Kann man Schlechtes mit Guten aufwiegen?

19 Antworten

Schwierig, da eine schlechte oder gar böse Tat weitaus schwerer wiegt als eine gute.

Dies folgt eben einem Energiegesetz, wobei negative Energien eine viel stärkere Wirkung hinterlassen als positive.

Etwas Gutes aufzubauen und gedeihen zu lassen bedarf sehr viel Zeit, Hingabe und Beharrlichkeit.

Um ein Lebenswerk zu erschaffen, benötigst Du manchmal mehrere Jahrzehnte. Wohingegen sich Selbiges manchmal nur durch einen einzigen Akt zerstören lässt.

Ein Optimist wird in einer Gruppe von Schwarzsehern nicht lange überleben können. Ebenso kann aber ein einziger Pessimist eine gesamte positiv gestimmte Gruppe herunterziehen.

Ebenso funktioniert dieses Energiegesetz auch bei guten und bösen Taten.

Ein Mensch kann einem anderen mal das Leben gerettet haben.

Wenn der selbe Mensch allerdings zu einem anderen Zeitpunkt sich bspw. an einem wehrlosen Kind vergeht, es misshandelt, missbraucht oder gar ermordet, dann hat er etwas so unvorstellbar Niederträchtiges getan, dass auch mehrere gute Taten eine solch gemeine, bösartige Tat nicht aufwiegen könnten. Denn ein Mensch, der zu derart niederträchtigen Taten fähig ist, kann man nicht mehr auf die Gesellschaft loslassen und hat eigentlich genau genommen sein Anrecht verwirkt, überhaupt noch einmal am Gesellschaftsleben teilzunehmen.

Gute Taten vermitteln Glücksgefühle, die aber zeitlich nur begrenzt anhalten und deshalb öfter wiederholt werden müssen.

Eine einzige schlechte oder gar böse Tat hingegen kann je nach Ausmaß uns ein Leben lang verfolgen und das Lebensgefühl nachhaltig beeinträchtigen.


JudyBerger 
Beitragsersteller
 01.05.2020, 03:28

Schöne Antwort!

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Entscheidend ist deine eigene Einstellung dabei. Es gibt Menschen, die Schlimmes getan haben, und dann Gutes tun, in der Erwartung, von anderen Menschen "freigesprochen" zu werden. Weil ihr Gewissen sie plagt, wollen sie so oft wie möglich hören, dass sie gut sind, um so von ihren Schuldgefühlen abzulenken und in gewisser Weise die Schuld zu relativieren. Ich denke, wenn man so mit der Schuld umgeht, findet man ein Leben lang keinen Frieden und keine Ruhe. Denn man wird immer wieder angetrieben, überall zu beweisen, welch guter Mensch man eigentlich ist. Gutsein wird zum Leistungsdruck und doch lässt einen die Schuld nie wirklich los.

Eine "Wiedergutmachung" in dem Sinne gibt es auch gar nicht. Wie soll man es wiedergutmachen, dass man einen Menschen getötet hat? Und auch andere Dinge. Gibt es sowas wie Kompensation überhaupt? Ich bezweifle das. Ich denke, wenn man etwas Schlechtes gemacht hat, muss man das ein stückweit stehen lassen. Nicht relativieren und auch nicht schönreden. Ja, ich habe das getan. Ich habe Schuld auf mich geladen. Punkt. Indem man das eigene Fehlverhalten erkennt, ist man schon ein stückweit davon abgerückt und hat darüber reflektiert.

Als Nächstes ginge es darum, in Zukunft diesen Fehler nicht mehr zu begehen. Man hat ihn als schlecht erkannt und ab sofort wird man anders handeln, denken, reden, was auch immer. Dann, denke ich, hat man aus den eigenen Fehlern gelernt, ohne sich selbst ein ganzes Leben lang das Fehlverhalten vorzuwerfen oder andere mit der eigenen Vergangenheit zu belasten.

Eine interessante Frage, die man nur sehr schwer beantworten kann.

Zunächst muss man feststellen: in der Natur gibt es kein "gut" und "böse". Der Fuchs, der sich in den Hühnerstall schleicht um die Eier zu fressen, ist nicht "böse": er wählt einfach den Weg des geringsten Widerstandes. Ungeborene Tiere sind leichte Beute, ein ausgewachsener Vogel kann sich im Todeskampf mitunter heftig zur Wehr setzen. Der Fuchs will aber eigentlich garnicht kämpfen, sondern einfach nur möglichst widerstandslos an Nahrung gelangen.

Also können wir schonmal sagen: Moral ist ein kulturelles, menschliches Produkt. Sie ist keinen universellen und allgemeingültigen Regeln unterworfen und daher äußerst subjektiv zu werten, auch, wenn es zu vielen Themen einen starken gesellschaftlichen Konsens gibt. Manchmal ändert sich dieser Konsens aber auch extrem: vor wenigen hundert Jahren wäre man möglicherweise hingerichtet worden, wenn man öffentlich gesagt hätte, es gäbe keinen Gott. Und noch vor einigen Jahrzehnten galt es als widerwärtig und bestrafungswürdig, homosexuellen Geschlechtsverkehr auszuleben.

Aber was genau heißt "aufwiegen"? Hier wird es sehr kompliziert. Ein Beispiel:

Ich glaube, es war im November letzten Jahres, als ein Angreifer in London auf Passanten losging. Die Tatsache, dass er sein Verbrechen nicht wie geplant ausführen konnte, ist dem mutigen Eingreifen mehrerer Helfer zu verdanken. Einer davon war ein Mann, der selbst wegen Mordes im Gefängnis gesessen hatte. Er war erst kurz vor dem Zwischenfall freigelassen worden. Er hat mit dazu beigetragen, unschuldige Menschen zu beschützen. Wer weiß? Vielleicht hat er an diesem Tag sogar ein oder gar mehrere Leben gerettet. Der Fall hat in der britischen Presse für ordentlich Aufsehen gesorgt und Premierminister Johnson Probleme bereitet: der hatte nämlich noch kurz zuvor das Justizsystem verschärfen wollen. Die Tatsache, dass ein verurteilter Mörder zum "Helden" wurde, passte ihm garnicht ins Konzept.

Wiegt das jetzt den Mord auf, den der Mann vor Jahren selbst begangen hat? Die Hinterbliebenen des damaligen Opfers werden das sicher verneinen, die Geretteten von heute möglicherweise bejahen. Hier sind wir wieder beim springenden Punkt: es ist alles eine Frage der eigenen Perspektive. Es gibt eben kein "Buch des Lebens", in dem alle deine Taten niedergeschrieben werden. Und unser Schicksal ist nicht in Stein gemeißelt: wir können uns jeden Tag aufs Neue für die "helle" oder die "dunkle" Seite entscheiden... Um mal ein bisschen zu dramatisieren.

Vergebung ist prinzipiell immer möglich, wenn alle Beteiligten das so wollen. Nicht zuletzt muss aber auch der Täter sich mit seinen eigenen Taten auseinandersetzen.


JudyBerger 
Beitragsersteller
 01.05.2020, 03:39

Danke!

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Nein, nicht wirklich.

Es beruhigt nur dein eigenes Gewissen, aber die schlechte Tat ist ja - aus Sicht Anderer - immer noch vorhanden.

Kommt darauf an, ein kaltblütige undbgründeter(oder schlecht begründeter) Mord kann nicht wieder gut gemacht werden, wenn du allerdings aktiv einen Menschen umbringt indem du eine zugweiche anstellst um viele ( viele ist ansichtssache) Menschen zu retten nicht der Mord wieder gut gemacht.