Hauselektrik - was ist in diesem Fall okay, was nicht?

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Zu erstens:

FI war früher keine Pflicht und die gabs auch nicht in normalen Haushalten. Im Jahre 1984 wurde es Pflicht das bei Neuinstallationen damit Räume abzusichern sind die eine Badewanne oder eine Dusche enthalten. Seit 2006, mit Übergangsfrist bis 2009, müssen bei Neuinstallation alle Stromkreise mit einem FI abgesichert werden die einem einem Laien zugängliche Steckdose enthalten und mit weniger als 20A abgesichert sind. Das gilt alles nur für Neuinstallationen, für Altbauten gilt das nicht, die müssen nicht nachgerüstet sein. Da reicht es wenn sie den Vorschriften entsprechen die zum Zeitpunkt der Errichtung gültig waren. Wenn größere Änderungen an der elektrischen Anlage vorgenommen werden, dann muss nachgerüstet werden. Aber ein grundlegender Anspruch an den Vermieter eine Modernisierung durchzuführen besteht nicht, es sei denn die Anlage wäre bei regulärem Betrieb unsicher. Dann würde sie aber auch nicht mehr den damaligen Vorschriften entsprechen.

Zu zweitens:

Prinzipiell ok, es kommt halt drauf an was für eine Leitung dranhängt, wie lang sie ist, wie sie verlegt wurde (Verlegeart) und was für ein Verbraucher angeschlossen ist.

Zu drittens:

War früher Standard, in den 1950ern hingen bei Einfamilienhäusern teilweise ganze Etagen an einer Sicherung. Gab nur noch eine separate Sicherung für den Herd.

Der Sicherung wegen tippe ich bei der Errichtung der Anlage auf ca. zwischen 1977 und 1990. In dem Zeitraum wurde die L-Charakteristik bei Leitungsschutzschaltern verbaut. Kurzschlussauslösung entspricht der aktuellen Charakteristik B, also beim 3 bis 5-fachen des Nennstromes. Der Thermische Überlastschalter löst allerdings erst beim 1,4 bis 1,75 fachen des Nennstromes aus, bei B ist das beim 1,13 bis 1,4 fachen des Nennstromes.

Zu viertens und fünftens:

5x1,5mm² wurde bei Herden gern gemacht, noch vor 20 Jahren. Ist auch zulässig gewesen wenn die Verlegeart und die Abschaltbedingungen passen. Nach VDE 0100 wäre es das auch heute noch bei Verlegeart C (im Putz), aber es gibt die DIN 18015-1 die besagt das ein Herdanschluss mittlerweile für mindestens 20A zu bemessen ist (selbst wenn dann nur mit 16A abgesichert wird), und damit bleibt nur mindestens 2,5mm² zu verlegen. Wie ich oben schrieb, die L-Charakteristik lässt bei einem 16A-Leitungsschutz bis zu 28A zu, allerdings weniger als eine Stunde, dann wird ausgelöst. Bei einem aktuellen B16 wäre bei 22,4A nach einer Stunde Feierabend.

Wenn dein Kumpel Elektriker ist soll er mal den Isolationswiderstand des Herdanschlusses messen, wichtig ist:

Zwischen den Phasen mit 1000V Prüfspannung! Zwischen den Phasen und N und dann zwischen Phasen und PE, und zwischen N und PE (in der Verteilung den N des Herdes abklemmen, denn ansonsten kommt bei Netzart TN nur Unsinn raus) wird mit 500V gemessen.

Und wegen der Leitungslänge soll er die Schleifenimpedanz messen, die darf bei deiner Absicherung nicht mehr als 2,88 Ohm betragen ansonsten wird die Abschaltbedingung bei Kurzschluss nicht erfüllt, also 80A bei einem B bzw. L16 (3 bis 5-fache des Nennstromes).

Für beide Aufgaben braucht er einen Installationstester. Moderne Geräte zeigen nicht nur die Impedanz an, sondern rechnen auch direkt den zu erwartenden Kurzschlußstrom aus. Der sollte höher sein als 80A aber nicht höher als die Sicherung schalten kann. Leitungsschutzschalter müssen mindestens einen Kurzschlußstrom von 6000A schalten können, gibt auch welche die 10.000 schalten können, aber die findet man meist in Industrieanlagen. Aber wenn man die in der Wohnung hat ist das auch nicht verkehrt. Aber eine zu niedrige Impedanz wird da nicht vorhanden sein. Ich denke mal die wird passen, denn in der Regel sind bei Herdanschlüssen keine Abzweigdosen (Verteilerdosen) mit Klemmstellen dazwischen die die Impedanz erhöhen würden. Und 10m ist da nicht viel, bei Dreiphasenwechselspannung kann die 1,5er Leitung 30m lang sein für 2,5% Spannungsabfall, bei Wechselstrom sind es nur 15m. Der Energieversorger lässt bis zu 4% zu, und damit ist man im sicheren Bereich. Über die Abschaltbedingung selbst kann ich dir nicht viel sagen, ich weiß nicht was ihr für eine Leitungsimpedanz vor der Schutzeinrichtung habt...und die würde für eine Berechnung benötigt. Aber am besten ist es direkt an der Anschlussdose messen zu lassen.


screwdriver82 
Beitragsersteller
 26.10.2015, 11:57

Hey, darf ich nochmal kurz was nachfragen? :-) Mittlerweile war der Elektriker da. Er will 3 zusätzliche Phase in die Küche (Aufputz) ziehen, den Rest nicht anfassen, weil das sonst ne Komplettsanierung wäre... However:
- Die 1,5mm2 Herdanschluss will er auch nicht anfassen/messen. Ist das okay? Er weiß, dass die Leitungen längere Zeit potentiell überlastet waren.
- Du hast die DIN 18015-1 zitiert, dass mind. 2,5mm2 bei Herdanschluss Pflicht sind. Greift da auch eine Bestandschutzregelung, oder ist das grundsätzlich Pflicht? Wenn ja, gibt es da was worauf ich verweisen könnte?
- Im Bad will er keinen FI nachrüsten, den wir aber schon gerne hätten. Würden wir jetzt einen passenden RCD, ggf. inkl. Sicherung, selbst kaufen, müsste der nur (von ihm) eingebaut werden, oder stünden dann noch weitere Messungen oder Installationen auf dem Pflichtprogramm?
Ich hoffe das nervt nicht, wenn nicht freue ich mich sehr über das geballte Fachwissen! :-) Vielen Dank!

germi031982  26.10.2015, 20:31
@screwdriver82

Die 18015 gibts seit den 1950ern, wurde aber kontinuierlich seitdem angepasst. Das was ich geschrieben habe entstammt der aktuellen Version, müsste von 2013 sein. Und die 2,5mm² ergeben sich dadurch, das die Norm vorschreibt das die Leitung für mindestens 20A auszulegen sei, selbst wenn man dann nur mit 16A absichert wird. Deine Leitung ist für maximal 16A Nennstrom ausgelegt und mit 16A abgesichert. Auch da gibts keine Nachrüstpflicht. Ich sags mal so: Sei froh das du wenigstens schon einen dreiphasigen Herdanschluss hast, das haben viele nämlich noch nicht. Die haben dann einphasig, abgesichert mit einem Leitungsschutzschalter L25A. Das dann an L3 vom Hauptanschluss geklemmt um die drei Phasen gleichmäßig zu belasten.

Natürlich will er die nicht anfassen, denn wenn er da was dran macht haftet er...aber messen müsste er sie eigentlich, denn immerhin wird ja auch regelmäßig mit diesen e-checks geworben...und da gehört das dazu. Vor allen Dingen hättest du was in der Hand gegenüber dem Vermieter wenn was nicht passen sollte. Und wenn er weiß das die Leitung überlastet wird, ist es eigentlich fahrlässig wenn er sie nicht kontrolliert. Er war da, er weiß Bescheid, er ist Fachmann....wenn was passiert ist er dran, vor allen Dingen wenn rauskommt das er die Leitung extra nicht kontrolliert hat.

Er will eine neue Leitung legen für den Herd, und das auf die billigste, schnellste, und für ihn sauberste Art...

Hat er einen Grund genannt für die Weigerung beim FI? Wenn die Installation im Bad zweiadrig ist, gehts auf jeden Fall nicht. Dann höchstens mit Steckdosen die einen FI eingebaut haben, aber die sind teuer! Wenn irgendwo in dem Bereich der Neutralleiter und der Schutzleiter zusammengebracht wurden fliegt dir sofort der FI raus sobald du auch nur das Licht anmachst. Das sollte vorher kontrolliert werden das hier alles strikt getrennt ist, und auch richtig angeschlossen. Ich habe schon Steckdosen gesehen da war die blaue Ader auf dem Schutzkontakt, und der grün-gelbe war dann als Neutralleiter angeschlossen. Im Normalfall wäre das bei der Netzart TN egal (abgesehen vom Verstoß gegen die Norm), das wird eh alles zusammengeführt, aber mit FI ist es das eben nicht mehr da der Schutzleiter am FI vorbeigeführt ist.

Wenn du nicht viel Platz hast in deiner Verteilung kannst du auch einen RCBO nehmen, das ist eine Kombination aus Leitungsschutz und FI. Nach der Installation sollte das durchgemessen werden ob auch alles ok ist, da wird dann u.a. der Fehlerstrom gemessen bei dem der FI auslöst, und die Auslösezeit (Höchstzeit sind 0,3s), aber die Auslösezeit wird um Welten unterschritten bei den modernen FIs. Die Messungen finden an der letzten Steckdose statt die sich in dem Stromkreis befindet (längster Kabelweg).

Ich habe bei mir im Bad den hier sitzen, ist ein RCBO, Kombination aus 30mA FI und Leitungsschutzschalter B16:

http://www.amazon.de/ABB-FI-LS-Schalter-DS-201A-B16/dp/B002ICD4WY/ref=sr_1_fkmr0_2?ie=UTF8&qid=1445887520&sr=8-2-fkmr0&keywords=rcbo+abb

Musste ich bei mir neu machen, denn das was jetzt mein Bad ist war vorher eine Küche. Durch Umwidmung des Raumes entfiel der Bestandsschutz der alten Installation, und ein FI musste rein.

Spart auf jeden Fall Platz in der Verteilung, denn der FI allein ist ja schon so breit. Und da bräuchtest du noch einen separaten Leitungsschutzschalter. So hast du alles in einem Gehäuse.

screwdriver82 
Beitragsersteller
 19.10.2015, 16:39

WOW! Das liest sich äußerst fundiert, auch ich verstehe worums geht, was die Optionen sind... Vielen Dank für deine Ausführungen und Mühen! So fühle ich mich gut gewappnet bzw. informiert für ein Gespräch mit dem Vermieter!

Grundsätzlich kein FI

Das ist bei einer anständigen Installation nicht so eingroßes Problem.

Sicherungskasten: Durchgängig 16A Einzelsicherungen (Siemens NL16A)

Es kommt dabei darauf an, welchen Querschnitt die Leitungen haben.

Ein Stromkreis für Licht und Steckdosen von 2,5 Zimmern Herdanschluss: 5x1,5mm2 (geschätzte 10m Leitungsweg)

Das war bereits in den 60-Jahren totaler Pfusch.

Strohdecken

Wenn die Leitungen entsprecchend dimensioniert sind, ist das kein Problem.

Bei einem längeren Testlauf hat das Kochfeld auf einer der 1,5mm2 Leitungen konstant 28A gezogen, ohne dass die Sicherung ausgelöst hat.

Wenn das stimmt (ich weiß nicht, wie du den Strom gemessen hast), dann ist das wirklich ein Problem.

Wochenende habe ich vom Gehäuse des Geschirrspülers eine gewischt bekommen.

Das kann lebensgefährlich werden, wenn es sich nicht um eine statische Aufladung handelt.

Für die Lösung muss praktisch die gesamte Installation ausgetauscht werden.

Naja. Das Problem ist das es einen Bestandsschutz gibt. Bedeutet du bist nur verpflichtet auf den aktuellen Stand der Technik aufzrüsten wenn du eine Sanierung der Wohnung vornimmst.

Die LS Schalter halte ich für i.O.

Den FI würde ich dringlichst empfehlen nachzurüsten.

Der Stromkreis für 2.5 Zimmer ist I.O. Ich hätte zwar alle Zimmer einzeln Abgesichtert aber kann man so machen (einen kleinen Abstellraum vielleicth nicht sowas kann man auf den Flur mit draufhängen)

Der Backofen ist so ne Sache. Ich fahre die Teile Grundsätzlich mit 2.5mm² an. Aber die 28Ampere sind nicht Normal. da würde ich die Herdplatte prüfen.

Das die Sicherung nicht auslöst kommt daher das bei 28 Ampere nicht die induktive Kurzschlussicherung des LS zuständig ist sondern das Thermische Element. Da müsstest du auf die LS Klasse schauen und nachsehen nach wievielen Stunden der LS bei 28A abschalten sollte.


screwdriver82 
Beitragsersteller
 16.10.2015, 13:24

Gibt es eine Vorschrift für den FI? Das Internet hält da unterschiedliche Auskünfte parat. Der Vermieter macht offenbar nur das, was unbedingt sein muss.
Und die 1,5mm2 - fallen die unter die Bestandsgarantie? Und in dieser Kombination mit 3 Einzelsicherungen je 16A?
Fühl mich absolut nicht wohl damit, dass auf alten, 1,5mm2 Kabeln 28A gezogen werden *können* ohne dass was auslöst...

germi031982  18.10.2015, 17:37
@screwdriver82

Die 28A sind das was eine Sicherung dieser Charakteristik (L) als obersten Grenzwert zulässt, allerdings muss sie diesen Wert nach weniger als einer Stunde abschalten (thermische Überlastsicherung mittels Bimetallstreifen). Bei einem aktuellen Leitungsschutzschalter B16 kann über den Zeitraum von einer Stunde maximal 22,4A gezogen werden, dann wird abgeschaltet.

Erstmal muß geklärt werden, ob Drehstrom vorhanden ist.

Das Kochfeld läuft meist über 2 Phasen,d.h. 28A über eine Ader ist unmöglich,da selbst ältere Automaten da schon längst abgeschaltet hätten.16A für 2,5 Zimmer (Licht u. Steckdosen) ist nicht ungewöhnlich,bei älteren Häusern durchaus üblich.Erst bei einer Sanierung der gesammten elektr. Leitungen ist ein FI vorgeschrieben,sonst nicht,Bestandschutz.

Geändert muß eigendlich nichts werden,aber Rauchmelder (Strohdecke) wären von Vorteil.

Wenn noch Platz in der UV und es möglich ist,würde ich die Zimmer einzeln absichern.

Für die Badsteckdose empfehle ich sowas.

http://www.amazon.de/Unbekannt-Personenschutz-Adapter-30001/dp/B002TLJF0E/ref=pd_sim_60_3?ie=UTF8&refRID=1C1YZ2HFB40DCCP4JBP9&dpID=41YY8vXoAtL&dpSrc=sims&preST=_AC_UL160_SR98%2C160_

Einen Fi Schalter kann man nachträglich einbauen oder zumindest bei hohen Verbrauchern Verlängerungsleitungen mit Fi zwischenschalten.

Bei dem von dir geschilderten Vorfall würde ich auf ein klassische Nullung schließen, der Schutzleiter wird in der Steckdose an den Neutralleiter angeschlossen.

Die Leistung beträgt: 28 Amp = 6.440,0 Watt auf einer Leitung? Die würde glühen!

Da jede Platte einzeln angeschlossen ist, dürftest du da etwas falsch verstanden haben. Bei 3 Leitungen ergäbe das theoretisch einen Durchschnitt von 2100 Watt. Der Grenzwert liegt bei einer Leitung bei 3600 Watt. Diesen Wert sollte man grundsätzlich nicht ausreizen.

1,5 mm² = 16 A/3600W


screwdriver82 
Beitragsersteller
 16.10.2015, 13:22

Nein, ist tatsächlich so angeschlossen. Ist ein Ikea-Cerankochfeld, das kann entweder mit einer (dann brückt man am Kochfeld L1 und L2), oder mit zwei Phasen angeschlossen werden. Anscheinend ist da aber keine Elektronik drin, die runterregelt wenns gebrückt ist....
Das haben wir so vom Vormieter übernommen.
Müsste man also wohl eh ändern. Zusätzlich aber ist es tatsächlich so - wir haben allen Platten aufgerissen, und auf einer Leitung (1,5mm2) wurden 28A gezogen!