Was ist ein "Barde" im Mittelalter gewesen?

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Ein Barde ist ein Dichter, Sänger und Musiker in einem keltisch geprägten Kulturkreis gewesen. Er war Träger einer hauptsächlich mündlich weitergegebenen Überlieferung. Ein Hofnarr war er nicht, weil er zwar in einigen Ländern zu einem bestimmten Zeitraum ein Amt an einem Hof einnahm, jedoch keine niedrige Stellung hatte und Gegner seines Herrschers verspottete, aber nicht selbst ein lächerlicher Possenreißer war.

John Henning, Barden. In. Lexikon des Mittealters, Band 1: Aachen bis Bettelorden. München ; Zürich : Artemis, 1980, Spalte 1456/7:

„Das gemeinkelt. Wort bard für ‘fahrende Sänger zu Lob und Schimpf’ war als solches Griechen und Römern bekannt. In Irland waren B. die oberste Schicht der Dichter, eingeteilt in eine untere und eine obere Klasse, von der jede acht Grade hatte. Die Gegenstände des Vortrags, Heldentaten. Gesetze und Familiengeschichte, wurden mündlich überliefert; individuell war Ausschmückung in Metrik und Vokabular. B. waren so privilegiert wie Kleriker, ihre Schulen, an denen Dichtkunst, Geschichte und Naturkunde gelehrt wurde, so vielbesucht wie die der Klöster. Erpresserische Bettelei und ärgerniserregender Müßiggang machten im 6. Jh. Eine Reform durch Verringerung der Zahl und Verbesserung der Ausbildung der B. notwendig. Die Anglonormannen unterdrückten zunächst die B., die dadurch zu polit. Führern der Iren wurden. Manche Anglonormannen aber übernahmen das Bardentum und wurden dadurch hibernisiert. Auch in wales wurden B. eine nationale Institution. Die B. begleiteten ihre Gesänge mit dem * Crwth* (air. crot[ta]), einer drei- bis sechssaitigen Leier mit Griffbrett.“

Sachwörterbuch der Mediävistik. Herausgegeben von Peter Dinzelbauer. Stuttgart : Kröner, 1992 (Kröners Taschenausgabe ; band 477), S. 75/6:

Barde (air. = Sänger). Seit dem 1. Jh. v. Chr. für Gallier, Iren, Waliser, Gälen u. Bretonen bezeugte Hofsänger d. Kelten. Die politisch einflussreichen, weil häufig als Ratgeber d. Herrschenden wirkenden B.n trugen v. a. auf Hoffesten selbstgeschaffene Helden-, Fürstenlob- u. Spottlieder vor. Während der gall. B. mit der Romanisierung früh verschwand, lebte der Stand, in acht -> Zünften organisiert, in Wales bis ins 16., in Irland u. Schottland bis ins 18. Jh. fort. Das hohe Ansehen d. B.n kann u. a. an der Zuordnung der ir. Gesetzessprecher, der >filid< , zu ihrem Stand abgelesen werden. Seit dem 17. Jh. wird über den Einfluss von frz. >barde<, das jeden ehrwürdigen Sänger meint, und dem lat. >bardatus< der kelt. B. mit dem an. -> Skalden und dem westgerman. -> Skop gleichgesetzt.“

Als Barden bezeichnet man im deutschsprachigen Raum Dichter und Sänger des keltischen Kulturkreises. Im Keltischen bedeutet "Barde" so viel wie "der die Stimme erhebt". Im 18. Jahrhundert fälschlich als Bezeichnung für den altgermanischen Sänger (den Skalden) verstanden, weil Tacitus in der „Germania“ den Schlachtgesang der Germanen als „Barditus“ (vermutlich lautmalerisch) bezeichnet. So entstand im Anschluss an Ossian die „Bardendichtung“ von H. W. von Gerstenberg und insbesondere F. G. Klopstock, der religiöse und kriegerische Dichtungen in der Art germanischer Dichtungen Bardiete nannte.