Epikurs Glücksvorstellungen!

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Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Aristoteles und Epikur

Beide vertreten in ihrer Ethik einen Eudaimonismus. Eudaimonismus ist eine ethische Theorie, die das Glück (griechisch εὐδαιμονία[eudaimonia]; die Wortbildung geht auf die Vorstellung zurück, einen „guten Daimon“ zu haben, was bedeutet, ein wohlgeratenes, gesegnetes, gedeihliches, wunschgemäßes, preisenswertes Leben zu führen) in der Bedeutung eines guten Lebens in den Mittelpunkt stellt und für die Glück(seligkeit) das höchste Lebensziel ist. Die Frage „Was ist ein gutes Leben?“ ist grundlegend.

Sowohl Aristoteles als auch Epikur denken bei Glück nicht nur an Zufriedenheit in einem Augenblick, sondern auch langfristiger und dauerhafter an ein gutes Leben.

Epikur vertritt erkenntnistheoretisch einen Empirismus (Wissen/Erkenntnis über die Welt stammt allein aus der Erfahrung), Aristoteles nicht, auch wenn er eine Berücksichtigung der Erfahrung einbaut. Daher hat bei Epikur die Sinneswahrnehmung einen höheren Stellenwert, was auch in der Ethik Bedeutung hat und unterschiedliche Auffassungen gegenüber Aristoteles bedingt.

Um Glück zu erreichen, soll der Verstand/die Vernunft/kluge Überlegung eingesetzt werden. Die Rolle von Verstand/die Vernunft/kluge Überlegung ist bei Epikur insofern etwas geringer, als nach ihm das Erstrebenswerte grundsätzlich schon von der Sinnlichkeit vorgegeben ist, während Aristoteles als das einem Menschen eigentümliche Werk (das, wozu er speziell bestimmt ist) die mit Vernunft verbundene Tätigkeit der Seele und ein entsprechendes Handeln versteht.

Bei Aristoteles steht das Erreichen von Ziele und die Verwirklichung von Anlagen im Zentrum, bei Epikur Empfindungen von Lust, Freude und Ähnlichem, ihr Erreichen und ihre Vergrößerung/Maximierung (bzw. die Verkleinerung/Minimierung des Gegenteils). Epikur vertritt einen Hedonismus (Lust/Freude/Vergnügen wird angestrebt und bildet den Maßstab), aber keinen plumpen und eigensüchtigen. Aristoteles ist kein Hedonist, vertritt aber auch nicht das völlige Gegenteil (Anti-Hedonismus), sondern einen Standpunkt dazwischen. Lust und Freude sind nach seiner Auffassung Bestandteile eines guten Lebens/von Glück. Lust ist nach seiner Ethik ein Glücksbestandteil (Nikomachische Ethik 1, 5 1097 b 4 – 5). Das Gute und die Lust gehören zu dem, was um seiner selbst willen liebenswert ist (Aristoteles, Nikomachische Ethik 8, 2 1155 b 21 – 22). Die Lust ist aber nach Aristoteles nicht das höchste Gut. Nicht jede Form der Lust ist an sich wählenswert. Nicht jede Lust gilt Aristoteles als ein Gut (Nikomachische Ethik 10, 2 1173 b 21; 10, 3 1174 a 3). Das Lustvolle ist ein anscheinendes Gut, das ein wirkliches Gut oder nur ein täuschendes Scheingut sein kann.

Glück bei Epikur

Nach Epikurs Auffassung besteht Glück in der Empfindung von Lust. Lebewesen streben von Natur aus nach Lust. Lust ist ein angenehmer Zustand des Wohlbefindens.

Ziel allen Handelns ist nach Epikur das gute Leben (εὐ ζῆν) oder anders gesagt das Glück (εὐδαιμονία). Glückseligkeit ist das höchste Gut. Epikur hält die Gleichsetzung von oberstem Gut und höchster Lust für evident (offensichtlich) (vgl. Marcus Tullius Cicero, De finibus bonorum et malorum 1, 9, 29 - 33; 3, 1, 3).

Die konkrete Bestimmung dieses Zustandes ist für Epikur die Seelenruhe (ἀταραξία [ataraxia]) und die körperliche Schmerzlosigkeit (ἀπονία [aponia]).

Ziel (τέλος) der Ethik im prägnanten Sinn ist nach Epikur die Lust (ἡδονή). Sie ist der naturgegebene Ausgangspunkt und das Ziel alles Handelns (Brief an Menoikeus 128).

Dafür verweist Epikur auf die allgemeine Beobachtung (alle Leute streben von Natur aus nach Lust, weil sie ein Gut ist, meiden den Schmerz, weil er ein Übel ist), beruft sich auf Wahrnehmung (αἴσθησις [aisthesis]).und Empfindung (πάθος [pathos]).


Albrecht  29.06.2013, 05:52

Die Begründung, die Epikur im Brief an Menoikeus gibt, gibt, steht in dem Abschnitt, der von Begierden, Lust und glückseligem Leben handelt (127 – 132):

1) Lust ist etwas Natürliches, sie wird als ein erstes und angeborenes Gut erkannt. Epikur legt dies in dem Brief nicht eingehender dar. Gedacht werden könnte beispielsweise an Beobachtung, wie Kinder ganz früh, also wohl ohne möglicherweise verfälschende Einflüsse auf Natur beruhend, etwas Lustvolles erstreben.

2) Lust (ἡδονή) ist allgemein Anfang/Ausgangspunkt und Ende des glückseligen Lebens. Das Streben, das das sich in jedem Wählen und Meiden ausdrückt, beginnt mit der Lust und wir enden bei der Lust, indem wir jedes Gut mit der Empfindung als Maßstab beurteilen.

3) Glückseligkeit ist ein Gut. Und wie Epikur in dem Brief etwas vorher in einem anderen Zusammenhang als Grundsatz erklärt, ist jedes Gut und Übel in der Wahrnehmung/Empfindung. Dies bedeutet, daß ein Gut oder Übel, das ich nicht als Gut bzw. Übel empfinde, für mich nicht vorhanden ist. Bei diesem Empfinden liefert die Sinnlichkeit mit Gefühlen der Lust und der Unlust/des Schmerzes/des Leidens die unmittelbaren, ursprünglichen Wertungen. Eine Empfindung, die einen positiven Wertcharakter trägt, wird Lust genannt. Warum ein Zustand als Lust empfunden wird, ist nicht über die Tatsache solchen Empfindens ableitbar und die Bewertung als höchster Wert damit keine Sache weiterer rationaler Begründung, sondern eine Gegebenheit der Sinnlichkeit.

4) Epikur vollzieht eine Ineinssetzung von Lust (ἡδονή [hedone]) mit einem Zustand der Seelenruhe, der Ataraxie (ἀταραξία; „Unerschütterlichkeit“). Epikur beginnt in seiner Darlegung mit der Gesundheit des Leibes und mit der Seelenruhe und erklärt dies für das Ziel/den Endzweck/die Erfüllung/die Vollendung (τέλος [telos]) des (glück)seligen Lebens. In diesem angenehmen Zustand des Wohlbefindens besteht kein Mangel, da keine unbefriedigten Wünsche vorhanden sind. Es gibt nichts, was noch zusätzlich zu erstreben ist. Dies wird dann an der Lust erläutert und begründet.

Angestrebt wird also aufgrund mit Einsicht getroffener Entscheidungen ein Zustand der Seelenruhe. Glückseligkeit enthält eine Zufriedenheit, einen friedvollen Zustand der Sicherheit über eine Erfüllung von Wünschen.

Epikurs Glücksrezept erklärt das Wertvolle zum Verfügbaren. Er versucht Lust als ein Gut zu erweisen, das Menschen stets zur Verfügung steht. Dazu versteht er Lust als Freiheit/Freisein/Abwesenheit von Unlust/Schmerz/Leid.

Gerade weil Epikur Seelenruhe und Lust gleichsetzt, möchte er zur Abgrenzung seinen Standpunkt klarstellen, das sittlich Schöne/Tugend sei nicht das grundlegende Ziel und Selbstzweck, sondern nur insofern (unter der Bedingung) wertzuschätzen, als es Mittel zu einem lustvollen Leben ist (und damit zum Glück beiträgt).

Der Weg zum Glück besteht in einer Konzentration auf die wirklich notwendigen Bedürfnisse (aber kein Leben ohne Bedürfnisse). Einsicht und Übung sollen zu einem vernünftig reflektierten Genießen mit einer anhaltenden Daseinsfreude führen.

Die Menschen sollen nach Epikur klären, ob Begierden natürlich und notwendig sind oder leer. Mit leeren Begierden sind die gemeint, die einem bloßen Wunsch nach Luxus entspringen und durch maßlose Gier Rastlosigkeit verursachen, weil die Menschen das quält, was sie nicht haben.

Darauf bezieht sich der Fragebeschreibung genannte Satz im Buch, nüchterne Überlegung, die Ursachen für alles Wählen und Meiden erforscht und die leeren Meinungen austreibt, aus denen die schlimmste Verwirrung der Seele [Verwirrung der Seele ist entgegengesetzt zu Seelenruhe] entsteht, erzeuge das lustvolle Leben.

Epikur geht es um eine Kultivierung angemessener Lust, die zu einem Höchstmaß an Wohlbefinden führen soll. Er wies auf die Vorteile einfacher Güter hin (z. B. beim Essen und Trinken) und schätzte das Zusammenleben mit Freunden.

Bücher enthalten erklärende Darstellungen zur Ethik Epikurs insgesamt, z. B.:

Michael Erler, Epikur. In: Die hellenistische Philosophie. Erster Halbband (Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Herausgegeben von Helmut Holzhey. Die Philosophie der Antike - Band 4/1). Herausgegeben von Hellmut Flashar. Basel ; Stuttgart : Schwabe, 1994, S. 146 – 170

Malte Hossenfelder, Epikur. Originalausgabe, 3., aktualisierte Auflage. München : Beck, 2006 (Beck'sche Reihe : Denker ; 520), S. 57 – 100

Malte Hossenfelder, Die Philosophie der Antike 3 : Stoa, Epikureismus und Skepsis. 2., aktualisierte Auflage. München : Beck, 1995, S. 102 - 124

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Das is 'n gefährliches Spiel, das ist Dir hoffentlich klar? Wenn Dir hier jemand Mist erzählt, übernimmst Du den...

Woher hast Du Dein Wissen über Epikur? Nur aus Schulbüchern? Hast Du jemals versucht, Werke von um selbst zu lesen, etwa „Der Weg zum Glück“, oder „Von der Lust zu leben“? Mein ehemahliger Deutschlehrer hat Philosophie studiert und er meinte, Epikur sei - Zitat - „sehr klar“ und daher auch für den Einstieg in die Philosphie als solche sehr gut geeignet.

Deswegen wundert mich der Thread auch ein bisschen...

Epikur war Empiriker und das heißt, er fragte nicht nach Begriffen und darauf beruhenden Begründungen, er suchte in der Erfahrung, was denn für jeden evident sei (ohne Begründung aus der Anschauung heraus einsichtig), dass es die Orientierung des Lebens sei. Seine Antwort ist:

Die Natur hat allem Lebendigen eine Überlebensorientierung mitgegeben, selbst den Babys (noch ohne Einsichtsfähigkeit) und Tieren - sie orientieren sich an einem positiven Gefühl und meiden was sich zweifelhaft oder gar schlecht anfühlt. Das Organ ist die Seele, die den Körper wie ein feinstofflicher Handschuh umgibt. Sie fasst von außen kommende Signale (Hören, Fühlen, Sehen, Riechen) in ein Erlebnis zusammen. Sielauscht aber auch als Organ nach innen auf die Befindlichkeiten im Körper, die Stimmungslage der Emotionen. Wenn die Person richtig handelt, ist die Sensibilitätsanzeige der Seele sozusagen im grünen Bereich. Wenn man die Definition von Wikipedia nimmt, was Homöostase bedeutet, dann entdeckt man, dass Epikur eine sehr moderne Vorstellung von Ausgeglichenheit hatte. Sie lautet nämlich:

"Homöostase (griechisch ὁμοιοστάσις omoiostásis „Gleichstand“) bezeichnet die Aufrechterhaltung eines Gleichgewichtszustandes eines offenen dynamischen Systems durch einen internen regelnden Prozess."

Wenn wir also jeden lebenden Organismus als ein offenes dynamisches System auffassen, ist dieser bestrebt, sich möglichst im grünen Bereich aufzuhalten. Oder, das Leben ist im Gleichgewicht. So gesehen ist es eine einseitige Interpretation des Epikureismus, ihm das Streben nach Lust als wichtigstes zuzuschreiben. Epikureer streben nach Gelassenheit, nach einem ausgeglichenen Zustand im grünen Bereich. Die Tatsache, dass Epikur auch körperliche Freuden und positive Empfindungen nicht als schlecht verwirft, bedeutet nicht, dass er sie überschätzt oder nicht auch die Gefahren sieht, die aus einer Einseitigkeit für ein selbstbestimmtes Leben entstehen.

Epikur steht reinen Gedankenspekulationen (a la Platon) sehr kritisch gegenüber. Alle Einsichten und alles Wissen muss sich immer auch in der Erfahrung beweisen können. Innere Gelassenheit ist für ihn ein Lebenssignal, dass man sein Leben im Griff hat und dieses in ruhigen, ausgeglichenen Bahnen verläuft. Sein Leben möglichst in diesem Gefühl der Gelassenheit zu verbringen, ist für Epikur ein gelingendes, glückliches Leben. Er warnt vor Gefahren, die diese Gelassenheit stören können wie unnatürliche Angst, die nur falscher Einbildung entspringt genauso wie davor, sich in Trends oder anderen "Fremdsteuerungen" zu verlieren. Aufklärung, Wissen sind in jeder Beziehung ein guter Schutz gegen falsche Vorstellungen und Verirrungen. Dazu kommt das vertrauensvolle Gespräch unter Freunden.