Die Frage finde ich recht schwer zu beantworten, weil man die Beziehung zu einem Haustier nicht mit der zu einem Freund/Lebensgefährten/Ehemann vergleichen kann. Also, Achtung, es wird lang.
Zum Punkt Liebe: Lieben tut man wohl beide, wenn auch nicht auf die gleiche Art. Genauso, wie man eine Freundin, sein Kind, seine Eltern oder Geschwister meist liebt. Ich könnte diese "Lieben" nicht reihen, denn sie sind unterschiedlich. Was ich jedoch kann, ist Prioritäten setzen, wem ich wie viel Zeit und Aufmerksamkeit schenken möchte ("möchte" heißt nicht unbedingt, dass dies in dem Ausmaß auch möglich ist). Das kann sich auch im Laufe der Zeit und abhängig von den jeweiligen Umständen ändern.
Auswirkungen auf das eigene Wohlergehen: Dann stellt sich für mich auch die Frage, welche Auswirkung hat die mit der jeweiligen Person (oder in dem Fall Hund) verbrachte Zeit auf mich. Brauche ich beispielsweise lange Spaziergänge oder Ähnliches, um Abzuschalten und Runterzukommen, wie andere vielleicht ihren Sport, Tagebuch schreiben oder jeglichen anderen Ausgleich brauchen? Dann heißt es nicht automatisch, dass man seinen Hund mehr liebt als seinen Partner, nur weil man seine Spaziergänge braucht und diese wichtig für das eigene Wohlbefinden sind.
Punkt Verantwortung: Wenn man sich ein Haustier zulegt, übernimmt man automatisch auch die Verantwortung, für dessen Wohlergehen zu sorgen. Denn das Haustier ist im Normalfall von dir abhängig, während der Partner meist auch recht gut alleine "überlebensfähig" ist. Sprich, solange ich nun keinen behinderten oder kranken und dadurch von mir abhängigen Freund habe, steht für mich die notwendige Versorgung des Haustieres im Vordergrund. Banales Beispiel: angenommen ich muss mich dazwischen entscheiden, ob ich meinem Hund etwas zu fressen mache, oder für meinen Partner koche, gewinnt eindeutig der Hund - der Mann kann sich auch ganz gut selbst etwas kochen oder notfalls zu essen bestellen, der Hund hungert sonst.
Geht es um die Zeit und Aufmerksamkeit, die man für den einen und den anderen aufbringen muss, gilt Ähnliches. Das Haustier hat nur dich, dh. du musst zwingend mit deinem Hund vor die Türe gehen und ihn auch beschäftigen bzw. dafür sorgen, dass es ein anderer an deiner Stelle tut. Dein Partner hingegen sollte sich auch mal 1,2 Tage ohne dich beschäftigen können. Komme ich also nach einem 14-Stunden-Arbeitstag nach Hause geht für mich der Spaziergang vor, wenn der Hund noch nicht ausreichend draußen war zu der Zeit. Auch, wenn ich an dem Abend dann keine Zeit mehr für meinen Partner habe - und anschließend nur noch tot ins Bett falle. Das muss aber nicht heißen, dass ich nicht lieber gemeinsam mit meinem Partner auf dem Sofa liegen und entspannen möchte - besonders im Winter, wenn es schon finster, kalt und vielleicht noch nass ist, sicher nicht immer ein Vergnügen, aber man ist eben verantwortlich.
ABER: im Gegenzug versuche ich mir dann bewusst Zeit für meinen Partner zu nehmen, wenn dies möglich ist! Beispielsweise am Wochenende, im Urlaub, mal ein freier Abend etc. ...
Allgemein gesprochen: der Hund ist Pflicht, der Partner die Kür. Der Partner hat die Möglichkeit, zu gehen, die der Hund nicht hat, wenn ihm das nicht passt.
Davon abgesehen Kommunikation bzw. Wissen: wenn das Haustier bereits vor der Beziehung da ist, dann sollte der Partner wissen, worauf er sich da einlässt und sich im Klaren sein, dass es da bereits ein abhängiges Wesen gibt (Abhängigkeitsverhältnis ähnlich (nicht gleich) wie bei einem Kind). Dann hat er die Möglichkeit zu entscheiden, ob er sich darauf einlässt oder nicht. Ob er damit leben kann, dass es dadurch immer wieder zu Kompromissen kommen wird und er sich die Zeit quasi teilen muss. Oder ob ihm das zu wenig ist oder er ein Eifersuchtsproblem damit hat.
Kommt das Haustier erst später hinzu, sollte darüber normalerweise gesprochen werden - falls nicht, frage ich mich sowieso, was das für eine seltsame Beziehung ist. Da stimmt dann doch schon etwas nicht.
Verständlich, was ich meine?