Was erschwert eine Co-Abhängigskeitstherapie?

2 Antworten

Das Hauptproblem dürfte sein, dass Angehörige ihre Co-Abhängigkeit nicht erkennen und daher auch nicht therapiebereit sind.

Das Wissen über Co-Abhängigkeit ist nicht sehr verbreitet.


Sambucco3700 
Beitragsersteller
 07.08.2024, 12:30

Danke

Ich kann Dir als Co-Abhängiger antworten.

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Er war Quartalssäufer. So trank er wochenlang nichts, bis es dann langsam anfing und sich stetig steigerte, bis er einen Zusammenbruch erlitt. Danach trank er wochenlang nichts, bis...

Und die Abstände zwischen zwei Zusammenbrüchen wurden immer kürzer...

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Ich habe viele Fehler gemacht:

  1. Mein erster Fehler war, meinem Vater zu glauben, als er sagte, er habe alles im Griff und könne jederzeit aufhören. Aber das stimmte natürlich nicht.
  2. Dann machte ich den Fehler, ihn mit den Anonymen Alkoholikern zusammen zu bringen. Es war deshalb ein Fehler, weil die Initiative nicht von ihm ausging. Das muß es aber, wenn der Alkie trocken werden will.
  3. Ich machte auch den Fehler, ihn immer wieder aufzuheben, wenn er hinfiel. Im wörtlichen, wie im übertragenen Sinn.
  4. Mein größter Fehler war aber, für ihn zu lügen, wenn er mal einen Termin nicht einhalten konnte, weil er irgendwo besoffen herumlag.
  5. Ich habe mich zeitweise an seinem Alkoholkonsum schuldig gefühlt, obwohl ER es war, der trank!

Erst dank AlAnon habe ich begriffen, daß ich ihn komplett loslassen und ihn notfalls in sein Verderben laufen lassen mußte, damit er selbst zur Einsicht kommen konnte.

Dort habe ich auch eingesehen, daß ich Co-Abhängiger war. Ich wollte mir das lange nicht eingestehen, aber dann habe ich während der Treffen so viele Schilderungen gehört, in denen ich mich selbst wieder erkannte, daß ich mir nichts mehr vormachen konnte.

Alleine dieses Bewußtsein, nicht alleine zu sein mit meinen Sorgen, gab mir viel Kraft und half mir, durchzuhalten.

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Ich habe sehr darunter gelitten:

  1. Wenn er seine Anwandlungen hatte, terrorisierte er mich regelrecht. Es waren keine großartigen Dinge, die er da anstellte - ich empfand es eher wie Stiche aus glühenden Nadeln.
  2. Mehrmals hätte er mich beinahe verpügelt. Aber nur beinahe! Denn er wußte, daß ich mich wehren kann!
  3. Meine Arbeitsleistung litt so sehr darunter, daß ich sogar einmal kurz vor einer Kündigung stand.
  4. Das Schlimmste war aber, daß er mich vor allen anderen Familienmitgliedern als den "Bösen" hingestellt hat. Ich konnte dagegenreden, soviel ich wollte, mir glaubte niemand. Erst nachdem einige aus meiner Verwandtschaft mal selbst gegen 10:00 Uhr Vormittags! mit meinem besoffenen Vater telefoniert hatten, sahen sie das Ganze mit anderen Augen!

Er hat sich niemals bei mir dafür entschuldigt.

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Er hat irgendwann dann doch noch die Kurve gekriegt und erfolgreich eine Therapie gemacht. Aber es war schon zu viel kaputtgegangen zwischen uns - wir haben nie wieder richtig zueinander gefunden.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Co-Abhängiger eines alkoholkranken Vaters