Bettler im Mittelalter?

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Alberich21 hatt es sehr gut auf den Punkt gebracht. Ein Bettler im Mittelalter war ein Stand für sich, zwar der Unterste, aber ein Stand. Es stand den Christen im Mittelalter hoch im Sinn, durch Almosen an Bettler von diesem eine Fürbitte zu erhalten, damit das spätere Seelenheil im Jenseits gesichert ist. Daher auch der Name: Bettler = Betler, der der eine FürBITTE hält.

Es gab mehrere Formen der Bettelei, grob eingeteilt in 3 Kategorien:

  1. Der Haus- und Hofbettler. Das war jemand, der in einem Ort Haus und Hof besitzt und unverschuldet verarmt, z.B. eine Witwe deren Mann gestorben war und sich nicht selbst ernähren konnte. Diese Bettler besaßen das Recht, zu gewissen Zeiten von Haus zu Haus zu ziehen und um ein Almosen zu bitten.

  2. Der Straßenbettler: Das war jemand, der keine eigene Unterkunft in einem Ort besaß, aber sich in diesem aufhalten durfte. Diese Bettler hatten das Recht zu festgelegten Zeiten sich in definierten Straßenzügen aufzuhalten und um Almosen zu suchen.

  3. Der Pilgerbettler: Dieser zog von Ort zu Ort und versuchte sozusagen als "Freelancer" an Almosen zu kommen. Dem Pilgerbettler begegnete man mit Skepsis, da man solchen oft nicht persönlich kannte und nicht abschätzen konnte, ob er ein "echter" Bettler war.

Zu letzten Thema hatte oft der Scharfrichter oder auch der Henker (2 Berufsstände!) die Pflicht, einen unbekannten Bettler zu untersuchen und zu ergründen, ob er wirklich durch körperliche oder geistige Schwäche nicht in der Lage war, einem Beruf oder einer Arbeit nachzugehen. Die sogenannte "Falschbettelei" wurde empfindlich bestraft.

Es gab oft genau festgelegte Zeiten, wann und wo sich ein Bettler für sein Geschäft aufhalten durfte oder konnte. Man begegnete den Bettlern aber oft mit Nachsicht, da sie durch ihre Armut sich sehr nah am christlichen Idealbild bewegten. Auch hatten manche vermögende Leute einen "persönlichen" Bettler auserkoren, dem sie stets Almosen gaben. Diese Spenden waren dann auch so wichtig, daß man oft auch extra einen "Almosenbeutel" mit Kleingeld am Gürtel trug. Denn man wußte nie, ob man nicht am nächsten Tag ebenso mittelos wie der Bettler vor einem sein konnte und hielt dadurch auch so diese soziale Absicherung stets am Leben.

Bettler taten aber oft auch Kleinkunst, um die Bürger zu unterhalten, sie sangen, spielten Musik oder erzählten auch Geschichten. Sehr oft wurden die Krankheiten sehr drastisch zur Schau gestellt, um Mitleid zu erregen.

Dieser relativ entspannte Umgang mit der Bettelei änderte sich im Laufe des 16. Jhrds. zum Ende des Mittelalters. Vor allem im Frühbarock des 17. Jhrds. wurden viele Leute durch katastrophale Ernten und Kriege verarmt und verkrüppelt. Seit dieser Zeit haben sich durch das massenhafte Aufkommen von Bettlern die Gesetze drastisch verschärft.

Aber das soll jetzt erst mal reichen. ;-) Grüße


Lederfusz  24.01.2013, 13:01

Ach ja! Die Art der Fürbitte hing stets von der Höhe des Almosens ab. ;-)

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Was soll sein? Was würdest du tun in einer solchen Situation? Wenn er im Familienverbund lebt, dann wird ihn die Familie ernähren. Das tut sie ja mit ihren Kindern auch.

Daneben kann das behinderte Familienmitglied kleine Haushaltstätigkeiten verrichten und so dennoch mithelfen.

Ohne Familie, oder bei bitterster Armut der Familie ging der Behinderte halt betteln. Das ging sogar gut - Sonntags tat jeder Christ gut daran beim Kirchgang die Bettler vor dem Gotteshaus mit Gaben zu bedenken. Sehr wohl wissend, dass es jeden treffen kann und man sich so auch "Bonuspunkte" für sein Seelenheil im Himmel holt.

Einem Bettler nichts zu geben war eher unschicklich.

Daneben gab es kirchliche Armenspeisung, oder ein Schlossherr gab auch aus Gründen des Seelenheils Armenspeisung.


LovesMusic4ever 
Beitragsersteller
 23.01.2013, 14:44

Hatten die Bettler nicht einen "dämonischen Einfluss"?

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Alberich21  23.01.2013, 14:48
@LovesMusic4ever

Wie bitte? Falsche Filme geguckt? Zu oft auf Mittelalterspektakeln gewesen? Zuviel WoW gezockt?

Also was da heutzutage manchmal über das Mittelalter gefaselt und hineininterpretiert wird ist hanebüchen!

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LovesMusic4ever 
Beitragsersteller
 23.01.2013, 14:50
@Alberich21

gerade die FIlme waren immer falsch, die Filme haben die ganzen Klischees oft nur unterstützt

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wurde von der gesellschaft ausgeschlossen :(

Wenn sich die Familie nicht um den Betroffenen kümmern konnte oder wollte, hatte er keinerlei soziale Sicherheit. Er konnte an Kirchtagen von den Gläubigen Almosen erbitten (inmitten eines Pulks anderer Bettler) und er konnte in Klölstern oder an burgen um Essensreste bitten. Wenn er ganz großes Glück hatte, hatte das Kloster eine "Armenspeisung", wo extra für Bettler und Arme gekocht wurde (aber sicher nicht üppig).