Hallo Ultrakay,
Ich kann dein Gefühl absolut nachempfinden und hoffe, dass ich dich wenigstens ein bisschen aufbauen kann.
In meinem Umfeld ist es schon oft vorgekommen, dass mir Freunde erzählten, dass sie sich in ihrer Ausbildung/Studium total fehl am Platze fühlen. Das ist natürlich nicht unbedingt ein Phänomen unserer modernen Zeiten, unseren Eltern ist es vielleicht ähnlich ergangen, dennoch ist mir klargeworden, dass unsere Gesellschaft und nicht zuletzt unsere Bildung von erheblicher Doppelmoral geprägt ist. Da werden Träume und Hoffnungen geschürt, man könnte heutzutage werden, was man will und quasi alles erreichen. In der Realität ist das jedoch nur schwer umzusetzen. Da ist Enttäuschung vorprogrammiert.
Ich habe Abitur und mir wurde von allen Seiten gesagt: "Auf die Noten guckt nachher niemand mehr." Dementsprechen sahen meine Noten auch aus. Nun wollte ich unbedingt studieren, weil ich das Gefühl hatte, mein Umfeld würde das gewissermaßen von mir erwarten, wo ich nun Abitur hatte. Mit meinem Notendurchschnitt war die Auswahl allerdings recht beschränkt. Dass ich mich nur nach den anderen richte, wurde mir erst klar, als ich schon wieder den Studiengang gewechselt habe. Dreimal angefangen, nichts zuende gebracht.
Dann bin ich mal in mich gegangen und habe mich gefragt, was ich eigentlich will. Ich hatte das Glück ein Langzeitpraktikum in meiner Wunschbranche zu machen. Leider war es zu der Zeit nicht möglich, dort eine Ausbildung zu machen und das Geld wurde knapp. Also habe ich eine Ausbildung bei einem anderen Betrieb angefangen, die ich "auch ganz in Ordnung fand". Bis ich dann nach einem Jahr feststellte, dass ich todunglücklich bin. Wieder in die Falle getappt.
Jetzt bin ich 26, habe auch diese Ausbildung erfolgreich abgebrochen, wohne technisch gesehen bei meinen Eltern, kann nichtmal Miete zahlen. Morgen geht's erstmal zum Amt, um mich arbeitslos zu melden. Mit etwas Glück kann ich bald als ungelernte Kraft in dem Betrieb arbeiten, der mich damals als Praktikant beschäftigte. Und mit etwas mehr Glück kann ich da auch im Herbst eine Ausbildung anfangen.
Ich rate dir, so doof das auch klingt: Hör auf dein Herz! Schau dich nach einem Beruf um, in dem du dir vorstellen kannst, auch in 10 oder 20 Jahren noch zu arbeiten. Und vor allem sollte es ein Beruf sein, der wirklich deiner Leidenschaft entspricht. Ich dachte auch, es würde reichen, wenn ich gute Ergebnisse im Beruf erziele, was auch der Fall war. Aber tagein, tagaus etwas zu tun, das einem eigentlich widerstrebt, macht auf Dauer einfach nur krank. Erst seelisch, dann irgendwann auch körperlich.
Ich wünsche dir, dass du bald deinen Platz findest, der dich erfüllt und dir aufrichtig Freude bereitet. Und mach dir keine Sorgen, dass du deinem Umfeld zur Last fallen könntest. Wichtig ist nur, dass du hundertprozentig hinter deinen Entscheidungen stehst.