Ich hoffe dieses hier hilft dir weiter:
Natur
Hab heut vor mir des Weges gehen
Eine Gnädige mit ihrem Knäblein gesehn –
Hochelegant, das Bürschlein zumal
Geschnitten aus dem Modejournal.
Nun hielten Madame just Lektion,
Dozierten vom feinen Anstandston:
Da müsse nicht Schritt und Tritt allein,
Auch Wort und Blick gemessen sein, --
Drum solle sich’s endlich mal menagieren,
Zum Beispiel nicht so mit den Armen vagieren –
Man müsse ja sonst glauben, dass er
So ein hergelaufener Junge wär,
Man müsse sich sonst ja ordentlich schämen,
Ihn wieder mit spazieren zu nehmen!
Das Bürschlein – fünf Jahr mocht’s denk ich, zählen –
Schien auch die Sache ziemlich zu quälen:
Es trippelte sittsam und still fürbass
Und dachte betrübt an dies und das,
Zerknickt, schien’s, von dem Herzeleid
Ob seiner schlimmen Verworfenheit.
Und als des Weges eine Pfütze kam,
Die endlich sein Auge in Anspruch nahm,
Wandt’s, eingedenk der Lehren, sich
Zur Mutter und fragte bescheidentlich:
„Darf ich mich mal in die Pfütze legen?“
Da dacht ich: o lustige Mama Natur,
Lass du sie ängsteln und pfuschen nur
Mit ihrer Lackier- und Verkleisterung:
Du wirst ein M e n s c h – Glückauf, mein Jung!
Ferdinand Ernst Albert Avenarius
hier ist übrigens der Link zu diesem und vielen anderen Natur Gedichten:
http://gedichte.xbib.de/_Natur_gedicht00.htm
Viel Spaß mit dem Buch,
Skye^^