Schuldfrage nach dem ersten Weltkrieg - Mommsen?
Hallo,
Ich mache eine Referat über die Schuldfrage nach dem ersten Weltkrieg und muss hierfür einmal eine Quelle von Fritz Fischer und eine von Mommsen bearbeiten.
Fritz Fischer habe ich soweit bearbeitet und verstanden. Mommsen leider nicht.
Kann mir jemand bei der Quelle von Wolfgang J. Mommsen (steht unten) weiterhelfen?
Ich kann nicht rauslesen wen genau er jetzt als schuldig sieht.
Ich würde sagen die Machthaber (Kaiser?), da er ja von „Staatsmännern“ spricht. Was sind aber genau die „imperialistischen Ziele“? Ist damit die Kolonialzeit gemeint?
Irgendwie verstehe ich garnichts :(
Könnte mir jemand vielleicht erklären wer der Schuldige ist und wieso Mommsen ihn als schuldig sieht? Hat er eine andere Meinung als Fischer?
Vielen Dank!
„Die verantwortlichen Staatsmänner [...] wagten es gar nicht erst, den öffentlichen Erwartungen hinsichtlich der Aussichten einer Verwirklichung imperialistischer Ziele entgegenzuwirken, weil "sie fürchteten, dass sie dann des Defätismus (4) (Miesmacherei) oder Pazifismus geziehen würden. Angesichts der Tatsache, dass sie keine ausreichende politische Basis im Reichstag besaßen und ihnen die Kontrolle über die traditionellen Machtträger innerhalb des Kaiserreiches, insbesondere des Offizierkorps, die Hofgesellschaft und die preußische Bürokratie, zunehmend entglitten war, verfügten sie auch gar nicht über die politischen Möglichkeiten, um der steigenden Flut nationalistischer Erwartungen wirksam entgegenzutreten. [...] Unter diesen Voraussetzungen ist es nicht überraschend, dass sich die deutsche Regierung im Juli 1914 [...] eigentlich gegen die eigene Überzeugung für einen politischen Kurs entschied, der nach Bethmann Hollwegs Eingeständnis "einem Sprung ins Dunkle" gleichkam und den Ausbruch des Ersten Weltkrieges unvermeidlich machte.“
(4) Machtlosigkeit, Hilflosigkeit
2 Antworten
![](https://images.gutefrage.net/media/user/Albrecht/1444743971_nmmslarge.jpg?v=1444743971000)
Es geht in dem Text um die verantwortlichen Staatsmänner des Deutschen Reiches (es wird darauf eingegangen, was für eine politische Basis sie im Reichsag hatte). Es kann zwar bei dem Begriff Staatsmann an den Kaiser (Wilhlem II.) gedacht werden, der Staatsoberhaupt war. In der Sache geht es aber vor allem um die Männer, die Reichskanzler oder Staatssekretäre waren. Von 1909 bis 1917 war Theobald von Bethmann Hollweg Reichskanzler.
Die „imperialistischen Ziele“ beziehen sich auf alles, was bei einem Weltmachtstreben beabsichtigt war Bei der betriebenen »Weltpolitik« ging es um den Erwerb von Kolonien, den Aufbau einer starken Flotte, um machtpolitisch den Anspuch auf eine Rolle alle eine der führenden Großmächte zu stärken, und einen Anspruch auf Weltmachtgeltung. Zu Imperialismus gehört auch indirekte Herrschaft mit einem Streben nach Machtvergrößerung. und Ausdehnung, bei der nicht ein Gebiet formal in Besitz genommen wird, sondern starker Einfluss und Vorherrschaft ausgeübt wird.
Wolfgang J. Mommsen beurteilt auf deutscher Seite mehrere als Schuldige für den Ausbruch des Ersten Weltkrieges:
- einen stark nationalistischen Teil der Bevölkerung, der in öffentlich seine Erwartungen einer einer Verwirklichung imperialistischer Ziele ausdrückt (steigende Flut nationalistischer Erwartungen) und Zurückhaltung als miesmachende Mutlosigkeit und schlappe Friedensvorliebe angreift (eine Organisation mit einer solchen Agitation war z. B. der Alldeutsche Verband)
- traditionelle Machtträger innerhalb des Kaiserreiches, die der Kontrolle durch die verantwortlichen Staatsmänner zunehmend entglitten waren, wobei der Textausschnitt eine Schuld wenig begründet, sondern dies zu ergänzen ist, als Drängen hoher Militärs auf eine präventive deutsche Mobilmachung gegen Russland
- die verantwortlichen Staatsmänner, die, im Grunde gegen eine eigene Überzeugung, aufgrund der Umstände und unter dem Druck nationalistischer Erwartungen (denen entgegenzuwirken ihnen außer der Befürchtung, dann mit Vorwürfen der Mutlosigkeit und Schlappheit angeprangert zu werden, aufgrund einer fehlenden ausreichenden politischen Basis im Reichstag und einer zunehmend verloregngehnden Kontrolle über die traditionellen Machtträger innerhalb des Kaiserreiches auch die politischen Möglichkeiten fehlten) aufgrund durch eine krisenverschärfende Politik mit hohem Kriegsrisiko sich für einen einen politischen Kurs entschied, der schließlich den Ausbruch des Ersten Weltkrieges unvermeidlich machte
Wolfgang J. Mommsen geht es nicht nur um Akteure, sondern auch um gesellschaftliche Verhältnisse und politische Strukturen.
Fritz Fischer hat in Zuspitzung seines Standpunktes eine geheime Besprechung des Kaisers mit hohen Militärs (sogenanter Kriegsrat vom 8. Dezember 1912) als Entscheidug zur Planung eines Krieges beurteilt. Wolfgang J. Mommsen hat dazu eine andere Meinung vertreten.
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Nun, an einer Stelle erzählt Mommsen einfach nur Unsinn: dass die deutsche Regierung "entgegen" der "eigenen Überzeugung" handelte. Da hilft auch der Weichmacher "eigentlich" nicht.
Der Erste Weltkrieg war eben NICHT unvermeidlich...
Auch hier erzählt Mommsen Unsinn.
Gruß, earnest