Also zunächst ist Spanien ein familienbetontes Land, Deutschland ein Land voller Individualisten, die selbst im Urlaub nicht Touristen genannt werden wollen.
Praktisch bedeutet das, dass spanische Jugendliche ein sehr enges Verhältniss zu ihren Eltern, Großeltern und Geschwister haben. Dort einen Vater und jugendlichen Sohn Arm in Arm laufen zu sehen, ist keine Seltenheit. Auch sind die Cliquen kleiner, meist mit sehr familiärer Besetzung.
In Spanien macht es auch weder den Eltern noch Jugendlichen etwas aus, noch mit 30 oder drüber zusammen zu wohnen. Man bevorzugt das Elternhaus gegenüber der Wohnung mit seiner Freundin und zieht meist erst zusammen, wenn man heiratet oder mietet sich eine Wohnung, wenn man woanders studiert, kommt aber am Wochenende nachhause. Das Tendenziell gesehen, es gibt natürlich Ausnahmen. Doch in Spanien und Latinoländern hat das eigene (gekaufte) Heim vorrang vor jeglicher Mietwohnung, welche unterrepräsentiert sind.
Dann kommt hinzu, dass Spanier generell studieren und keine Lehrberufe ausüben. Das Angebot an der Formación Profesional (Berufsausbildung) ist auf wenige Berufe beschränkt, selbst Krankenpfleger oder KFZ-Mechaniker studiert man.
Mit 15 Jahren eine Ausbildung anzufangen, würde in Spanien als Kinderarbeit gelten. Jugendliche bis 18 Jahren sollten in die Schule oder zur Uni gehen und nicht arbeiten.
Kinder und Jugendliche genießen in Spanien besondere Vorrechte und können i.d.R. nichts falsch machen. Sie sind das Gut der (kinderfreundlichen) Gesellschaft. Lärm, dass mal was zu Bruch geht oder sonstige Fehler werden nicht als solche angesehen, sondern als Teil einer normalen Entwicklung.
In Spanien lebt man jede Lebensetappe aus. Kinder, Jugendliche, eine Freundin (de novios), verlobt sein, verheiratet sein, in Rente gehen, etc. Man macht nicht den 2. Schritt vor dem ersten und Freund bzw. Freundin stehen zu Beginn einer Beziehung hinter vielen anderen Sachen, die in dieser Etappe noch erledigt werden müssen (feiern, sich nicht ums Geld oder Verantwortung zu kümmern, usw.).
Ansonsten ist das Leben in Spanien und Deutschland ja auch ziemlich gegenteilig. Spanier essen sehr spät, vor allem im Süden. Es werden keine Mahlzeiten übersprungen, wie z.B. in Deutschland, d.h. man mampft nicht schnell mal einen Döner oder geht zum Bäcker, sondern isst immer zuhause oder im Restaurant mit Freunden und Verwandten. Das Abendessen beginnt spät und dauert lange, weil dazu auch ein Plausch mit der Familie gehört. Erst dann, nach Mitternacht, trifft man sich auf Straßen und Plätzen mit Freunden und geht spätnachts in die Clubs und Discos der Stadtzentren.
Spanier reden laut und keiner fasst dieses als Lärm, sondern als Leben auf. Kinder und Jugendliche werden sehr beschenkt, es wird ihnen viel Verständnis entgegengebracht und die Leute geben sich wirklich mit ihren Kindern ab.
Keiner hat das Recht ein fremdes Kind oder einen fremden Jugendlichen zurechtzuweisen. Das ist Sache der Eltern. Ansonsten sprechen aber auch Leute beim Spazierengehen, im Bus oder sonst wo miteinander, auch wenn sie sich nicht kennen.
Die gemeinsame Grundtendenz ist "desenfado", also eine angenehme Grundstimmung, kein "Hals" oder Agressionen. Spanier sind ein sehr friedliches Volk und sehr kommunikativ. Es werden munter die Eindrücke des Augenblicks und Hier und Jetzt ausgetauscht, weniger über Beruf, Status oder starre Sachen gesprochen.
Eine Clique Spanier veräppelt sich (i.d.R.) auch nicht. Da herrscht ein Gemeinschaftsgefühl vor und jede(r) ist bemüht, eine gute Zeit zu verbringen. Probleme sind kein Thema, denn sie werden nicht so pathetisch behandelt wie in Deutschland und deshalb gibt es wenig bis fast keine Gründe, schlechte Laune zu haben. Geht was schief, helfen andere aus.
Alles was die Eltern besitzen, gehört auch den Kindern. Es wird nicht unterschieden, wessen Auto oder Wohnung das jetzt ist, wenn mehrere vorhanden sind. Etc.