Hallo ChildOfGod2006,

ich selber bin in diese Religion hereingeboren und war bis zu meinem 14. Lebensjahr so gut wie jeden Sonntag in der Kirche der Mormonen (bzw. in der "Kirche Jesu Christi, der Heiligen der letzten Tage", so wollen sie ja nun neuerdings genannt werden.) Ich bin dann mit 15 Jahren ausgetreten.
Daher hab ich schon viele Einblicke in das Mind-Set und die Einstellungen vieler Angehöriger über diverse Themenbereiche bekommen, man kann aber dennoch nicht alle Mitglieder über einen Kamm scheren, da ja nicht jeder diese Meinungen vertritt. Aus dem Grund kritisiere ich allgemein nicht die Mitglieder der Kirche, sondern die Kirche bzw. Organisation an sich und ihre offiziellen Äußerungen zu gewissen Themen.

Zum einen ist meiner Meinung nach die Einstellung der Kirche gegenüber Homosexuellen sehr problematisch. Viele Mormonen sehen Homosexualität als Sünde. Sie berufen sich dabei auf die Bibel, also auf das Alte Testament: "Wenn jemand bei einem Manne liegt, wie bei einer Frau, so haben sie getan, was ein Gräuel ist, und sollen beide des Todes sterben." ( 3. Mose 20:13 ).
In dem Heftchen "Für eine starke Jugend" , herausgegeben von der Kirche Jesu Christi, der Heiligen der letzten Tage; welches mir, soweit ich mich nicht irre, mit ca. 11 Jahren gegeben wurde, steht: "Homosexuelles Verhalten ist eine schwerwiegende Sünde. Wenn ihr euch zum eigenen Geschlecht hingezogen fühlt oder von anderen zu ungehörigem Verhalten gedrängt werdet, bittet eure Eltern und euren Bischof um Rat. Sie werden euch helfen." (S. 36)
Homosexuelle Menschen werden in der Kirche zwar geduldet und können an den Versammlungen teilnehmen und, sofern sie "sexuell rein" sind, den Tempel besuchen; sobald sie aber einen Menschen des eigenen Geschlechts heiraten, werden sie exkommuniziert, also von der Gemeinde ausgeschlossen. Außerdem dürfen gleichgeschlechtliche Paare nicht im Tempel heiraten und können somit nicht gesiegelt werden, was für Mormone sehr wichtig ist, da sie glauben, dass man nur im Himmel ewig zusammen sein kann.

Meiner Ansicht nach ist dies sehr diskriminierend und überhaupt nicht unserem jetzigen Zeitgeist entsprechend. Ich glaube, dass viele homosexuelle Mormonen aus diesem Grund ihre Sexualität für sich behalten und versuchen, sie zu unterdrücken, was wiederum sehr schlecht für die Psyche ist. Homosexualität ist aber völlig normal und natürlich und bedarf keiner Behandlung oder "Hilfe", da sie keine Krankheit ist. Außerdem sucht sich niemand seine Sexualität aus. Aber ich denke das muss ich nicht weiter ausführen, weil das ein unwiderlegbarer Fakt ist.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die rassistische Vergangenheit der Kirche. Bis 1978 (Ist gar nicht so lang her!) durften Männer mit schwarzafrikanischen Vorfahren nicht zum Priestertum ordiniert werden und im Tempel durften Schwarze sich nicht siegeln lassen oder am Endowment teilnehmen. Warum das diskriminierend ist, muss ich, denke ich, auch nicht erläutern.
Des Weiteren haben früher viele Mormonen geglaubt, dass dunkelhäutige Menschen verflucht sind. Im Buch Mormon, also dem Buch, das von Mormonen als wahr betrachtet wird, steht in Alma 3:6: "Und die Haut der Lamaniten war dunkel, gemäß dem Kennzeichen, das auf ihre Väter gesetzt worden war, was ein Fluch auf ihnen war wegen ihrer Übertretung und ihrer Auflehnung gegen ihre Brüder, nämlich Nephi, Jakob und Joseph und Sam, die gerechte und heilige Männer waren."
Zwar dürfen heute dunkelhäutige Menschen an allen Zeremonien und sonstigen Veranstaltungen teilnehmen und werden in der Kirche nicht mehr aufgrund ihrer Hautfarbe diskriminiert, dennoch finde ich, dass man die Geschichte der Kirche nicht vergessen sollte. Ich persönlich möchte mit einer Kirche mit solch einer Vergangenheit nicht in Verbindung stehen.

Zudem kritisiere ich die Indoktrinationsmaßnahmen dieser Organisation. In der PV (Primarversammlung), lernt man von klein auf die Lehre des Buch Mormon. Man lernt Lieder auswendig, von denen man nicht mal wirklich den Text versteht, die davon handeln, dass man mal im Tempel heiraten will, sich mit 8 Jahren unbedingt taufen möchte und sich schon so sehr darauf freut. Du kannst ja mal auf YouTube schauen, welche Lieder man da so lernt. Die Texte sind ziemlich verstörend teilweise. Was ich aber am schlimmsten finde, ist, dass man als Kind dazu gezwungen wird, bei der Versammlung sein "Zeugnis" zu geben, also vor der ganzen Gemeinde ins Mikrofon sagt, dass man weiß, dass die Kirche wahr ist. Du kannst es dir so vorstellen: eine erwachsene Person geht mit einem 4-jährigen Kind nach vorne ans Pult und flüstert dem Kind ins Ohr, was es sagen soll. Das ist meiner Meinung nach einfach nur stumpfe Indoktrination, nichts weiter. Ein Kind in dem Alter hat noch keinen wirklichen Glauben, da es das ganze Konzept nicht verstehen kann.

Es gibt noch viele weitere Kritikpunkte, aber die würden dann den Rahmen meines Kommentars sprengen. Falls du weitere Fragen an mich hast, beantworte ich dir diese aber natürlich sehr gerne.

Liebe Grüße

PleaseThink18

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