naja, es war eine bewegte Zeit.
Zum einen war ich schon in der Grundschule (also vor der Pubertät) frühsexualisiert (durch 2 ältere Cousinen meines damals besten Freundes). Mit 11 kam ich aufs Gymnasium (als einziger aus meiner Grundschule auf dieses Gymnasium). Dort hatte ich zunächst einige Schwierigkeiten, war aber sehr kritisch und sehr geschichtsinteressiert. Mein Vater hatte sich mit 16 freiwillig zur Waffen-SS gemeldet (zusammen mit der ganzen Klasse) und als eine Form der eigenen Wiedergutmachung einen ehemaligen Partisanenkämpfer ähnlichen alters als Assistenten eingestellt, der bei uns im Haus mit Familienanschluss wohnte. Ich habe beide Männer gelöchert über ihre Kriegserfahrungen und heutigen Einstellungen zu erzählen. Viele Abende gab ich keine Ruhe und habe vieles in Geschichtsbüchern recherchiert und wieder neu erzählen lassen. Ausserdem habe ich mich mit der jüdischen Geschichte meines Heimatortes und der umliegenden Dörfer beschäftigt. Parallel bin ich auch den Club of Rome gestoßen mit dessen Klimabefürchtungen. Und ich habe mich im Religionsunterricht mit einem katholischen Priester angelegt, letztlich mit 14 dann von Religion abgemeldet gegen den Protest der Eltern.
Ich war nicht wirklich auf Krawall gebürstet, aber ich schwamm schon irgendwie gegen den Strom. Mit mir selbst und meinem Körper war ich sehr unzufrieden. körperlich erst schmächtig, dann pummelig. Sport war nur Schwimmen gut (Leistungssport). Fußball interessierte mich nie, was mich zum absoluten Aussenseiter machte. Dann bekamm ich Gelenkprobleme und musste das Schwimmen aufgeben. Ich bin zum Reitsport gewechselt, war nicht untalentiert und besonders die viele Mädchen im Reitstall waren total meine Welt.
Ich hatte sicher schwere depressive Phasen dazwischen, mangelndes Selbstwertgefühl und viele Selbstzweifel. Ich erinnere mich an Suiziggedanken, die teilweise auch durchaus ernsthaft waren. Aber ich hatte meine Spielwiesen und insbesondere auch meine sehr guten Beziehungen zu Mädchen, um die mich die anderen Jungs zunehmend beneideten, bauten mich immer wieder auf. Die Mädchen fanden mich toll und ich konnte es mit zunehmender hormoneller Aktivität auch immer mehr genießen. Ab 14 hatte ich regelmäßig sexuelle Beziehungen. Ich ging viel auf Konzerte und Tanzveranstaltungen, wurde immer mal wieder nachts von der Polizei bei Razzien aufgegriffen und mit dem Streifenwagen nach Hause gebracht. Als ich dann mit 15 mal 2 Wochen Hausarrest dafür bekam habe ich Sachen zusammen gepackt und habe die 2 Wochen bei verschiedenen Klassenkameraden übernachtet, bin einfach 2 Wochen gar nicht mehr nach Hause aber mit den Klassenkameraden pünktlich in die Schule. Meine Eltern haben einiges versucht. Irgendwann gab es die Idee mich in ein Internat zuschicken, aber meine "guten" Lehrer haben es meinen Eltern ausgeredet. Und dann haben es meine Eltern auch irgendwie einfach laufen lassen. Ich lebte mit meinem braven und angepassten älteren Bruder in einer Einliegerwohnung, wir hatten eine eigene Haustür und ich konnte kommen und gehen wie und wann ich wollte. Meine Noten waren gut bis sehr gut, jährlich einen Buchpreis für sehr gute Leistungen und oft noch zusätzliche Sonderpreise in Mathe oder Naturwissenschaften und die Lehrer hatten eigentlich außer meiner Diskutierfreude nichts auszusetzen. Ich war aktiv in der Schülerzeitung, führte viele Auseinandersetzung mit jedem und wegen allem. Auf meiner Schultasche war ein Aufkleber "Wer sich nicht wehrt der lebt verkehrt". Irgendwann war ich dann auch Stufensprecher und später Schulsprecher. Ich hatte einige Lehrer die mich sehr förderten. Andere mochten mich nicht aber sahen mich doch als überdurchschnittlich in Leistung und Engagement an und repektierten dies. Mein Rektor mochte mich sehr und schätzte mich. Es war auch eine besondere Schule, sonst wäre ich dort sicher auch irgendwann geflogen. Kurz bevor ich 18 wurde musste mein Vater beim Rektor antreten, weil ich meinen 100sten Eintrag wegen unentschuldigtem Fehlen bekommen hatte. Ich habe damals den Unterricht nur noch selektiv besucht, 2 Fächer gar nicht mehr, und viel Zeit in der Bibliothek und beim Zeitunglesen in einem Café verbracht.
Ich war recht eigensinnig, wollte und ging immer wieder mit dem Kopf durch die Wand. Aber ich habe selten aufgegeben oder verloren. Aber es war nie einfach und ich habe es mir und meiner Umgebung sicher auch nicht einfach gemacht.
Nach dem Abitur bin ich erstmal ins außereuropäische Ausland und nach der Rückkehr zum Studium erstmal über 600 km vom Heimatort entfernt (nicht weil ich es wollte sondern weil mich die ZVS auf Deutschlandreise schickte). Durch den Auslandsaufenthalt habe ich mich zunächst vor dem Wehrdienst gedrückt und bin erst nach dem Studium als Soldat auf Zeit und mit Doktortitel zur Bundeswehr. Die Promotion habe ich parallel zum Studium absolviert und die Doktorarbeit war bei Studienabschluss schon fertig.
Mit meinen Eltern spitzte sich vieles zu, letztlich bin ich mit 16 zuhause ausgezogen und zu meiner damiligen Freundin. Die hatten eine leerstehende Einliegerwohnung wo vorher die verstorbenen Großeltern gelebt hatten. Das war mit 16 ein Paradies des Erwachsenseins. Mit 18 war ich wieder zu Hause aber das Verhältnis zu meinen Eltern hatte sich distanziert normalisiert. Ich ließ mir nichts sagen und sie verzichteten auch weitgehend darauf mir Vorschriften zu machen.