Was tun gegen Geltungssucht, Eitelkeit und Überlegenheitsdrang?

Hallo! Ich bin 20 Jahre alt und was ich gleich schreibe, ist etwas seltsam. Bitte verurteilt mich nicht dafür.

Als ich 14 war versuchte ich mich intellektuell weiterzubilden. Mein Wortschatz und Wissen vergrößerten sich rapide. Ich liebte es philosophische Ansätze zu verknüpfen und auszudiskutieren. Lehrer lobten mich für meine Aufsätze. Ich war das wandelnde Lexikon und sogar Lehrer fragten mich nach der Bedeutung von Fremdwörtern. Ich genoss es, von allen als schlau bezeichnet zu werden, blieb aber unprätentiös. In der 11. Klasse sagte man mir, dass ich schon längst in die Uni gehen könne.

Ständig wird mir gesagt, ich mache einen intelligenten Eindruck. Äußerlich blieb ich bescheiden, aber innerlich tat das gut. Indem ich das genoss, wurde ich immer eitler, arroganter und egozentrischer.

All meine Tagträume drehen sich um Anerkennung und Bewunderung von anderen Menschen. In diesen sehe ich mich meistens aus den Augen von Menschen, von denen ich viel halte, sehe mich kluge, tolle Dinge sagen und versuche ihre positive Rezeption dessen zu empfinden. Ich verbringe einen großen Teil meines Tages mit dieser Träumerei.

Wenn ich Menschen treffe, bei denen ich denke sie könnten intelligenter und toller sein als ich, werde ich wütend und führe in meinem Kopf Dialoge mit selbigen um von ihm selbst zumindest als ebenbürtig akzeptiert zu werden.

Was eng damit zusammenhängen könnte, ist mein enormer Perfektionismus . Ich habe in der Schule nicht 100% gegeben und daher nur ein Abischnit von 1,6 erreicht. Da ich damit aber nicht sofort an mein Medizinstudium kam, hatte ich Minderwertigkeitsgefühle.

Wie sollte ich mein Problem angehen? Am Liebsten würde ich das Problem alleine lösen, mir ist aber bewusst, dass es ein langer Weg sein wird, weil ich wirklich durch und durch von diesem Drang durchdrungen bin: Ich habe mich schon selbst etliche Male in den letzten Tagen erwischt, wie ich diese Erkenntnis wieder dazu nutzen suche, mich über andere zu stellen, mich toll zu fühlen, weil ich der Wahrheit über mich selbst näher gekommen bin und all der Schmarrn. Also: Wie kann ich gegen dieses übertriebenene Geltungsbefürfnis ankämpfen?

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Hallo!

Ich finde deinen Beitrag und deine Frage sehr gut. Du bist -glaube ich- nicht die Einzige, die sich diese Fragen stellt und ich (als Erzieherin im Dienst) lobe dich aufrichtig dafür, dass du sie stellst und damit auch Andere zum Nachdenken bringst. Es ist ein gutes Zeichen, dass du dich weiterentwickeln willst. Wer ehrlich mit sich selber umgeht und bereit ist, sich immer wieder zu verändern zu einem Besseren hin (nicht zum Perfekten hin, was praktisch unmöglich ist), der ist, denke, ich auf einem guten Weg.

Meine Antwort reiht sich in die der anderen oben ein. Ich könnte dir aus eigener Erfahrung und Begleitung anderer junger Menschen folgende Ratschläge geben:

  1. Sag dir ab und zu mal selber (mit einem Lächeln auf den Lippen): "Nimm dich nicht so wichtig!"(Besonders, wenn die Träumereien beginnen). Da ist es wichtig, einfach "Stopp" zu sagen, weil kostbare Zeit verloren geht. Solltest du aber wieder einmal "träumen", fühle dich nicht schuldig, sondern sage einfach: "Ok, jetzt höre ich auf damit!". Wir müssen manchmal mit uns selber sprechen wie mit "kleinen Kindern", die man aufmuntern und wieder dazu bringen muss, dass sie ihre Hausaufgaben machen :)
  2. Thema Eitelkeit: Die hat jeder von uns und sie äußert sich in sehr unterschiedlicher Weise. Wir werden immer wieder darauf kommen, dass wir Ehre und Anerkennung gesucht haben. Wenn es dir auffällt und es dir Leid tut, sage dir einfach: "Nächstes Mal mache ich es anders und etwas besser!" Und dann lege den Gedanken bei Seite. Ein Versagen soll uns nicht die Freude an unseren Aufgaben nehmen.
  3. Jeder Mensch braucht Jemanden, dem er frei sein Herz öffnen kann. In manchen Ländern fördert man, dass Studenten an der Uni einen Tutor/in haben. In der Kirche haben Menschen einen geistlichen Begleiter/in. Andere haben Eltern, mit denen sie offen sprechen können. Es kann auch Jemand professionelles sein, der "Supervision" macht. Oder eine gute Freundin/Freund, der die nötige Reife hat, gut zuhören und Dinge objektiv beurteilen kann. Es ist gut, sich regelmäßig mit Jemanden deines Vertrauens auszutauschen und eigene Ansichten in einer gesunden Atmosphäre zu konfrontieren. Dann kommen wir weiter! Keiner muss im Leben alleine seinen Weg gehen!

Das sind so ein paar Tipps. Es gibt sicher noch mehr. Dir und allen wünsche ich alles Gute!

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