Aus verständlichen Gründen gibt es zu dem Thema wenige Forschungsergebnisse. Studien die von nachweislichen Reaktionen auf Schmerz ab der 36. Woche berichten, dürfen nicht als Evidenz dafür angeführt werden, dass der Fötus vorher nichts empfindet. Ein großer Fehler häufig von "Laien" angewendet wird ist es, fehlende repräsentative epidemiologische Ergebnisse mit" gibt es nicht" gleichzusetzen. Vielmehr muss man an dieser Stelle klar sagen "wir wissen es einfach nicht", man spricht von der Abwesenheit von Nachweisen, die mit Forschungsfortschritt aber vielleicht eines Tages möglich wird. Ein passendes Beispiel: bis in die 80er! Jahre gab es keine eindeutigen Ergebnisse der Schmerzforschung bei Neugeborenen. Man ging davon aus, dass bei ihnen die Nervenzellen noch unzureichend entwickelt wären um Schmerzen zu empfinden. Als Folge wurden bei ihnen sogar chirurgische Eingriffe ohne Narkose durchgeführt! Heute hat die Schmerzforschung jedoch Erkenntnisse darüber, dass Neugeborene und auch Frühgeborene, sehr wohl Schmerz empfinden und dies auch zeigen können. Wir müssen also vorsichtig sein, ein so bedeutsames Thema wie Abtreibung für uns persönlich darauf zu begründen, dass wir noch über lückenhaftes Wissen über frühes Schmerzempfinden von Föten verfügen.

Was wir sicher von der Entwicklung des Fötus wissen ist: ab 8-10 Wochen nach der Zeugung reagiert es auf Berührungen, anfangs vor allem in der Mundregion, ab der 11. SSW lutschen viele Föten an ihrem Daumen, wie oft im Ultraschallbild zu sehen ist. Dies ist mehr als nur ein spontaner Reflex, es erfordert gezielte und koordinierte Bewegungen sowie ein gewisses "Positivempfinden des Erlebnisses". Nach 20 Wochen reagiert das Kind am ganzen Körper auf Stimuli in einer Weise, die allgemein als Zeichen von Schmerzempfinden angesehen werden (z.B. Zurückzucken, Ausweichen, Zittern).

 Nicht unerheblich sind zahlreiche, ähnliche Beobachtungen von medizischem Fachpersonal. Es wird von Ultraschall-Aufnahmen von Abtreibungen berichtet, bei denen auch schon junge Föten (vor 12.W) erregte, hektische Bewegungen bei Öffnung des Muttermundes vollziehen sollen oder "Fliehbewegungen" in die äußeren Winkel der Gebärmutter machen. Diese Beobachtungen finden sich nicht selten, sollten also nicht einfach übergangen werden. Zudem ist nachgewiesen, dass die Herfrequenz der Föten sich bei einer Abtreibung erheblich erhöht was auf Stress und nach dem Berner Schmerzscore (einem internationalen Prüfinstrument) auf Schmerzen hinweisen kann.

Es ist also davon auszugehen, dass Empfinden und Erregung durchaus vom Fötus empfunden wird. Fälschlicherweise wird auch des öfteren als Argument herangezogen, dass Föten keinen Schmerz empfänden, da Schmerzempfindung und Bewusstsein postnatal im Kortex (der Großhirnrinde) lokalisiert sei, dieser sei im 2. Trimester noch nicht ausgebildet, sodass Ungeborene zu diesen Empfindungen nicht fähig seien (siehe Royal College of Obstetricians and Gynaecologists 2010). Diese Argumentation ignoriert jedoch das klinische Faktum, dass die Ablation (Entfernung oder Beschädigung) der Hirnrinde (Kortex) wie auch des Thalamus (Teil des Zwischenhirns) das Schmerzempfinden des erwachsenen Menschen nicht ändert (siehe hierzu Studien von Neurophysiologen Professor K. J. S. Anand, Mitbegründer der Schmerzforschung bei Neugeborenen). Schmerzen werden also weiterhin empfunden, möglicherweise weil weitere neuronale Bereiche, die noch unzureichend erforscht sind, am Schmerzempfinden beteiligt sind. Diese können bereits weit früher entwickelt sein als der Kortex.

Zudem müssen Studien zu fehlendem Schmerzempfinden bei Föten, bei denen auch Gynäkologen mitgewirkt haben (wie in oben genannter) stehts auch kritisch betrachtet werden, da diese finanziell (und das nicht gerade unerheblich) von der Durchführung von Aborten profitieren. Eine Studie ist nicht gleich ein Fakt. Ergebnisse von Studien seien immer kritisch zu betrachten, ihre Ergebnisse auf Signifikanz zu überprüfen und die Motive und mögliche Befangenheit der Autoren zu hinterfragen.

Also ja es ist nicht auszuschließen, dass der Fötus Schmerzen empfindet. Bei den Abtreibungsmethoden, die sagen wir mal, nun doch sehr rabiat sind (Vakuumsaspiration /Ausschabung), ist eigentlich davon auszugehen, dass der Fötus, der bereits seit der 8. Woche Berührungen außerhalb der Gebärmutter wahrnimmt und darauf regiert, die Abtreibung sehr wohl spürt und entsprechende Empfindungen (in welchem Ausmaß ist eben nicht definierbar) empfindet.

Weitab der Forschung sind in diesem Kontext auch sehr interessant, die Berichte von Abtreibungsüberlebenden, die nicht nur von körperlichen sondern auch von seelischen Folgen durch die unerfolgreiche Abtreibung erleben. Die Prozedur scheint sich also auch im frühen Stadium nicht unerheblich auf das Bewusstsein auszuwirken.