Zunächst einmal stand Deutschland vor einer weit ungünstigeren Ausgangssituation. Schon die geographische Lage in der Mitte Europas sowie die politische Zersplitterung des Alten Reiches mit seinen mehr als 300 territorialen Einheiten wirkten sich außerordentlich hemmend auf die wirtschaftliche Entwicklung aus. Immer wieder war das Gebiet des Reiches Schauplatz von Kriegen gewesen, die schwere Verwüstun¬gen hervorgerufen und große Teile des Sozialprodukts aufgezehrt hat¬ten. Die Intensivierung der noch schwach ausgebildeten binnenwirt¬schaftlichen Verflechtungen wurde durch das ständige Kriegsrisiko ebenso behindert wie durch die Vielfalt der Zollschranken, die unter¬schiedlichen Maß-, Münz- und Gewichtssysteme, die Stapelrechte und Handelsmonopole. Auch verkehrsgeographisch war der deutsche Raum um 1800 sehr viel schlechter erschlossen als der des industriellen Pionierlandes Großbritannien. Zudem hatte Deutschland auch an der überseeischen Kolonial- und Handelsexpansion, die von den westeuro¬päischen Nachbarn mächtig vorangetrieben worden war. lange Zeit nur einen sehr bescheidenen Anteil genommen.

Zur Rückständigkeit gegenüber der Entwicklung der britischen Wirtschaft trugen weitere Faktoren bei. Gewiss war um 1800 auch Deutschland kein reines Agrarland mehr, aber seine Wirtschaft wurde doch weit mehr als die britische noch vom primären Sektor geprägt. Man hat die deutsche Gesamtbevölkerung (in den Grenzen von 1871, außer Elsass-Lothringen) um 1815 auf etwa 23 Millionen geschätzt. Da¬von lebten noch 90% in Dörfern oder Städten mit weniger als 5000 Ein¬wohnern. Auch wenn das ländliche Nebengewerbe gerade im Laufe des 18.Jahrhunderts stark an Bedeutung gewonnen hatte und die in vielen deutschen Gebieten sehr enge Verknüpfung von landwirtschaftlicher und gewerblicher Tätigkeit genaue Zahlenangaben erschwert, darf doch angenommen werden, dass um die Wende vom 18. zum 19. Jahr¬hundert noch immer zwischen zwei Drittel und drei Viertel der Bevöl¬kerung überwiegend in der Landwirtschaft tätig waren.

Hans-Werner Hahn; Die Industrielle Revolution in Deutschland ; Oldenbourg Verlag, München 2005; S. 4.

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frohes schaffen ))

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