2

Richtig, ich hätte bei der dritten Art besser "literarische" Texte sagen sollen, denn ein Erzähltext kann ja durchaus auch eigene Gefühle transportieren. Diese grobe Einteilung habe ich auch nur mal in einem Seminar für Werbetexte und journalistisches Schreiben verwendet, um speziell die Aufmerksamkeit auf "manipulative Texte" zu lenken.

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Ein Gedicht wird in Versen geschrieben. Verse sind Zeilen, deren Zeilenumbruch der Autor festgelegt hat. Daraus ergibt sich eine andere Leseweise, ein anderer Rhythmus, andere Hervorhebungen als in der Prosa. Weder sind besondere sprachliche Mittel noch Reime erforderlich für ein Gedicht. Etwas anders formuliert ist dies in etwa jene Definition, die von Dieter Lamping vertreten wird, der ein ganzes Buch über die Definition des lyrischen Gedichts geschrieben hat.

Auf alle Fälle müssen sich die Verse aufeinander reimen denn das ist einer der Grundpfeiler eines Gedichtes.L.G.