Lüge - Wahrheit

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Der wohl wichtigste Kitt einer gut funktionierenden Gesellschaft ist Vertrauen. Darum sollte unser Bestreben sein, Vertrauen zu festigen und nicht, Vertrauen zu untergraben. Lüge untergräbt Vertrauen. Darum ist Lügen nicht gut und man sollte sie meiden, zumal lügen sich zu einer Sucht entwickeln kann, wenn man mehrmals Erfolg damit hatte, Entwicklungen zum eigenen Vorteil abzubiegen, auch wenn jemand anderem damit Schaden zugefügt wurde. Darum gibt es das Sprichwort: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, auch wenn er mal die Wahrheit spricht. Aus dieser Position heraus ist man schnell versucht, Lügen generell abzulehnen (wie Kant), ohne abzuprüfen, ob es sich um eine "normale" gesellschaftliche Situation handelt oder um eine Ausnahmesituation. 

Die Erfahrung lehrt uns, dass es Menschen unterschiedlicher moralischer Qualität gibt. Der allergrößte Teil verhält sich im allgemeinen rechtlichen Rahmen. Doch gibt es auch Menschen, die z.B. bereit sind, Gewalt anzuwenden, um ihren Vorteil durchzusetzen. Da wird plötzlich aus Wahrheit und Lüge eine Waffe. Ein Gewalttäter will einen Zeugen finden und ausschalten, der seine Untat bezeugen kann, den Du versteckt hälst. Muss man dann sagen, dass man den Aufenthaltsort des Zeugen kennt, nur um nicht zu lügen und gleichzeitig ein größeres Unrecht zulassen? Hier ist die Lüge eine Waffe, Unrecht abzuwehren. Niemand, der in einer bedrängenden Situation eine Notlüge benutzt, ist dadurch automatisch verführt, auch im normalen Alltag mit Notlügen zu operieren. Die Ausnahmesituation der Gewaltabwehr wird keinen Rechtschaffenen dazu bringen, Lüge im normalen Leben nicht für eine schädliche Angwohnheit zu halten.