Über die Qualität eines DDR Abiturs kann nur jemand seine Schlüsse ziehen, der es in der DDR abgelegt hat, UND, der anschließend Gelegenheit hatte, es mit den Anforderungen zu vergleichen, die an einen Abiturienten aus den alten Bundesländern gestellt wurden. Diese Gelegenheit hatte ich. Im Osten ABI abgelegt, und gesehen, wie leicht und komfortabel es dann die eigene Tochter ihr ABI bewerkstelligen kann. Fächer abwählen! Das gab es beim OST-ABI nicht! 1985 befand man unser DDR Abitur für nicht gleichwertig mit dem WEST Abitur, ja, minderwertig. Bayern war Vorreiter in abartiger Arroganz und Blasiertheit. Damals konnte ich noch nicht einschätzen, was die so daherschwätzenden Westdeutschen tatsächlich auf dem Kasten hatten, aber nachdem meine Tochter im Westen eingeschult worden war, hat mich die Art und Weise des Unterrichts in der ersten Klasse schon mehr als verwundert. Da gab es eine Kuschelecke im Klassenzimmer, und Kinder, die keinen Bock mehr hatten, konnten sich dort während des Unterrichts hinlegen.

Am Ende der ersten Klasse war der Wissensfortschritt zu einer Gleichaltrigen, in einer Dresdner Schule, frappierend. Ich habe noch zwei Mathebücher zum Vergleich aufgehoben. Ein Ost und ein Westbuch. Hier im Westen sagte mir eine Oberstudienrätin mit zwei eigenen Kindern dazu: "Nun, es ist überhaupt nicht nötig, dass man die Kleinen bereits so "überfordert" . Das tut der kindlichen Psyche nicht gut. man kann sie sanft lernen lassen, und sie werden auch irgendwann den Doktortitel erreichen. Im Osten ist da zuviel Drill.
Die Kinder sind inzwischen groß. Die Freundin meiner Tochter - die ihr ABI in 12 Jahren in Dresden schaffte, ist heute in der Forschung an der Mayo-Klinik tätig. Eins der Kinder der Oberstudienrätin ist auch Pädagoge, ihre Tochter hat ein eigenes Friseurgeschäft. Meine Tochter ist nach dem ABI in Stuttgart, an die TU Dresden gegangen und hat dort feststellen müssen, dass sie Nachholbedarf gegenüber den Ost Abiturienten hatte. Wie ist das zu verstehen?

Das Bildungssystem hier ist hoffnungslos veraltet, und es soll so bleiben. Das ABI in 12 Jahren ist zu "stressig" Entschuldigung, aber dieses Wort gab es zu meiner 12-jährigen ABI-Zeit im Osten gar nicht. Ich konnte meiner Tochter in allen Fächern helfen, während sie durch ihr 13-jähriges ABI musste, und das nach ca. 25 Jahren.

Im Gegensatz zu ihr hatte ich auch keine Probleme in Orthographie und Interpunktion, was hier im Westen aber kein großes Problem zu sein scheint. Ich sehe hierin den Grund für die Liberalisierung der Interpunktionsregeln. Wenn sie sowieso keiner mehr kennt, weicht man sie auf und überlässt es dem Geschmack, wo ein Komma hinkommt, nicht wahr? Und was mich wirklich entsetzt: Antworten, die Jugendliche auf Fragen in Sachen Allgemeinbildung geben. Im Osten hieß die Schule: Polytechnische Allgemeinbildende Oberschule - und das tat sie auch. Wie viel Grad ein rechter Winkel hat, was "frankieren" bedeutet, wie Photosynthese abläuft, oder wo der Eiffelturm steht ( nämlich NICHT! in der Eifelgggg), das ein Eisprung keine Osterritual ist , das wusste am Ende der 10. Klasse auch der mit dem "Genügend" Abschluss!

Es gibt tausende Beispiele - von denen ich nur ein paar absolut lächerliche genannt habe. Es tut mir gut, zuzusehen, wie sich nun die Spreu vom Weizen trennt, und dass nun endlich den Überheblichen der Wind aus den Segeln genommen wird.

Und falls sich das Bildungsministerium dazu entschließen sollte, den Lernstoff für ein 12-jähriges ABI abzuspecken, weil es den "armen, gestressten Schülern" nicht zuzumuten ist, wird es eine Katastrophe geben. Vielleicht stockt man es besser auf, bis es das Niveau von einem Ost ABI erreicht hat.

Ich könnte auch erklären, wie es spielend zu bewältigen wäre ohne "gestresst" zu werden. Die Methode stammt ebenfalls aus dem Osten. Man nehme 16 bis 18 Schüler für eine Klasse, besorge genügend gut ausgebildete Lehrer, versorge die Schüler in der "Großen Pause" mit einem gesunden Imbiss. Garantiere das Einnehmen des Mittagessens nach dem Unterricht für alle Schüler an der Schule, und biete den Schülern danach qualifizierte Hausaufgabenbetreuung.

Mit 30 - 32 Kindern, von denen 60 % aus verschiedenen Gründen dem Unterrichtsstoff gar nicht folgen können, sei es, weil sie nicht richtig deutsch können, oder aus mannigfaltigen anderen Gründen, ist auch jeder superkompetente Pädagoge überfordert.

Es gäbe Lösungen! Allerdings kosten die eben Geld und das bekommt ein anderes Ministerium. Daher ist Bildung hierzulande etwas für die Kinder der Eltern mit Geld.

Die können nämlich für den Staat in die Presche springen. Daher kann der Staat sich auch aus seiner Verantwortung stehlen. Dafür hat er doch Sta(a)tistiker, die ihm (dem Staat) bescheinigen, dass wohl Bildung was mit dem Sozialstatus zu tun hat.

Fein! Fein raus! Hat doch nichts mit Bildungspolitik zu tun - andere Baustelle, Gottseidank. :-(((((

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