Zum Rappen im Allgemeinen.

Als ich das erste Mal gerappt habe lief das so: Ein Bekannter sagte, er will einen Song machen, braucht da noch einen Part und ich soll was schreiben. Dafür dass ich "ins kalte Wasser" geworfen wurde, klappte das meiner Meinung nach recht gut, aber ich brauchte bestimmt 1-2 Monate Übung, bis ich nicht mehr darauf angewiesen war, den Beat ganz lange zu hören und im Kopf 1-2-3-4 mitzuzählen. Ab da klappte es immer besser.

ABER: Englischer Rap ist eine andere Musikrichtung als Deutschrap! Es kommt zum Teil auf völlig andere Dinge an!

In der Deutschen Rapszene liegt das Augenmerk hauptsächlich auf den Reimen und wie gut diese geschrieben sind. Das kann man üben in dem man es JEDEN TAG MACHT, dann wird es so gut, dass ihr nicht über das was ich EBEN SAG LACHT. Wenn Leute von Raptechnik oder von "Flow" reden, meinen sie die Geschwindigkeit relativ zum Takt (Also Halftime, Doubletime etc. wobei oft jeder halbwegs schnelle Rap gleich als Doubletime bezeichnet wird, auch wenn das musiktheoretisch falsch ist).

In der Amerikanischen Rapszene wird guter Rap eher über die rhythmische Ausdrucksfähigkeit eines Rappers definiert. Da gehören Reime und die Fähigkeit im Takt zu bleiben eher zur Grundausstattung, ohne die man sich gar nicht "auf die Straße traut". Ob man ein guter Rapper ist oder nicht entscheidet sich erst auf einer Ebene später. Die Skills auf die es hier ankommt sind viel mehr vergleichbar mit denen, die man auch an einen guten Musiker, oder aber auch an einen Redner, oder Entertainer stellt. Oder Vereinfacht gesagt: Während Deutscher Rap daran gemessen wird, wie gut der Rapper mit Zettel und Stift umgeht, wird Amerikanischer Rap daran gemessen, wie gut ein Rapper mit deme Mikrofon umgeht. Texte nachzurappen, oder sie sich schreiben zu lassen ist daher in den USA auch lange nicht so ein Drama wie das im Deutschrap der Fall ist. Amerikanischer Rap ist also eher Musik, während Deutschrap eher Dichtung ist.

Das ganze hat mehrere Gründe:

Im Englischen die allermeisten Vokale - gerade in langen Wörtern auf das sog "e-Schwa" oder das kurze "i" reduziert (Ja, ich habe nebenbei auch Englisch studiert, ich weiß also wovon ich spreche), das hat nichts mit "Nuscheln" zu tun, sondern das ist Sprachstandart. Lange Rede, kurzer Sinn: Doppel, Dreifach und gar 8 Fach Reime wirken im Englischen einfach nicht so wie im Deutschen.

Die Englische Rapszene steht auch heutzutage noch in der Tradition von Jazz, Blues, Soul und Funk. In Deutschland gibt es diese Tradition nicht.

Rap basiert auf dem Soziolekt der Afroamerikaner und auch dem der Latinos. Ausdruck über modulation ist in diesen Sprachen noch einmal wichtiger als im "normalen Englisch".

Die erste Deutsche Rapszene, die mit den Fanta 4 entstand und dann nach Hamburg überschwappte hatte eine deutlich "amerikanischere" Auffassung von Rapflow und Raptechnik, wurde aber von den Rappern der zweiten Welle, den sogenannten "Straßenrappern" nicht akzeptiert und an den Rand gedrängt.

In der Englischen Alltagssprache sind Modulation und Betonung viel wichtiger als im Deutschen. Der sogenannte "Subtext" schwingt im Deutschen auch in grammatikalischen Entscheidungen und durch sog. Modalpartikel mit. Im Englischen ist Intonation oft alles was du hast. Ein "Harter Kerl" wie Kollegah oder Azad würde im Englsichen nicht als harter Straßenrapper rüber kommen, sondern wie jemand, der sich nicht richtig traut zu sagen was Sache ist - und das bevor auch nur eine Silbe des Inhalts verstanden wurde. Das ist ein enormer kultureller Unterschied! Das soll jetzt kein Diss gegen Kollegah sein. Sei Rap passt ja zur Deutschen Kultur - nur was wir hier als "präzise", "abgezockt" und "hart" wahrnehmen wird in der englischen Sprache als "unsicher" und "weich" wahrgenommen.

Wenn du jetzt also auf Englisch rappen wills,

musst du in erster Linie sehr gut Englisch sprechen können und ein Gefühl dafür haben, wie diese Sprache Emotionen jenseits der lexikalischen Ebene transportiert.

Zum Nachrappen und zum Erfahren der ganzen Bandbreite, möchte ich dir folgende Tracks von der Vergangenheit bis in die Gegenwart ans Herz legen:

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