Warum nicht zweimal für dasselbe bestraft werden?
Dass es komisch wäre einen Menschen für dieselbe Tat zweimal zu bestrafen ist natürlich klar, aber wie ist das ganze im gesetztestext zu verstehen (Art. 103 Abs. 3 GG). Welchen Grund hat dieser Absatz oder anders gefragt; was genau verhindert dieser, in welchem Fall würde eine Justiz auf die Idee kommen, jemanden für dieselbe Tat mehrfach zu verurteilen
2 Antworten
![](https://images.gutefrage.net/media/user/kevin1905/1444745065_nmmslarge.jpg?v=1444745065000)
Willkür.
Ich als Staat beschuldige dich des Mordes an Person A. Ich habe wenig bis keine Beweise, das Gericht spricht dich frei, der Rechtsweg ist erschöpft (Revision).
Also denke ich mir versuchen wir es doch erneut und ich klage dich noch mal wegen des Mordes an Person A, wegen dessen du freigesprochen wurdest, erneut an.
Genau das soll dies verhindern und weil dies in autoritären Staaten oder früher in absoluten Monarchien Gang und Gäbe war so gegen Unliebsame vorzugehen, hat dieses Verbot in vielen modernen Demokratien Verfassungsrang (z.B. USA, 5th Amendment:
No person shall be held to answer for a capital, or otherwise infamous crime, unless on a presentment or indictment of a Grand Jury, except in cases arising in the land or naval forces, or in the Militia, when in actual service in time of War or public danger; nor shall any person be subject for the same offence to be twice put in jeopardy of life or limb; nor shall be compelled in any criminal case to be a witness against himself, nor be deprived of life, liberty, or property, without due process of law; nor shall private property be taken for public use, without just compensation.
).
![](https://images.gutefrage.net/media/user/oILUSIUMo/1543411381800_nmmslarge__93_99_608_608_6c1b5997d2c927865c8e96e4db0c5603.jpg?v=1543411382000)
Was ist wenn es sich um eine andere Straftat handelt. Man wird zuerst freigesprochen, dann tauchen aber später weitere Beweise auf, die dich eindeutig überführen. Kann man dann noch ein zweites Mal angeklagt werden?
![](https://images.gutefrage.net/media/user/RobertLiebling/1530168550219_nmmslarge__138_378_402_402_007e6e328a7720731892956fa8705aec.jpg?v=1530168550000)
Wenn die neuen Beweismittel eindeutig in Richtung Mord deuten ist es zweitrangig, wegen welcher Straftat er zuvor freigesprochen wurde.
Dass es dafür bereits einen Präzedenzfall gibt halte ich jedoch für extrem unwahrscheinlich.
![](https://images.gutefrage.net/media/user/oILUSIUMo/1543411381800_nmmslarge__93_99_608_608_6c1b5997d2c927865c8e96e4db0c5603.jpg?v=1543411382000)
Das meine ich garnicht, ich rede nicht von Mord, da du ja meintest hier sei eine zweite Anklage unter Umständen möglich. Sagen wir ich komme wegen Betrug vor Gericht, werde freigesprochen und anschließen kommen Beweise ans Licht die den Betrug zweifelsfrei beweisen
![](https://images.gutefrage.net/media/user/RobertLiebling/1530168550219_nmmslarge__138_378_402_402_007e6e328a7720731892956fa8705aec.jpg?v=1530168550000)
Die Auflistung des § 362 StPO ist abschließend. Nur in den dort genannten Fällen kann ein bereits abgeschlossenes Verfahren zuungunsten des Tatverdächtigen wieder aufgenommen werden.
Wenn der Freigesprochene vor Eintritt der Verjährung die Tat gesteht, geht noch was. Ansonsten hat er einfach Glück gehabt.
![](https://images.gutefrage.net/media/user/kevin1905/1444745065_nmmslarge.jpg?v=1444745065000)
Das ist korrekt und ich weiß wie heftig dieser Passus bestritten wurde.
Und selbst ich bin hier zwiegespalten.
Einerseits finde ich jeder Mord muss gesühnt werden (Gerechtigkeit um jeden Preis).
Andererseits ist diese Tür nun geöffnet, wenn auch nur einen Spalt breit. Und da es allgemein eine Tendenz zu mehr Kontrolle und Überwachung gibt (siehe Vorratsdatenspeicherung) bin ich nicht zwingend überglücklich.
![](https://images.gutefrage.net/media/user/kevin1905/1444745065_nmmslarge.jpg?v=1444745065000)
Wobei das BVerfG im Verfahren 2 BvR 900/22 den Absatz 5 als verfassungswidrig verworfen hat.
![](https://images.gutefrage.net/media/user/RobertLiebling/1530168550219_nmmslarge__138_378_402_402_007e6e328a7720731892956fa8705aec.jpg?v=1530168550000)
Beispiel: A hat B getötet. A wird wegen Totschlags zu 10 Jahren Haft verurteilt.
Nachdem A aus dem Gefängnis entlassen wurde, tauchen neue Beweise auf, die nahelegen, dass es sich um Mord gehandelt hat.
Es kann nun keinen weiteren Prozess wegen Mordes geben, da A wegen dieser Tat bereits rechtskräftig verurteilt wurde.
Grundsatz: Ne bis in idem - nicht zweimal in derselben Sache.
Im Falle eines Mordes wäre das nach Freispruch aber unter Umständen wieder möglich.
§ 362 Nr. 5 StPO