Kann mir jemand die Religion jesidentum erklären?

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Das Yezidentum ist eine sehr alte Religion, vermutlich sogar älter als das Judentum. Fälschlicherweise wird oft behauptet, dass das Yezidentum seinen Ursprung bei Yazid ibn Muawiya findet. Er war eine Darke Figur in der islamischen Geschichte während der Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Nachfolge des Propheten Mohammed. Die Yeziden wurden ständig verfolgt. Man versuchte sowohl unter den Osmanen als auch unter Saddam Hussein, sie mit Yazid ibn Muawiya in Verbindung zu bringen, um sie zu bekämpfen und zu verfolgen.

In der islamischen Lehre gibt es Iblis (Satan), der Allah nicht gehorchte und sich nicht vor Adam niederknien wollte. Bei den Yeziden heißt er nicht Satan, sondern ist ein Pfau namens Malek Taus. Die Yeziden verehren ihn und sagen, dass er sich nicht vor Adam niederknien wollte, weil er sich nur vor Allah niederkniet. Somit hat er den Test bestanden und durfte über die Menschen herrschen.

Das Yezidentum ist eine geschlossene Gesellschaft. Man kann weder hineinkommen noch austreten. Deswegen wird viel innerhalb der Familie geheiratet, normalerweise erst ab dem Cousin-Grad. Die Yeziden sind sehr gute Menschen und weder militärisch noch politisch präsent. Sie wollen nur in Ruhe gelassen werden, was einigen Herrschern missfällt.

Mündliche und schriftliche Überlieferung
Das Jesidentum beruft sich auf keine heiligen Schriften. Der Glaube wird überwiegend durch Hymnen (Qewlên, Sg. Qewl) und Bräuche weitergegeben. Die Vermittlung religiöser Traditionen und Glaubensvorstellungen beruhte bis ins 20. Jahrhundert ausschließlich auf mündlicher Überlieferung. Es gibt zwei Texte, die dem Anschein nach heilige Schriften der Jesiden sind, das „Buch der Offenbarung“, das Kitêba Cilwe, und das „Schwarze Buch“, das Mishefa Reş. Die Bücher wurden 1911 und 1913 veröffentlicht,[35] wobei wohl nicht alle Glaubensvorstellungen der Jesiden vollständig authentisch wiedergegeben sind. Sie gelten in der Iranistik als Aufzeichnungen durch Nichtjesiden, enthalten aber authentisches Material, das unter Jesiden auch schon vorher bekannt war.
Von mündlichen Überlieferungen existieren üblicherweise mehrere Versionen gleichzeitig. Dies macht es schwierig, die mündliche Tradition in einen von allen Gruppen akzeptierten schriftlichen Glaubenskanon zu übertragen. Durch die verbesserte Schulbildung in der Region ist die Zahl der dortigen Analphabeten stark zurückgegangen. Deshalb und weil die vielen, in westlichen Ländern lebenden Jesiden von den Vorstellungen ihrer Umgebung beeinflusst sind, besteht das verbreitete Verlangen, auch einer „Buchreligion“ anzugehören. Erstmals erhielten in den 1970er Jahren zwei jesidische Universitätsabsolventen die Erlaubnis von religiösen Führern, Glaubensinhalte niederzuschreiben. Mehrere Veröffentlichungen von Jesiden über ihre heiligen Dichtungen und Volkserzählungen folgten und werden seitdem in Zeitschriften weit verbreitet. Daneben wird versucht, den vermeintlichen Makel einer fehlenden Schrifttradition durch mutmaßlich verschwundene und wieder aufgetauchte alte heilige Bücher, etwa in Form des altpersischen Avesta, zu beheben.[36] Hilmi Abbas veröffentlichte einige der bisher nur mündlich überlieferten altkurdischen Legenden im Jahre 2003 unter dem Titel Das ungeschriebene Buch der Kurden.[37] Das Buch beschreibt die Schöpfungsgeschichte aus jesidischer Sicht und die mythische Wanderung des kurdischen Volkes von Osten in den Westen in das heutige Kurdistan.
Kosmogonie
Die Religion der Jesiden ist monotheistisch: Der allmächtige Gott erschuf die Welt aus einer Perle. Nach einiger Zeit formten sieben heilige Engel aus dieser Perle die Welt mit allen Himmelskörpern.
„In der Mishefa Reş wird erläutert, wie Gott die sieben Engel schuf:
II. Der erste Tag, an welchem er erschuf, war der Sonntag; einen Engel erschuf er (da), dem er den Namen 'Azra’il beilegte, nämlich den, welcher der Engel Pfau ist, welcher der Große ihrer aller ist.
III. Am Montag erschuf er den Engel Dardail, welcher der Scheich Hasan ist.
IV. Am Dienstag erschuf er den Israfail, welcher der Scheich Shams ist.
V. Am Mittwoch erschuf er den Engel Mikail, welcher der Scheich Abu-bakr ist.
VI. Am Donnerstag erschuf er den Engel Gibrail, welcher der Sagg(ad)-id-din ist.
VII. Am Freitag erschuf er den Engel Shamnail, welcher Nasir-ad-din ist.
VIII. Am Samstage erschuf er den Engel Turail, welcher Fahr-ad-din ist.
IX. Den Engel Pfau, den machte er zu ihrem Großen.“ Irene Dulz[38]
Die Ähnlichkeit der kosmogonischen Vorstellungen der Jesiden mit dem Zoroastrismus führt bei manchen zur Annahme, dass hier eine ursprüngliche Verwandtschaft besteht. Andere argumentieren, dass von den Jesiden eine im Westiran verbreitete Mythologie integriert wurde, die im Zoroastrismus nur am Rande erscheint.[39]
Die Erschaffung der ersten Jesiden wird im weithin bekannten Mythos des Shahid bin Dscharr geschildert. Demnach begannen Adam und Eva, nachdem sie einige Kinder gezeugt hatten, einen Streit darüber, wer von beiden der eigentliche Erschaffer dieser Kinder sei: Eva, weil sie die Säuglinge geboren hatte, oder Adam, der behauptete, er habe die Lebenskraft hinzugegeben. Den Beweis sollte ein Experiment erbringen. In zwei Tontöpfe gab jeder etwas vom eigenen „Samen“ (als Speichel, Blut aus der Stirn oder Schweiß interpretiert). Als sie nach neun Monaten die Deckel abnahmen, fanden sie Evas Topf voller Würmer und Maden, während aus Adams Topf ein schöner Junge hervorkam, den sie Schahid bin Dscharr („Zeuge, Sohn des Tontopfes“) nannten. Laut einer Erzählweise war Eva so verärgert, dass sie versuchte, den Topf zu zerschlagen, aber – von Adam aufgehalten – nur ein Bein des Jungen traf, das dadurch gelähmt wurde. Der so ungewöhnlich geborene Schahid ben Dschar zeugte nach einer Version Kinder mit einer Huri (Jungfrau im Paradies), nach einer anderen Version mit seiner Schwester, die mit ihm zusammen im Topf gewesen war. Jedenfalls wurde er zum Urahn der Jesiden, während die übrigen Menschen Nachkommen der Kinder Adams und Evas sind. Aus dem Mythos leiten die Jesiden den exklusiven Anspruch ab, ein einzigartiges Volk zu sein und die einzig wahre Religion zu besitzen.[40] Gesellschaftlich bedeutend ist dieser Mythos, weil er das von den Jesiden strikt zu praktizierende Gebot der Endogamie begründet.[41]
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Jesiden
Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Katechistin Theologische H.Schule