Ich nehme mal an, dass für Dich ein Kapitel immer auch nur eine Szene ist (diese Unterteilung gibt es mittlerweile beim Schreiben tatsächlich - Stephen King z.B. hat in den meisten seiner Bücher immer recht lange Kapitel mit einer bestimmten Anzahl verschiedener Szenen, die nochmal gesondert nummeriert sind).
Eine durchschnittliche Szene hat in den meisten neueren Büchern um die 2.500 Wörter. Vor 20 Jahren waren es noch einige mehr, aber der Markt hat sich doch sehr verändert und mit ihm die Art und Weise, Geschichten zu erzählen.
Die Funktion einer Szene ist es neben allem anderen auch, Stimmungen über Geschwindigkeiten zu erzeugen. D.h., dass es in einer besonders rasanten Actionszene durchaus vertretbar ist, eine kürzere Szene mit 500-750 Wörtern zu haben, die dann später fortgesetzt wird, quasi mit einem "Cliffhanger" endet. Längere Szenen, gerne auch über 3.000 Wörter, dienen demgegenüber als ein Ruhepol, in dem man Charakterzeichnungen betreibt oder auch bei einem Thriller besonders spannende Enthüllungen macht, die einen größeren Bogen benötigen.
Eine Geschichte, die nur mit riesigen Kapiteln erzählt wird, wirkt meist eher langweilig, besonders bei Thrillern. Auf der anderen Seite sind nur kurze Szenen ein bißchen wie eine literarische Schnappatmung - davon abgesehen: Wie soll ich es als Leser schaffen, in eine Geschichte zu kommen, wenn sie immer nur in 450-Wörter-Intervallen erzählt wird?
Kurzum glaube ich, dass Du Dir unter Umständen nochmal grundlegendere Gedanken über das Schreiben im Allgemeinen machen und vor allem viel von Thrillerautoren lesen solltest. Wenn man immer nur bei einer so kurzen Wortzahl 'rauskommt, stimmt irgendetwas mit dem Erzählfluss und den eigenen Vorstellungen der Geschichte nicht.
Als Daumenregel kann man sagen: Je mehr Action und Spannung, desto eher ist eine schnellere Reihenfolge gerechtfertigt, flankiert allerdings auch von längeren Szenen, die als "Ruhepol" gelten. Man sollte also auf die Mischung achten. Gerade am Anfang ist es durchaus vertretbar, den Protagonisten einzuführen, ihm einen Problem auszusetzen, das er scheinbar löst, um dann mit einem größeren Problem konfrontiert zu werden und bei der Konfrontation einen Szenenwechsel zu machen. Dann kann eine Szene durchaus auch mal nur 2-3 Manuskriptseiten (also um die 750 Wörter) haben. Schwieriger wird es dann, wenn man die Geschichte in ihrer ganzen Komplexität über die Dauer von mehreren Hundert Seiten erzählen will.