Im Prinzip ist kein Pferd zum Reiten gemacht. Und erst Recht nicht zum Springreiten. Das sollte man sich immer wieder vor Augen führen.
Ich bin aber nicht der Meinung, dass Reitsport per se schlecht ist. Schließlich sind es Lebewesen mit Charakter und Fehlern wie du und ich. Genau so individuell wie du und ich und eben genau so individuell zu betrachten. Es sind eigenständige Lebewesen, das sollten wir respektieren, aber sie sind auch nicht aus Porzellan.
Reite dein Pferd. Reite es Englisch, reite Springen, wenn du magst. Aber vergiss dein Pferd auf dem Weg nicht. Beim Reiten geht es nicht um dich, noch nicht einmal um die perfekte Hilfengebung/das perfekte Reiten oder um große Erfolge und Turniere. Es geht um das Pferd. Und auf das Pferd gehen wir ein, mit dem Pferd wachsen und lernen wir und wenn nebenbei sich noch eine Reiterkarriere im Turniersport entwickelt, dann bitte auch "nur nebenbei". Denn es geht um das Pferd, nicht um dich. Das Pferd soll genau so Spaß haben wie du.
Aber nehmen wir an, dein Pferd und du, ihr habt Spaß am Reiten. Und an Turnieren. Und am Springen. Dann reitet, springt und geht auf Turniere. Nur: Ein Pferd ist ein Fluchttier und wir haben die Verantwortung. Wir kümmern uns, wir erlernen deren Sprache, nicht umgekehrt.
Geh auf dein Pferd ein. Geh so weit, wie es nicht nein sagt, wie es noch Spaß und keinen Stress hat. Aber behandel es auch nicht wie Porzellan. Ein Pferd ist ein Herdentier und braucht ein Leidtier zur Orientierung. Diese Rolle übernimmst du, du musst dich also durchsetzen. Aber übertreibe es nicht. Das ist die Balance, die man finden muss und die unfassbar schwer zu finden ist. Kein Reiter ist perfekt. Jeder macht Fehler, jeder tut seinem Pferd mal weh und das ist okay und auch gut so. Wichtig ist nur, dass dir das und du dir deiner Verantwortung bewusst ist/bist. Denke und handel im Sinne des Pferdes, dann machst du alles richtig.
Auf diese Grundlage kannst du aufbauen und im Prinzip alles machen - bis zum ganz großen Sport.
Das Problem liegt, meiner Meinung nach, also eher wenig an der Reiterei an sich, sondern viel mehr an der Form, wie sie vermittelt und zelebriert wird. Der Erfolg im Turniersport ist das Ziel, nicht das Verständnis des Verhaltens und der Körpersprache des Tieres. Wir lernen die Pferde in Reitschulen nicht kennen, die wir reiten, wir reiten sie. Uns wird beigebracht, sie nach Lehrbuch zu reiten. Aber der Umgang mit ihnen, der fehlt. Dabei bildet der die Grundlage. Ich möchte nicht sagen, dass du ein Pferd vollkommen kennenlernen und verstehen lernen musst bevor du es reitest. Ich möchte nur Verständnis dafür wecken, einen Schritt rückwärts zu machen und das Tier nicht als das zu betrachten, als das es in den Medien dargestellt wird, sondern einfach nur als Tier.