Ich hoffe, dass sich jemand die Zeit nehmen wird, meinen Post zu lesen.

Zu mir und meiner Sexualität: Ich bin weiblich, 40 Jahre alt, heterosexuell. Interesse am Gegengeschlecht habe ich sehr früh ausgeprägt, bereits im Alter von 6 Jahren hat Verliebtsein ein körperliches Gefühl in mir verursacht, welches ich nicht deuten konnte. Mit elf habe ich angefangen extrem starkes Libido zu empfinden. Ab diesem Moment habe ich angefangen, mich jeden Tag zu befriedigen. Leider wurde ich dabei von meiner Mutter ertappt und schwer emotional bestraft. Masturbiert habe ich mich dennoch, fantasierte dabei von sexuellen Inhalten.

Mit 14 erfuhr ich dank meiner religiösen Erziehung, dass Sex sündhaft ist. Außerdem habe ich von meiner Mutter vermittelt bekommen, es sei eine langweilige Tätigkeit, die mich schnell altern ließe, eine Zeit- und Energieverschwendung - das erregendste sei der Flirt und das warten auf den Geschlechtsverkehr, nicht der Akt an sich.

Ich habe ein zwiespältiges Verhältnis zu Sex eingenommen: Schlechter, liebloser, destruktiver Sex, zu dem man masturbiert - und ein guter, der aber erst in einer Ehe gelebt werden kann und darf. War ich verliebt, habe ich mir Sex mit der Person vorgestellt und mich auch danach gesehnt. Ich empfand großen Wunsch nach Nähe mit Jungs. Küssen, umarmen und die Küsse am Hals haben mich sehr erregt.

Mit 17 kam es dann: ich habe mich in den Freund meiner besten Freundin verliebt. In meinen Fantasie hatte ich immer wieder die Vorstellung, dass ich unheimlich geil sein würde bis zu unserer ersten Berührung - und dann gar nicht mehr. Tatsächlich ist es so gekommen: Eine riesige Erregung trieb mich in seine Arme, und bei der ersten Berührung war Schluss. So kam es dann immer in unserem Verhältnis, und da ich ihn nicht enttäuschen wollte, spielte ich Erregung vor. Die Beziehung endete für mich traumatisch.

Mit dem nächsten Freund ging ich ein liebevolles, romantisches Verhältnis ein. Ich war erregt und wollte innige sexuelle Berührungen - allerdings nur von Kopf bis zur Hüfte. Der Junge war leider sehr unerfahren, ihm fehlte die Leidenschaft, und so blieb ich mit meiner Lust alleine und empfand sie irgendwann mal nicht mehr.

Dann: 4 Jahre Enthaltsamkeit. Ich war im allgemeinen mit meinem Leben unzufrieden und dachte, dass ich zu viel Energie an sexuelle Gedanken verschwendet hatte und versprach mir, bis zur Ehe zu warten. Masturbiert habe ich trotzdem, jeden Tag. Mit 22 legte ich mich ins Bett mit einem Jungen, den ich schon immer attraktiv fand, und stellte mit einem gewissen Schrecken fest, dass ich....nichts empfinde.

Danach folgte meine Erasmus Phase, in der ich eine sehr glückliche Zeit erlebte und mein Libido ins unermessliche schoss. Ich habe entschieden, von meiner Enthaltsamkeit abzukehren. Vaginale Selbstbefriedigung, ungeduldiges warten auf Sex....und eine riesige Hemmung. Ich konnte mich einfach nicht dazu überwinden. Außerdem war die Scham noch da, dass ich mit 23 immernoch Jungfrau bin. Ich beschloss meine Jungfräulichkeit schnell zu verlieren, um mich ihrer nicht schämen zu müssen und ins sexuelle Leben frei einsteigen zu können. Das erwies sich als Katastrophe. Der Mann kam ein Jahr lang nicht in mich rein. Danach wurde er regelrecht weich, wollte mit mir alle möglichen Porno-Szenen nachspielen. Ich machte mit. Empfunden habe ich nichts.

Ab diesem Zeitpunkt ließen meine Fantasien nach. Der Gedanke an Sex war nur noch von der Angst begleitet, der Mann würde in mich nicht reinkommen können und seine Erektion verlieren. Und so sah ab diesem Zeitpunkt jedes sexuelle Verhältnis aus: ich habe eigentlich nie was gefühlt, mittlerweile habe ich auch keine Libido mehr. Nach langer Pause habe ich neulich einen Typen nach Hause eingeladen, auf den ich schon seit langem stehe. Wieder das gleiche - kaum war er da, verschwand jedes Verlangen. Sex ist für mich eine völlig mechanische, kontrollierte Tätigkeit. Oft muss ich mich alleine bekiffen, weil ich dann Verlangen verspüre und mir Sex mit dem Mann, der mir gefällt, bildlich vorstellen kann. Es wird so viel über Asexualität gesprochen, und ich finde mich in dem Spektrum wieder: Sex bringt mir rein gar nichts, lange Zeit hielt ich es für überflüssig. Ich warte immer, dass er schnell vorbei ist, lasse mich dabei nicht fallen. Ich habe auch keinen Sex mehr. Der Krux ist, dass mich das extrem unglücklich macht. Denn ich will das Gefühl der Erregung wieder spueren und mit einem Menschen, der mir gefällt, ausleben. Mir fehlt diese form der zwischenmenschlichen Nähe und ich bleibe unerfüllt. Wenn ich asexuell bin, lässt sich das ja nicht mehr ändern.