Obwohl eineiige Zwillinge aus ein und derselben Eizelle hervorgehen und daher über exakt die gleiche genetische Ausstattung verfügen, sind sie nicht zwangsläufig identisch (z.B. Fingerabdrücke, Leberflecken, Muttermale). Zuweilen unterscheiden sich die Geschwister bezüglich ihrer physischen und psychischen Merkmale sogar sehr deutlich voneinander. Man erklärt dieses Phänomen mit sich unterschiedlich entwickelnden epigenetischen Profilen der Zwillinge, d. h., unterschiedliche Expressionsmuster können bei den Geschwistern zu unterschiedlicher Ausprägung bestimmter Merkmale (Phänotypen) führen. Wichtige epigenetische Mechanismen, die die Genaktivität bei unveränderter DNA-Sequenz (Abfolge der Nukleotide) der DNA beeinflussen, sind vor allem DNA-Methylierung und Histon-Acetylierung. In einer neueren Studie[5] (2005), die sich auf die Untersuchung dieser Mechanismen konzentrierte, fanden sich bei etwa einem Drittel der Zwillingspaare unterschiedliche epigenetische Muster. Dagegen wiesen zwei Drittel der insgesamt 80 Zwillinge im Alter zwischen drei und 74 Jahren identische Profile auf.
Mit zunehmendem Lebensalter der eineiigen Zwillinge prägen sich Unterschiede im Muster der Genexpression immer deutlicher aus – dagegen lassen sich die Geschwister in frühen Phasen ihres Lebens epigenetisch nicht voneinander unterscheiden. Interessanterweise sind die Abweichungen bei Zwillingen umso stärker, je weniger Lebenszeit miteinander verbracht wurde. Das stützt die Vermutung, dass Umweltfaktoren wie Rauchen, Ernährung oder körperliche Aktivitäten das epigenetische Profil beeinflussen. Auch das Erleiden verschiedener Krankheiten im Lauf des Lebens scheint hierbei eine Rolle zu spielen