Man kann seit Marx kein Kommunist sein, ohne gleichzeitig Marxist zu sein. Kommunismus ist keine willkürliche Präferenz, mit der man sich spontan identifizieren kann, weil man die abstrakten Ideen von Freiheit, Gleichheit etc. schick findet. Wer es wirklich ernst damit meint, überzeugter Revolutionär und ein Kommunist in der Praxis (d.h. über die bloße Identität hinaus) zu werden, kommt am Marxismus nicht vorbei.

Antideutsche sind so eine Sache. Ihr schlechter Ruf innerhalb der Linken ist teilweise berechtigt. Nichtsdestotrotz sollte man sich von pauschalen Verurteilungen distanzieren. Das Problem der Antideutschen ist, dass sie zwar oft die richtigen Fragen stellen (beispielsweise ist Antisemitismus oder Antiamerikanismus innerhalb der heutigen Linken tatsächlich real), aber ihre Antworten darauf sind in der Regel die falschen und ihre praktische Politik ist infantil. Aber auch an denen kommt man (zumindest auf theoretischer Ebene) als Kommunist nicht vorbei.

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Der offizielle Bildungsgrad ist an sich vollkommen irrelevant. In nicht-revolutionären Zeiten kann man aber kein Kommunist in der Praxis werden, ohne gleichzeitig ein Intellektueller zu werden. Bei dem Marxismus geht es um die rücksichtslose Kritik alles Bestehenden und das erfordert tiefgründige Auseinandersetzungen mit schwierigen Themen auf höchster theoretischer Ebene. Selbstbildung ist hierbei unendlich viel wichtiger als Schule und Universität, obwohl sie den Weg dafür freimachen können.

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"Muss man als Kommunist automatisch Materialist sein?"

Was heißt es, ein Kommunist im bedeutsamen Sinne des Wortes zu sein? Ist das eine von vielen verschiedenen Ideologien, die sich alle in einem pluralistischen Spektrum denselben Rahmen der Rationalität teilen? Beschränkt sich der Unterschied zwischen Kommunisten und Liberalen darauf, dass beide dasselbe Ziel ("Wohlergehen") mit bloß verschiedenen Mitteln ("gesellschaftliche Planung" bzw. "freie Märkte") verfolgen? Um ein Kommunist in der Praxis zu sein, reicht es nicht aus, sich einfach "Kommunist" zu nennen oder meinetwegen "eine klassenlose, staatenlose Gesellschaft" zu wollen. Heute kann sich jeder Idiot oberflächlich mit dem Kommunismus identifizieren und gleichzeitig zutiefst reaktionäre, sogar absolut faschistische Positionen vertreten. Ich will mich so kurz wie möglich fassen, deshalb sage ich es sehr deutlich: Der Kommunismus ist keine willkürliche Präferenz, die man sich wie eine Lieblingsfarbe aussuchen kann, um dann seine Aktivität im Kontext der kapitalistischen Konsumgesellschaft zu reproduzieren. Wer für "eine klassenlose Gesellschaft" argumentiert, weil "seiner Meinung nach" nur diese "human" ist, "Wohlergehen" garantiert o.Ä., sollte am besten sofort aufhören, sich Kommunist zu nennen.

Marx - dessen Theorie nicht auf ihn selber, als Individuum, reduzierbar ist - hat sich nicht völlig grundlos oder bloß aus Jux mit Philosophie, den empirischen Wissenschaften etc. beschäftigt. Der Marxismus ist universell, gerade weil er sich eben nicht auf Politik und Ökonomie beschränkt, während alles andere nutzloses Elfenbeinturmgeschwätz ist, sondern stattdessen die menschliche, gesellschaftliche Praxis in ihrer Gesamtheit umfasst: Von Philosophie und Politik bis hin zu Sexualität und Kunst, alles existiert kongruent und in wechselseitiger Relation zueinander und kann insofern der Kritik unterzogen werden. Denn darum geht es: Der Sinn des Kommunismus ist nicht, ein "System" zu installieren, das - unter welchem Aspekt auch immer - "effizienter" ist als der Kapitalismus, sondern der Kern der Sache ist die bewusste Veränderung der menschlichen Praxis auf ihrer rohesten und nacktesten Ebene, radikal und in jeder denkbaren Hinsicht.

Marx' ethische Pflicht als Kommunist war die rücksichtslos kritische Hinterfragung von allen Dingen. Er hat beispielsweise die Religion nicht aus persönlichen Gründern kritisiert, sondern als archetypischer Kommunist: Der springende Punkt ist, dass die Religion nicht neben der Gesellschaft unabhängig (egal wie relativ) vom historischen Gesamtkontext existiert, sondern gerade als ein struktureller und wesentlicher Bestandteil einer definitiven Gesellschaft. Religion reproduziert die Ideologie, die die kapitalistische Gesellschaft konstituiert. Viele von denen, die sich als "Kommunisten" bezeichnen, glauben an einen Gott. Wenn sie mit dem praktischen Kommunismus konfrontiert werden, werden sie ihn abstoßend finden und sich gegen ihn stellen, nochmal, weil der Kommunismus nicht bei der vagen Vorstellung einer "klassenlosen, staatenlosen Gesellschaft" stehen bleibt, sondern die gesellschaftliche Praxis in ihrer Gesamtheit radikal transformiert, während ein religiöser Mensch an bestimmten Aspekten der menschlichen Praxis festhält, die im Kontext des Kapitalismus existieren. Deswegen kann man kein Kommunist sein, ohne gleichzeitig Atheist zu sein, und genauso kann man kein Kommunist sein, ohne gleichzeitig Materialist zu sein.

Ich sollte dennoch hinzufügen, dass ein tiefgründiges Verständnis des Materialismus und des Marxismus im Allgemeinen nahezu verloren gegangen ist. Um den Marxismus heute zu verstehen, reicht es nicht aus, Marx zu lesen. Das führt zu sicheren 100% zu einer formalen Interpretation von ihm. Wer ihn in unserem historischen Kontext begreifen will, kommt um Slavoj Zizek nicht herum.

"Dieser Satz ist eine Grundlage des Marxschen Denkens."

Gerade dieser Satz wird gerne überbewertet. Marx sagt hier nicht, dass das gesellschaftliche Sein und das Bewusstsein in einer deterministischen A-zu-B-Beziehung stehen. Das Bewusstsein ist kein nachrückendes, hinterherlaufendes "Produkt" des gesellschaftlichen Seins, sondern beides existiert kongruent miteinander, das ist der Punkt. Marx ging es vielmehr darum, dass die Menschen nie Bewusstsein über ihr gesellschaftliches Sein erlangten und die Geschichte daher eine zufällige und willkürliche Abfolge von "Unfällen" war. Der Kommunismus ist diese Erlangung, er ist nichts anderes, als bewusstes Geschichtemachen. Viele Kommunisten sprechen davon, dass die Verhältnisse erst schlechter werden müssen, sodass "die materiellen Bedingungen" zu einer Revolution führen. Sie begreifen nicht, dass der Kommunismus das Bewusstsein und die Kontrolle über die materiellen Bedingungen ist.

Wenn man schon den dialektischen Materialismus in einem Satz zusammenfassen will, dann beruft man sich lieber auf die 2. These über Feuerbach: Der Materialismus ist die Anerkennung, dass jede Wahrheit ausschließlich von der menschlichen Praxis abhängig ist und nichts anderes. Das würde dann auch jeglichen Determinismus ausschließen. Aber in dem einen Satz ist so unheimlich viel implizit, dass man es dabei auch nicht belassen kann. Es gibt keine kurze Erläuterung des dialektischen Materialismus. Such nicht nach einfachen Antworten, ein tiefgründiges Verständnis erfordert Arbeit und Auseinandersetzung mit schwierigen und komplizierten Fragen.

"Nach Marx ist der Mensch zunächst ein "Opfer" seiner Bedürfnisse"

Der Mensch ist kein "Opfer seiner Bedürfnisse" und das hat Marx auch nirgendwo behauptet. Bedürfnisse existieren nicht transhistorisch, sondern sind selber durch den gesellschaftlichen/historischen Kontext bedingt. Historische Epochen (was Marx als "Produktionsweisen" bezeichnet) drehen sich nicht um essentielle Bedürfnisse, nach der sich jede gesellschaftliche Ordnung richten muss, um sie zu erfüllen. Der springende Punkt ist, dass es eine solche Essenz des Menschen gar nicht gibt. Jede gesellschaftliche Ordnung hat ihre eigene Rationalität und bringt ihre eigenen Bedürfnisse hervor, die ausschließlich im Kontext der Reproduktion dieser gesellschaftlichen Ordnung existieren.

Natürlich haben Menschen (noch und leider) eine physiologische Basis, die sie reproduzieren müssen, um zu überleben - in anderen Worten, sie müssen essen und trinken, sie "müssen", zumindest um Nachfahren zu zeugen, Sex haben. Aber das ist eher eine tautologische Aussage und hat nichts mit dem Kern der Sache zu tun: Selbst wenn wir Hunger und Durst stillen müssen, um unsere bloße Existenz zu reproduzieren, tun wir das nicht instinktiv, sondern artikulieren diese Handlung bewusst, d.h. in Relation zu einem gesellschaftlichen Kontext. Deshalb sind wir auch dazu in der Lage, darauf zu verzichten, indem wir in den Hungerstreik gehen o.Ä.

Das ist der Punkt, an dem es kompliziert wird: Klassenantagonismen entstehen daher nicht, weil bestimmte Gesellschaften strukturell dabei versagen, irgendwelche essentiellen Bedürfnisse zu befriedigen, sondern weil sie strukturell dabei versagen, die Bedürfnisse zu befriedigen, die sie selber erzeugen. Ich weiß, es ist komisch und schwer zu begreifen, aber das ist der einzige Materialismus, der in der Tradition des Marxismus steht. Alles andere ist idealistischer Essentialismus, dessen logische Konsequenz Rassismus und Sexismus ist.

"die Gesellschaft befindet sich in einer permanenten Auseinandersetzung mit der Natur, mit dem Ziel, die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen."

Die Natur bewusst zu transformieren und zu beherrschen ist selber ein Bedürfnis, man könnte eigentlich sogar sagen ein Selbstzweck. Es war Engels, der sagte, dass der gesellschaftliche Antagonismus mit dem Kommunismus endet, während der Antagonismus zwischen Mensch und Natur unendlich bleibt. Was die kommunistische Gesellschaft antreibt, ist die Unterwerfung der Natur unter die Kontrolle des Menschen. Im Kommunismus wird dieser Prozess nur nicht durch gesellschaftliche Antagonismen behindert.

"Dieser Kampf ist nur mit Hilfe einer bestimmten materiellen und wirtschaftlichen Basis möglich"

Ja, aber findest du nicht selber, dass das völlig tautologisch und selbstverständlich ist? Man braucht nicht den Marxismus, um die Tatsache anzuerkennen, dass menschliche Praxis eine wirtschaftliche Basis benötigt. Ökonomie ist allein schon deswegen wichtig, weil wir, um unsere gesellschaftliche Praxis zu reproduzieren, essen etc. müssen. Das ist nicht der Punkt, an dem der Marxismus relevant wird. Die Kontroverse beginnt, wenn wir fragen: Was konstituiert menschliche Praxis an erster Stelle? Richtet sie sich nach irgendwelchen philosophischen, transhistorischen Prinzipien oder ist sie selber historisch und Philosophie ein Teil von ihr? Nochmal, Marx wollte nicht darauf hinaus, dass Geschichte und menschliches Bewusstsein durch die "materielle, ökonomische Basis" determiniert werden, ihm ging es vielmehr um die Kongruenz: Bewusstsein ist genauso materiell.

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Die Diskussion über die Sowjetunion mal beiseite, weil es ja nicht das ist, was dich hier primär interessiert: Man kann es nicht "vermeiden" in einer kapitalistischen Gesellschaft "kapitalistisch" zu leben. Unter der heutigen Linken herrscht leider größtenteils ein anderes Kapitalismusverständnis vor: Für sie ist Kapitalismus eine Auferlegung von oben, durch "die Medien", "die" herrschende Klasse (oder was sie als diese auffassen) usw., wodurch die "normalen", ("natürlichen"?) Interessen der einfachen Menschen verzerrt und abgelenkt werden. Es ist nicht unberechtigt, hier eine Parallele zum Antisemitismus zu ziehen: Der vermeintliche Urzustand der Gesellschaft ist gut, bis der Eindringling (der Jude oder in diesem Fall der Bourgeois) von außen hereinkommt und alles schlecht macht. Beseitige den Eindringling und alles ist wieder in Ordnung.

Das ist kilometerweit von Marx' Auffassung des Kapitalismus entfernt, die wesentlich tiefgründiger war. Für Marx ist der Kapitalismus eine gesellschaftliche Totalität, die durch jedes in ihm lebendes Subjekt aktiv konstituiert wird. Alle Männer und Frauen innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft beziehen sich aktiv auf die Totalität und gestalten sie dadurch. Essentialismus, d.h. die Auffassung von transhistorischen, "natürlichen" Interessen ist dem Marxismus fremd. Vielmehr erzeugt jede historische Epoche eine eigene Rationalität, um die sich der gesellschaftliche Antagonismus (zwischen den Klassen) und die "Interessen" der jeweiligen Klassen drehen. Der Arbeiter, der gegen den Kapitalisten in den Streik zieht, der Linksaktivist aus der Mittelklasse, der vegan lebt und Fairtrade konsumiert, sie alle sind genauso Teil der kapitalistischen Gesellschaft wie die Mainstreammedien, Konzerne und Aktionäre. Auch wenn du dich dazu entscheiden würdest, in den Wald zu gehen und ein primitives Leben, abgeschottet vom Rest der Welt, zu führen, ist das eine Relation zur kapitalistischen Totalität, weil deine Opposition zu ihr diese Entscheidung erst hervorgebracht hat und konstituiert. Selbst der kommunistische Revolutionär ist letztendlich Teil der kapitalistischen Gesellschaft, weil diese nicht einfach eine definitive, harmonische Umwelt ist, sondern das Fundament für ihre eigene Aufhebung bietet.

"Aufhebung" ist hier das entscheidende Stichwort, denn wenn Marxisten dieses Wort verwenden, hat es eine ziemlich einzigartige Bedeutung. Der Begriff ist ursprünglich Hegels Dialektik entnommen und geht weit darüber hinaus, bloße Beseitigung oder Abschaffung zu bedeuten. Etwas im dialektischen Sinne aufzuheben bedeutet, sich diesem "Etwas" entgegenzustellen und ihm gleichzeitig treu zu bleiben; es nicht nur negieren, sondern gleichzeitig forttragen, in seiner Tradition stehen wollen. Ganz naiv ausgedrückt: Der Kapitalismus wird "abgeschafft", während das, was es wert ist, gerettet zu werden, gerettet wird. Deshalb stehen wir Kommunisten in der Tradition der bürgerlichen Revolutionäre und nicht das heutige Bürgertum: Wir wollen die bürgerliche, formale Demokratie aufheben, um die Werte der Französischen Revolution fortzutragen und zu verwirklichen. Wir sagen nicht, dass die formale Demokratie an sich unberechtigt ist, sondern verteidigen sie gegenüber der "Authentizität" (im Hinblick auf die Grausamkeit und Unterdrückung) des russischen und chinesischen Staatsapparats; wir sagen nur, dass die bürgerliche Demokratie nicht demokratisch genug ist.

Oder, um dir ein anderes Beispiel zu geben: Marx war hegelianischer als Hegel selbst, indem er ihn (d.h. seine Dialektik) aufgehoben hat. Seine Kritik an Hegel zielte nicht auf dessen bloße Beseitigung ab und darauf, dass wir alle Hegel und den Deutschen Idealismus vergessen sollten. Im Gegenteil, Marx argumentierte, dass die Schranken des Idealismus Hegel dazu brachten, seine dialektischen "Prinzipien" zu verraten. Daher ist der marxistische Materialismus das wahre Erbe des Hegelianismus. Daher konnte Marx 30 Jahre später, als Hegel im deutschen Diskurs irrelevant war, behaupten, dass er Hegels Dialektik "vom Kopf auf die Füße" stellte und seinen "rationellen Kern" aufdeckte, und sich gleichzeitig als Schüler des "großen Denkers" bezeichnen. Daher konnte Marx Feuerbachs Materialismus dafür kritisieren, vorhegelianisch zu sein: Feuerbach wollte Hegel vergessen, weil er Idealist war, aber ignorierte dabei, dass der einzige Materialismus, der seinem Namen und seinen postulierten Prinzipien würdig ist, nur aus dem Deutschen Idealismus herauswachsen konnte.

Der springende Punkt ist also, man kann den Kapitalismus nicht "vermeiden", man kann ihn nur aufheben; man kann ihn nicht entfernen, sondern ihn als aktives Subjekt, als aktiver Teil des Kapitalismus von innen heraus transformieren. Das ist die Essenz des Kommunismus.

Was das alltägliche Leben in einer kommunistischen Gesellschaft betrifft, lässt sich darüber nicht viel sagen. Wir können uns weniger ausdenken, wie es aussehen wird als wie es nicht aussehen wird. Das heißt, selbst wenn wir sagen können, dass, sagen wir, Kunst notwendigerweise avantgardistisch sein wird, dann auch nur, weil wir - naja, erstens diese historische Erfahrung bereits gemacht haben (Russland), aber auch zweitens, weil die romantische Kunst, also diejenige, die an die bürgerliche Sentimentalität appelliert, nun mal durch bürgerliche Standards für Schönheit etc. aufrechterhalten wird. Das ist nochmal ein anderes komplexes Thema, darauf müssen wir gar nicht näher eingehen, ich versuche nur zu erklären, worauf ich hinaus will.

Was wir mit Sicherheit sagen können ist, dass die Rationalität der kommunistischen Gesellschaft sich qualitativ, d.h. essentiell von der kapitalistischen unterscheidet. Der Kommunismus ist nicht einfach nur ein "besserer" Kapitalismus, in anderen Worten, er gibt nicht vor, "die" Bedürfnisse des Menschen besser oder effizienter befriedigen zu können. Das Argument ist, dass der Kommunismus das Leben in allen denkbaren Aspekten (Produktion, Kultur, ja, auch das sogenannte Privatleben) radikal verändert, dass Menschen also neue "Bedürfnisse" entwickeln. Es gibt keinen "Luxus" im Kommunismus usw.

Was eine kommunistische Gesellschaft grundsätzlich treibt, ist die endlose Beherrschung der Natur durch den Menschen, nicht mehr als Mittel zu irgendeinem Zweck, sondern als Selbstzweck. Der Kommunismus beseitigt den gesellschaftlichen Antagonismus, wodurch nur noch der Antagonismus zwischen Mensch und Natur bleibt. Anstatt also unter der konsumeristischen Rationalität des Kapitalismus zu produzieren, werden eher von der Menschheit als Gesamtes koordinierte Großprojekte im Mittelpunkt stehen, wie etwa Geoengineering (also die buchstäbliche Anpassung des Ökosystems nach dem Willen des Menschen), Weltraumfahrten und die Besiedelung neuer Planeten (zugegeben, ein Ziel, von dem wir noch sehr weit entfernt sind, aber warum nicht?), die Transformierung des menschlichen Körpers durch entweder Gentechnik/Bioengineering oder Nanotechnologie etc. etc. etc.

Ich sollte hinzufügen, dass ich, und ich meine das ernst, dir hier nur eine sehr kurze Zusammenfassung von Themen geben kann, die wesentlich umfangreicher und sehr schwierig sind. Wir sprechen hier von Sachen, die man nicht mal eben auf einer Internetplattform vollständig begreifen kann und das erwarte ich auch nicht von dir. Ich hab versucht, es so verständlich wie möglich zu erklären. Wenn trotzdem irgendetwas unklar sein sollte, kannst du mich darauf hinweisen und ich will versuchen, es zu erläutern.

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Generell kann der Begriff "Kapitalismuskritik" sehr breit verstanden werden, da das vor allem auch eine Frage der "Definition" von Kapitalismus ist. Verfechter der sogenannten "sozialen Marktwirtschaft" würden was von einem reinen Kapitalismus und einer Synthese zwischen diesem und dem Sozialismus erzählen. Die einzige konsequente Kritik am Kapitalismus, die dann zwar umfassend ist, dafür aber auch den Kern der Sache trifft, findet man in der marxistischen Literatur. Natürlich sage ich das alles hier als Marxist und dann kann man mir meinetwegen zu Recht Voreingenommenheit zuschreiben. Deshalb richtet sich meine Antwort auch vor allem an diejenigen, die sich an die marxistische Perspektive herantrauen.

Wer das tut und den Marxismus/Sozialismus wirklich verstehen will, kommt um philosophische und - damit einhergehend - wissenschaftliche/epistemologische Kontroversen nicht herum. Der Punkt von Marx (und Lenin, Engels und jedem anderen Kommunisten, der die Kohärenz seiner Ideologie wahrgenommen hat) ist, dass man eine Kritik am Kapitalismus nicht von einer, wie Marx selber es formuliert, "rücksichtslosen Kritik alles Bestehenden" trennen kann. In anderen Worten, Kapitalismuskritik spielt sich nicht rein auf ökonomischer oder auch politischer Ebene ab, sie erfordert eine Kritik der bestehenden Gesellschaft im weitesten Sinne - d.h. einschließlich ihrer Moral, ihrer Kultur, ihrer ideologischen Standpunkte (d.h. ihres Bewusstseins) etc. pp. Deshalb greifen Sozialisten beispielsweise auch das Konzept der Familie an, deshalb ist der (dialektische) Materialismus ein essentieller Bestandteil des Marxismus, deshalb beteiligen Marxisten sich auch an Kontroversen in der (Natur-)Wissenschaft usw.

Aus dem Grund würde ich nicht empfehlen, mit Marx' Hauptwerk, dem Kapital, zu beginnen. Nicht nur, dass die Lektüre an sich schon ziemlich schwierig und komplex ist und beim ersten Lesen viele Missverständnisse nicht ungewöhnlich sind; allein deswegen sollte man erstmal mit anderen ökonomischen Abhandlungen von Marx beginnen. Vor allem aber wird das Verständnis vom Kapital für immer unvollständig bleiben, wenn man es nicht im Kontext seiner essentiellen (philosophischen, ideologischen etc.) Grundlagen begreift. Es gibt heute sehr, sehr viele Erläuterungen der und Abhandlungen zur marxistischen Wirtschaftswissenschaft. Aber wer Marx' Kritik der politischen Ökonomie auf rein empirischer Ebene angeht, kann es genauso gut sein lassen. Entweder will man den Sozialismus in seinem gesamten Umfang, in seiner Relation zu allen Aspekten der menschlichen Praxis begreifen oder man wird ihn nie begreifen. Was dazwischen gibt es nicht.

Es sollte deswegen nachvollziehbar sein, dass, wenn ich hier jetzt einige Einstiegslektüren empfehle, die ich für geeignet halte, man hier nicht nur Kritik an der Kapitalakkumulation oder der Konsumgesellschaft findet, sondern auch und vor allem welche, die ich jedem nahelegen würde, der sich generell mit dem Marxismus und nicht "nur" explizit mit Kapitalismuskritik beschäftigen will.

Als allgemeinen Einstieg sollte man das Kommunistische Manifest und Engels' Anti-Dühring + sein "Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft" gelesen haben, um die "Basics" des Marxismus zu verstehen. Dazu auch "Staat und Revolution" und "Materialismus und Empiriokritizismus" von Lenin. Eine gute Einführung in die marxistische Ökonomie ist denke ich Marx' "Lohn, Preis, Profit" und Peter Deckers Vortrag: 

https://youtube.com/watch?v=jVVNVwcWlic

Übrigens ist der Kanal vom GegenStandpunkt generell sehr zu empfehlen.

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Nur für den Fall, dass dich eine marxistische Position interessiert:

Der einzige Staat, bei dem man von authentischen sozialistischen Schritten sprechen kann, war das damalige Russland bzw. die Sowjetunion vor dem Stalinismus. Die Zwangskollektivierung und die forcierte Industrialisierung markierten das Ende des Klassenbewusstseins und die Abkehr vom Sozialismus/Kommunismus - offensichtlich nicht in ästhetischer Hinsicht, aber dieser Umbruch lässt sich ideologisch/kulturell sowie politisch/ökonomisch feststellen.

Dazu muss man aber auch explizit hervorheben, dass dieser Sozialismus sich auf die politische Ebene beschränkte - es war zwar eine proletarische Herrschaft wie von Marx angestrebt; nichtsdestotrotz war das Land ökonomisch und gesellschaftlich rückständig, das Proletariat war im ländlich geprägten Russland in der Minderheit, ganz im Gegensatz zu den Bauern. Deswegen waren sich die Bolschewiki, also die Kommunisten, darüber einig, dass eine sozialistische Revolution im Westen Europas die Voraussetzung für den Sozialismus in Russland ist. Da diese nie kam, wurde die Sowjetunion unter Stalin zu einem staatskapitalistischen (im Sinne Bordigas) Regime unter dem Banner des "'Sozialismus' in einem Land".

Alles, was heute für gewöhnlich als sozialistisch/kommunistisch gebrandmarkt wird, hat(te) erstaunlich wenig mit dem Marxismus zu tun - halt mit Ausnahme der Sowjetunion vor 1928, aber so gut wie alle, die China, Nordkorea etc. für kommunistisch halten, können auch nicht den Marxismus der frühen SU angemessen qualifizieren.

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Dann halten wir auch direkt mal fest:

- Die DDR war demokratisch

- Alle sonstigen kommunistischen Länder und Parteien übrigens auch

- Die SPD ist heute noch die Partei der Arbeiter

- Die CSU ist christlich und sozial

- etc.

Weil, die behaupten das ja von sich. Dann muss das doch auch stimmen.

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Ich zitiere mal aus den Antworten, die ich früher mal gegeben habe:

Die Lohnarbeiter produzieren Waren, dessen Wert insgesamt größer ist als der Wert ihrer Arbeitskraft (ihr Lohn). Das liegt ganz einfach daran, dass das Unternehmen nicht nur seine Arbeiter bezahlen, sondern auch zum Beispiel Gewinn machen und Zinsen, Miete etc. zahlen muss. Dieser produzierte Mehrwert soll durch den Verkauf dieser Waren in Form von Geld zurückfließen, welches der Kapitalist (das Unternehmen) dann als Kapital einsetzt, um die Produktion zu erweitern [...]

https://www.gutefrage.net/frage/hey-kann-mir-jemand-sagen-was-mit-dem-begriff-akkumulation-bzw-ueberakkumulation-gemeint-ist?foundIn=list-answers-by-user#answer-200633329

Schon der kapitalistische Produktionsprozess an sich funktioniert nur so, dass Lohnarbeiter mehr Wert produzieren, als sie ausgezahlt bekommen. Diese Mehrwertproduktion ist das, was Marx als (kapitalistische) Ausbeutung bezeichnete. Die ist also auch in westlichen Ländern ziemlich üblich und hängt gar nicht vom Gehalt ab - denn dass die Unternehmen neben ihrer Pflicht, den Lohn auszuzahlen, auch Gewinn machen, verzinste Kredite tilgen und Miete zahlen müssen, lernt man mehr oder meist weniger direkt in jedem BWL-Kurs. Um dafür aufkommen zu können, setzt man sich als Unternehmer natürlich nicht selbst an die Produktionsmittel, sondern entwickelt Strategien, wie man möglichst viel Umsatz erreicht, sprich die von den Lohnarbeitern gefertigten Waren am besten verkauft - das heißt, wenn man derartige Aufgaben nicht schon an eine Marketingabteilung abgegeben hat.

https://www.gutefrage.net/frage/ist-der-kapitalismus-auf-ausbeutung-aufgebaut?foundIn=list-answers-by-user#answer-199055769

Kurz formuliert: Die Lohnarbeiter produzieren eine Menge von Waren, die insgesamt einen bestimmten Wert x haben. Dafür erhalten sie ihren Lohn, der jedoch meist deutlich, aber wohl zwangsläufig immer unter dem Wert x liegt.

Man sollte dazu sagen, dass das nicht einfach der Gewinn und auch nicht die Differenz zwischen Umsatz und Lohn ist. Auch, wenn die Waren gar nicht auf dem Markt verkauft wurden, fand notwendigerweise eine Mehrwertproduktion statt, die sich nur nicht in Geld umgewandelt hat. Mehrwertproduktion ist also im kapitalistischen Produktionsprozess allgegenwärtig und überhaupt ihr Fundament (es gibt heute Ausnahmen, die sich gerade entwickeln, die aber auch nicht wesentlich besser sind - aber das ist ein vollkommen anderes Thema, was ich hier nicht anschneiden will).

Und was man unbedingt hinzufügen sollte, ist, dass der Mehrwert nach Marx rein gar nichts mit der Mehrwertsteuer zu tun hat. Das haben hier einige Leute verwechselt.

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Wenn du selbst sagst, dass du "kommunistisch geprägt" bist, dann ist es schon fast Pflichtlektüre. Natürlich sollte man dabei nicht den historischen Kontext vergessen, aber die grundlegenden Inhalte sind essentiell für die kommunistische Ideologie.

Wie man das Manifest als menschenverachtend bezeichnen kann, ist mir unverständlich, aber was überrascht mich das überhaupt. Es ist eben eine revolutionäre Schrift, die bürgerliche Werte auf den Kopf stellt. Aber es ist schon mutig, das in einem Satz mit "Mein Kampf" zu erwähnen, das ist einfach überhaupt kein Vergleich.

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Das ist ein sehr komplexes Thema, das man nicht mal eben so zusammenfassen kann. Dazu kommt noch, dass ich eigentlich keine Zeit habe. Ich versuch mich trotzdem dran, auch wenn es vielleicht teilweise verkürzt und wirr ist:

Nach dem, was ich da herauslese, hast du eine viel zu ökonomistische Auffassung vom Basis-Überbau-Modell - was man dir nicht vorwerfen kann, da heute schließlich auch viele selbsternannte Marxisten Schwierigkeiten damit haben, über ein formales Verständnis aus Schulbüchern hinauszugehen. Marx ging es nie darum, eine A-nach-B-Beziehung aufzudecken, wonach die ökonomische Situation das Bewusstsein der Menschen positivistisch determiniert. Seine Werke und sein Wirken wären viel zu inkonsequent und widersprüchlich gewesen, als dass er auf sowas hätte beharren können. Es ging vielmehr darum, auf die Kongruenz zwischen Produktionsverhältnissen und Ideologie aufmerksam zu machen. Das heißt, unser Bewusstsein wird nicht von irgendwelchen ökonomischen Faktoren determiniert, etwa wie (angeblich) unsere Persönlichkeit und unser Verhalten von genetischen und neurologischen Veranlagungen determiniert werden soll. Aber was wir über und durch die Welt denken und demzufolge auch tun, denken und tun wir immer in Relation zu den existierenden Produktionsverhältnissen.

Was heißt das? Marx schrieb in der "Deutschen Ideologie", wie der Mensch produziert, so ist er. Er ging dabei von der scheinbar banalsten Prämisse unserer Existenz aus, nämlich dass das Essen vor der Philosophie und der Politik kommt. Jede Gesellschaft muss sich reproduzieren und das tut sie, indem sie produziert. Dabei gehen die Menschen bestimmte "Produktionsverhältnisse" ein, sie nehmen eine Rolle in der Produktion ein, leisten ihren Beitrag dazu, bauen eine Beziehung zu ihr auf und so weiter. Die Produktion ist aber keine rein ökonomische Aktivität, sie verlangt auch eine ideologische Unterwerfung unter die Produktionsverhältnisse, um diese aufrechtzuerhalten, damit... man keine Revolution startet und so weiter. Der Mensch muss produzieren und während er produziert, muss er denken. "Reproduktion der Produktionsverhältnisse" nennt das Althusser.

Konkretes Beispiel: Vom Klassenkampf hast du sicherlich gehört. Lohnarbeiter und Kapitalisten stehen aufgrund ihrer Rolle in der Produktion (der Kapitalist will den Lohn kürzen und den Arbeitstag ausdehnen, der Arbeiter das Gegenteil) in einem ständigen Gegensatz zueinander, die erstere Klasse hat revolutionäres Potenzial. Damit dieser Gegensatz so gut wie möglich verringert wird, kommt in erster Linie (!) die Staat als zentralstes Organ ins Spiel. Er handelt nicht nur repressiv, d.h. mit physischer Gewalt, indem er (notfalls, aber immer potenziell) mit der Polizei oder gar der Armee den politischen Handlungsrahmen vorgibt, sondern auch ideologisch, indem durch Schule oder Presse Werte und Denkweisen vermittelt werden, die die Menschen mit den Produktionsverhältnissen "versöhnen". Es ist dabei nebensächlich, wie "staatlich" die Instanzen sind, es geht um die Funktion, die sie erfüllen - das heißt, auch Privatschulen und Medien in privaten Händen sind Teil des "Staatsapparats".

Das ist nicht so zu verstehen, als würde der Staatsapparat uns diktatorisch unterdrücken. Der Staat ist selber ein Produkt gesellschaftlicher Verhältnisse und er verfestigt nur bereits bestehende (die aufgrund gesellschaftlicher Verhältnisse existierenden) Ideologien. In anderen Worten: Dass "jeder es schaffen kann" (sozialer Aufstieg), dass auf Gewalt zu verzichten ist (außer die des Staates), dass man Höhergestellte zu respektieren hat etc. sind Denkweisen, die mit entsprechenden Produktionsverhältnissen einhergehen und durch den Staat bloß gesichert werden. Auch abergläubische Vorstellungen (genetischer/neurologischer Determinismus, Religion etc.), die man nicht immer (direkt) mit dem Staat verbinden kann, existieren heute letztendlich nur in Relation zum heutigen Kapitalismus. Selbst der Kommunismus, die revolutionäre Ideologie, die den Kapitalismus aufheben will, existiert insofern in Relation zu den Produktionsverhältnissen, als er ihre direkte Negation ist - Menschen sind unzufrieden mit den Produktionsverhältnissen, befinden sich "im Gegensatz" zu ihr und werfen die Verhältnisse um.

Deine Frage also, ob "die Epoche des Vormärz [...] ein Beispiel für den Überbau nach Marx" sei, ist also falsch gestellt: Alles, was die Produktionsverhältnisse reproduziert, ist der Überbau - der Staat, die Kirche, das Recht, Moral und Sitten, Kultur, alles das ist Überbau. Der Vormärz ist ein Beispiel für Gegensätze im Überbau, die eventuell Rückwirkungen auf die Basis ausüben - aber kein Beispiel für den Überbau als solchen. Beispiele für Teile des Überbaus sind die Schule, die Kirche, bestimmte wissenschaftliche Disziplinen (z.B. evolutionäre Psychologie) - die Liste ließe sich endlos weiterführen. Ein aktuelles Beispiel für den Wandel des Überbaus durch den Wandel der Basis ist etwa die verschwindende Mittelschicht in Kongruenz mit dem Aufstieg neofaschistischer Strömungen und rechtsradikaler Diskurse (sowohl in Europa als auch in den USA - repräsentiert von Parteien wie die AfD oder Personen wie Trump). Aber Überbau und Basis als solche sind eine Sache für die Ewigkeit (solange es die menschliche Existenz betrifft).

"Sorgen nach Marx ausbeuterische Verhältnisse zu einer negativen Einstellung im Überbau gegenüber der Basis?"

Ja und nein. Lass mich weiter ausholen: Erstmal sind "ausbeuterische Verhältnisse" nach Marx keine Frage von schlechten und blühenden Zeiten des Kapitalismus, sondern eine Sache des kapitalistischen Produktionsprozesses selbst. Ausbeutung nach Marx bezeichnet nichts anderes, als dass die Arbeiter einen Wert schöpfen, der den ihres Lohnes übertrifft - was aufgrund der Funktionsweise unserer Wirtschaft zwangsläufig der Fall ist. Ein Unternehmen muss zumindest Gewinn machen, um fortzubestehen, den kann es nicht an seine Arbeiter auszahlen. Solange es Kapitalismus gibt, haben wir immer "ausbeuterische Verhältnisse".

Wenn du damit meinst, dass die Unzufriedenheit in Krisenzeiten wächst, dann ist das natürlich richtig, aber in gewisser Hinsicht auch ein tautologisches Argument. Eine Krise führt nicht automatisch zum revolutionären Kommunismus. Wenn das so wäre, wenn die Ökonomie menschliche Handlungen wie Instinkte tierische Handlungen determinieren würde - hätten Marx und Engels sich viel Arbeit sparen können. Der Kommunismus ist eine Sache des Willens, er verlangt aktive, ideologische Arbeit und Organisation. In Krisenzeiten erreicht man vielleicht mehr und leichter Menschen - aber das nutzen rechte Strömungen auch, wie ich oben schon beschrieben hab. Am Kommunismus ist nichts "organisch".

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Wenn es um die Märzrevolution geht, gehörten die Liberalen und die Demokraten zuerst demselben Lager an, spalteten sich irgendwann jedoch aufgrund von Meinungsverschiedenheiten. Die Liberalen wollten eine konstitutionelle Monarchie und nur Wohlhabende wählen lassen, die Demokraten forderten eine Republik und gleiches Wahlrecht für alle.

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Mit Akkumulation (=Anhäufung) ist hier wahrscheinlich die Kapitalakkumulation gemeint, die sich gemäß Marx durch die Mehrwertproduktion ergibt: Die Lohnarbeiter produzieren Waren, dessen Wert insgesamt größer ist als der Wert ihrer Arbeitskraft (ihr Lohn). Das liegt ganz einfach daran, dass das Unternehmen nicht nur seine Arbeiter bezahlen, sondern auch zum Beispiel Gewinn machen und Zinsen, Miete etc. zahlen muss. Dieser produzierte Mehrwert soll durch den Verkauf dieser Waren in Form von Geld zurückfließen, welches der Kapitalist (das Unternehmen) dann als Kapital einsetzt, um die Produktion zu erweitern, z.B. durch neue Produktionsmittel oder durch den Erwerb weiterer Arbeitskraft. Überakkumulation bedeutet in dem Fall dann, dass zu viel Kapital angehäuft (und folglich auch eingesetzt) wird, sodass es zu einer Überproduktion kommt: Es existiert ein zu großes Angebot an Waren, für das es eine zu geringe Nachfrage gibt - die Waren werden nicht verkauft, das Unternehmen macht keinen Gewinn, es kommt zur Krise. Ob Marx den Begriff "Überakkumulation" wirklich verwendet hat, weiß ich nicht, er hat aber auf jeden Fall diese Art von Krisen analysiert.

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Das kommt drauf an, was du unter dem Begriff verstehst. Sowohl von der Idee, am Gehalt eine moralische Grenze zur Ausbeutung festzumachen, als auch von der Theorie, dass Ausbeutung, wenn überhaupt, nur noch im globalen Maßstab existiert (Dritte Welt), würde ich mich klar distanzieren. Schon der kapitalistische Produktionsprozess an sich funktioniert nur so, dass Lohnarbeiter mehr Wert produzieren, als sie ausgezahlt bekommen. Diese Mehrwertproduktion ist das, was Marx als (kapitalistische) Ausbeutung bezeichnete. Die ist also auch in westlichen Ländern ziemlich üblich und hängt gar nicht vom Gehalt ab - denn dass die Unternehmen neben ihrer Pflicht, den Lohn auszuzahlen, auch Gewinn machen, verzinste Kredite tilgen und Miete zahlen müssen, lernt man mehr oder meist weniger direkt in jedem BWL-Kurs. Um dafür aufkommen zu können, setzt man sich als Unternehmer natürlich nicht selbst an die Produktionsmittel, sondern entwickelt Strategien, wie man möglichst viel Umsatz erreicht, sprich die von den Lohnarbeitern gefertigten Waren am besten verkauft - das heißt, wenn man derartige Aufgaben nicht schon an eine Marketingabteilung abgegeben hat. Um es kurz zu machen: Ja, der Kapitalismus basiert auf Ausbeutung, was nichts weiter heißt, als dass die innere Logik des Wirtschaftssystems verlangt, dass die "Arbeitnehmer" mehr Arbeitskraft aufwenden müssen, als ihre eigene (physische und kulturelle) Reproduktion es verlangt.

Ob das eine Notwendigkeit ist, ist eine ideologische Kontroverse. Daher gibt es auch revolutionäre, antikapitalistische Strömungen, die die Frage mit einem Nein beantworten würden. Wer umgekehrt ein praktisches Interesse daran hat, die gegenwärtige Ordnung aufrecht zu erhalten, wird sie natürlich verteidigen, von der "Natur des Menschen" anfangen usw. "Den einzelnen Menschen" kann man aber auch nur dann anführen, weil "der Mensch" schon eine Abstraktion aus einer einseitigen Betrachtung eines gegebenen gesellschaftlichen Zustands ist. Wer ist überhaupt der "einzelne" Mensch gegenüber wem? Handeln Selbstmordattentäter egoistisch? Sind Revolutionäre, die bereit sind zu sterben, auf ihre eigenen Vorteile bedacht? Menschen funktionieren viel konkreter, als irgendeine "Natur" es erklären könnte.

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Marx hat seine Ökonomisch-Philosophischen Manuskripte schon 1844 geschrieben. Den ersten Band des Kapitals, in welchem seine Theorien noch ausgearbeiteter und verfeinerter wurden, veröffentlichte er 1867, wobei er allerdings schon einige Jahre vorher Grundlagen davon verbreitete (wie etwa im Vortrag "Lohn, Preis, Profit" oder in seiner "Kritik zur politischen Ökonomie"). Mit der Aussage, dass sie etwa Mitte des 19. Jahrhunderts entstand, kannst du nichts falsch machen.

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Es wird weder Einkommen noch Professionen geben, denn sowohl Eigentumsverhältnisse (und damit als Konsequenz auch Warenaustausch) als auch gesellschaftliche Arbeitsteilung (die "Spezialisierung auf einen bestimmten Kreis der Tätigkeit") sollen aufgehoben werden. Eine "genaue Funktionsweise", also eine konkrete Beschreibung des Kommunismus, wird von Marxisten nicht vorgestellt, weil dessen Gestaltung eine Aufgabe für die Zukunft ist. Der Punkt des Kommunismus ist es, dass die Gesellschaft sich über die kapitalistische Produktionsweise hinaus entwickelt. Was wir mit Sicherheit sagen können, können wir auch nur insofern, als es eine praktische Relevanz für die Gegenwart hat. Folglich beschränkt sich das auch auf banale Dinge, wie Klassenlosigkeit, Absterben des Staates, bewusste Organisation der gesellschaftlichen Produktion etc. Und ja, das erfordert "Selbstlosigkeit" und "Altruismus" (Anführungszeichen bewusst gesetzt), Marxisten gehen auch nicht von der propagierten "Natur des Menschen" aus.

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Das scheint ein subjektiver Eindruck zu sein. Und "alle Kommunisten/Linke" ist schon mal falsch. Die meisten Kommunisten und Linken, die ich kenne, wissen entweder nicht, was sie genau von Nordkorea halten sollen oder (und die Gruppe macht die große Mehrheit aus) sie halten das Land für zutiefst reaktionär. Außerdem muss man nicht jedem aufs Wort glauben, der sich als etwas bestimmtes ausgeben will. Richtige Kommunisten, die es wirklich ernst meinen und sich nicht bloß eine politische Identität suchen, sind selten anzutreffen. Ich sage als Kommunist, wer Nordkorea glorifiziert, ist ein Idiot und weiß nicht, wovon er redet.

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Du hast Recht, es ist widersinnig. Hier wird einfach vom Kontext abstrahiert. Arbeit hat im Sozialismus/Kommunismus (bzw. in der Übergangsphase dazu, von der bei Lenin die Rede ist! Wie gesagt, der Kontext fehlt) eine vollkommen andere Rolle als in einer kapitalistischen Gesellschaft. Pervers ist es, den Grundgedanken auf ein System, das Menschen in Arbeitslosigkeit und teilweise miserable Arbeit zwingt, zu übertragen. Das ist bei so vernagelten Ideologen, die sich unter Sozialismus "Ich leiste NICHTS und habe doch ALLES" vorstellen, aber nicht besonders überraschend.

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Eigentlich ist die Eigenbezeichnung "Volksrepublik" ein gutes Beispiel dafür, warum es nicht weit hergeholt ist, auch die Eigenbezeichnung "sozialistisch" zu hinterfragen. Denn dass es sich bei Nordkorea, Kuba, dem ehemaligen Ostblock etc. um Sozialismus/Kommunismus handelte, wird unkritisch akzeptiert. Ich bestreite die Auffassung, dass sozialistische Staaten jemals existierten, einfach weil ich andere Qualifikationen dafür fordere als Hinweise in Parteinamen. Dementsprechend wäre es falsch, die Vereinbarkeit von Demokratie und Kommunismus am sogenannten "Realsozialismus" zu überprüfen.

Um auf deine Frage zurückzukommen, es hängt maßgeblich davon ab, welche Vorstellung man von Demokratie hat. "Volksherrschaft", "Freiheit" etc. sind Abstraktionen. Es ging beim Kampf um Demokratie nie um ewige Wahrheiten und moralisch höchste Leitprinzipien. Wenn überhaupt, dann sind sie nur der ideologische Ausdruck von konkreten politischen Forderungen. Naiv gesagt heißt das: Kommunisten wollen eine andere Demokratie als Liberale. Marxisten sprechen daher auch oft von "bürgerlicher" Demokratie, um zu betonen, dass wir zwar formale, das heißt juristische Gleichheit haben, die auch unbedingt progressiv ist gegenüber Faschismus, Absolutismus usw., aber strukturell den Interessen der Herrschenden (= der Kapitalisten) dient. Der Kommunismus ist demnach "echte" Demokratie, die Gesellschaft ist nicht in Klassen gespalten, sondern verfolgt gemeinsame Interessen und lebt als ein Kollektiv.

Engels hat zu dem Thema auch mal was geschrieben: "Die Demokratie, das ist heutzutage der Kommunismus. Eine andre Demokratie kann nur noch in den Köpfen theoretischer Visionäre existieren, die sich nicht um die wirklichen Ereignisse kümmern, bei denen nicht die Menschen und die Umstände die Prinzipien, sondern die Prinzipien sich selbst entwickeln. Die Demokratie ist proletarisches Prinzip, Prinzip der Massen geworden." - Das Fest der Nationen in London, MEW 2, 613

Lass dich übrigens nicht von Ausdrücken wie "Diktatur des Proletariats" etc. irritieren. Marx hat auch von "Diktatur der Bourgeoisie" gesprochen und meinte damit unter anderem sehr demokratische Staaten. Wäre ja nicht neu, dass man Aussagen von Marxisten aus dem Zusammenhang reißt.

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Willst du auf so eine geladene Frage eigentlich eine ernsthafte Antwort oder dich nur von allen anderen bestätigt sehen? Wie auch immer.

Wir manche Menschen glauben immer noch an den Kommunismus, weil wir davon überzeugt sind, dass nur durch sozialistische Politik die Unterdrückung des Menschen durch den Menschen und die miserable Lage (nicht nur die, in der wir uns befinden, sondern auch die, die noch auf uns zukommt) beendet werden kann; weil wir desweiteren bestreiten, dass der Zerfall des sog. "Realsozialismus" auch nur im Ansatz gegen unsere Bestrebungen sprechen würde; und schließlich weil wir euren Glauben an die Natur des Menschen nicht teilen.

Wenn man es nicht gerade ernsthaft für möglich hält, dass Kommunisten von Natur aus eine psychische Störung o.Ä. hätten, die ihr politisches Urteilsvermögen erschwert, sind das alles sehr offensichtliche Gründe, nach denen man eigentlich gar nicht erst fragen muss. Es lässt sich darüber debattieren, ob das "verblendet" ist - du stellst es aber gar nicht erst zur Diskussion, sondern nimmst es schon als eine Selbstverständlichkeit an. Wenn du nicht auf eine kritische Auseinandersetzung aus bist, dann haben wir dir nichts zu sagen. Wenn du fragst: "Wieso sollte ICH Kommunist sein?", dann haben wir dir nichts zu sagen. Du stehst eben auf einer anderen Seite und wir brauchen dich nicht. So einfach ist das.

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