Zunächst mal: Gute und wichtige Frage! :)

Das ist wohl bei jedem Menschen anders, kann man also nicht so pauschal sagen von der Meinung bzw. vom Empfinden her ("perception is reality"), aber man kann ein generelles, objektives Fazit ziehen, dazu unten mehr.

Ich persönlich wäre lieber nicht geboren worden, zumindest nicht auf dieser Welt, oder aber als kleines Kind verstorben. Ich habe und hatte es immer schwerer als andere in vergleichbarer Situation. Als Asperger-Autist nehme ich diese Welt anders wahr als die Normalen, intensiver, hintergründiger, absoluter, gleichzeitig erlebe ich Unrecht viel eher am eigenen Leib als andere, kann mich somit auch besser in andere Unrechtsopfer hineinversetzen. Mit Unrecht meine ich so ziemlich alles, was objektiv unmoralisch, unethisch, ungerecht ist. Als Christ habe ich natürlich erst recht sehr hohe Ansprüche an die Menschen, damit für mich jemand "gut" ist, muss er schon extrem altruistisch usw. sein. Natürlich habe ich auch einen Anspruch an die Welt als Gesamtheit, z.B. gerechte Arbeitsbedingungen und Vermeidung von Armut und Diskriminierung uvm. Und man muss leider sagen, auf dieser Welt ist das wenigste davon verwirklicht. Die meisten Probleme dieser Welt wären früher oder später gelöst, wenn die Menschen anfangen würden, sich zu bessern und Buße zu tun! Das schlechte aus sich zu verbannen. Fehler einzusehen. Um nur einiges davon zu nennen.

Aber auch vom intuitiven Empfinden her erscheint mir diese Welt mitnichten als lebenswerter und fröhlicher Ort. Es ist halt die Frage, was man für eine Anspruchshaltung hat. Wenn man es ok findet, seine Frau zu betrügen, Mitschüler oder Arbeitskollegen zu verprügeln, mal was mitgehen zu lassen, Bestechungsgelder anzunehmen, es mit der Wahrheit nicht allzu genau zu nehmen oder sogar ab und zu mal irgendwo einzubrechen und den ein oder anderen umzulegen, dann ist diese Welt einfach ideal.

Ich aber strebe eine Welt an, in der alles perfekt ist, wo nur noch das Gute existiert und alles Leiden ein Ende hat, und nur in so einer Welt würde es mir wirklich gut gehen, nur dort würde ich gerne leben wollen und dort wäre ich gerne geboren worden (in so einer Welt wären die Menschen aber zwangläufig asexuell, da Sexualität viele Probleme verursacht). Diese Welt wollten aber die Menschen nicht, daher wurde sie ihnen verschlossen.

Nun, die Menschen sind oft auch mit dem wenigsten zufrieden, sofern sie es nicht anders kennen, weshalb auch die Leute in ärmeren Ländern recht lebensfroh sind. Sie können nur darüber lachen, wie sich ein Deutscher beschwert, für den deutschen Mindestlohn arbeiten zu müssen, nur ein Zimmer für sich allein zu haben o.ä.

Aber, wenn man es so gewohnt ist, dann erwartet man es auch, dann kann man unter schlechteren Bedingungen nicht einfach so glücklich sein, erst nach langer Zeit. Viel zu besitzen macht aber auch nicht unbedingt froher und gelassener. Als es z.B. noch kein Internet gab, haben die Menschen viel mehr Freizeit gehabt, da musste man nicht jeden Tag eine Stunde auf Facebook unterwegs sein. Also, alles hat Vor- und Nachteile.

Doch angesichts der Skrupellosigkeit und Schlechtigkeit der Menschheit ist das hier keine Welt, auf der ich "gut und gerne" lebe, ich meine, selbst objektiv gesehen habe ich für deutsche Verhältnisse recht viele Probleme. Als Autist hat man es sehr schwer im Leben, einerseits, weil man überall benachteiligt wird, gemobbt wird, gemieden wird, nicht mit Menschen kann usw., aber selbst ein Autist mit Job, Haus, Frau, Auto usw. ist viel gestresster und erschöpfter als ein Normalbürger. Für uns sind auch "normale" Situationen belastend genug. Und wenn man in einem Industrieland lebt, ist man sowieso gewohnt, verwöhnt zu sein. Ich habe mich z.B. gefragt, als es hieß, die Flüchtlinge wollten in Europa ein besseres Leben, wo ich denn eigentlich hin soll, um es besser zu haben, schließlich gefällt mir in meinem Land ja auch vieles nicht. Aber ich kenne es nicht anders, Wohlstand ist für mich normal und nichts besonderes.

Aufgrund des vielen Leids, dass sich Menschen hauptsächlich gegenseitig antun, wodurch praktisch jeder in seinem Leben mit einer gewissen Portion an Leid konfrontiert sein wird, tut mir eigentlich jedes Kind leid, dem die Existenz auf diesem Planeten zugemutet wird. Gerade in solchen Ländern, wo es schon etwas besonderes ist, einmal satt zu werden. Letztendlich ist das Leben sinnlos, wenn man nicht auf eine Verbesserung in einem potenziellen Jenseits abzielt. Wer also keine Kinder in die Welt, ersparte ihnen so einiges, und die positiven Dinge kann man auch nicht vermissen, wenn man gar nicht existiert.

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