Zu gutmütig im Job / was soll ich noch tun?

Hallo, und zwar habe ich folgendes Problem: ich bin Meister und bin für verschiedene Bereiche im Unternehmen zuständig, habe ein Büro in der Produktion. Meine Leute mögen mich. Ich bin ein sehr gutmütiger Mensch und mir liegt das wohl der Mitarbeiter genauso am Herzen wie auch mir selbst. Das Problem ist, dass von mir quasi verlangt wird ein "A....." zu sein, d.h. mehr Druck ausüben, auch Mal schneller verwarnen usw. Das Problem ist, dass ich nach meinem Gefühl gehe und meiner Ansicht nach menschlich handle. Ich würde nie jemand verwarnen, weil er 5 Mal am Tag einen Kaffee Holt oder Mal eine rauchen geht. Die anderen aus anderen Ebenen machen das auch den ganzen Tag. Ich sehe jeden Mitarbeiter als Menschen an und nicht als "Roboter". Oder ich soll zu Überstunden oder Samstagarbeit ermuntern. "Spielerisch" .... So nach dem kumpelhaften Motto "na, was machst du denn so am Wochende" und der Arbeiter antwortet zb "hab noch nichts vor" dann zum Punkt übergehen"wir haben aktuell viel Arbeit etc ... Wir brauchen dich hier". Also wenn ich mir das so vorstelle, wenn zu mir jemand so kommt , dann würde ich mich vereppelt fühlen. Ich Frage eben wer Zeit hat und wer nicht .

Oder wenn jemand Mal dringend früher Feierabend möchte, dann lass ich ihn auch gehen oder falls Mal jemand verschläft, dann mache ich da auch kein riesen Drama..

Jedenfalls verlor ich durch meine Gutmütigkeit schon oft den Respekt meiner Vorgesetzten und verlor auch schon schleichend manche Jobs . Ich bin mittlerweile einfach am Ende und weiß nicht mehr was ich machen soll . Ich bin eigentlich depressiv dadurch. Ich empfinde mein Handeln als normal und menschlich...

Es wurde erst seit den letzten 12 Jahren ca immer schlimmer und der Druck steigt immer mehr. Was würdet ihr tun? Ich habe mittlerweile schon gar keine Lust mehr auf Arbeit, weil alles nur noch unter Druck läuft . Wir sind doch Menschen und keine Roboter.....

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Hallo Hallo,

meine Antwort kommt ziemlich spät. Aber deine Frage hat mich ins Herz getroffen – und da musste ich antworten. In der Hoffnung, ich kann dir weiterhelfen.

Also:

Aus meiner Sicht machst du das genau richtig. Führen mit Angst und Druck ist die traditionelle Schule (die leider immer noch in vielen Unternehmen praktiziert und – zumindest von den dortigen Chefs - hochgelobt wird). Dass das auf die Dauer nicht funktioniert, ist mittlerweile in vielen Studien bewiesen. Mitarbeiter merken nämlich, wenn man sie unter Druck setzt oder veräppelt. Langfristige Folge: fehlende Arbeitsmotivation, Dienst nach Vorschrift, innerliche Kündigung. Und für die Unternehmen viele umsonst gezahlte Lohnkosten für Mitarbeiter, die sich nicht richtig engagieren.

Auch ein cooler Chef kann ein sehr guter Grund sein, dass ein Mitarbeiter gerne zur Arbeit kommt, sich gerne einbringt – und letztlich aus Loyalität zum Chef im Betrieb bleibt. Und darum geht es ja unterm Strich: dass dein Team produktiv ist (und bleibt) und gute Ergebnisse erzielt.

Mitarbeiterzufriedenheit ist so wichtig für Wachstum und Wertschöpfung in Unternehmen. Der Faktor wird aber echt oft unterschätzt. So schade, dass auch deine KollegInnen das scheinbar (noch) nicht erkennen.

Freilich darfst du deinem Team nicht alles „durchgehen“ lassen. Grenzen und Klarheit sind superwichtig. Aber das geht ja auch ohne schreien, schimpfen, unterdrücken, vera*schen. Sondern menschlich, auf Augenhöhe.

Ich kann mir vorstellen, dass dich als Meister schlichtweg ein andere Art zu Führen auszeichnet als von deinem Betrieb scheinbar gekannt und (leider) gewünscht.

Hast du dich schon einmal mit unterschiedlichen Führungsstilen beschäftigt? Vielleicht hilft dir das, deinen Ansatz bisserl besser einzuordnen. Und vielleicht kannst du damit deiner Menschlichkeit und dem Interesse am Miteinander einen Namen geben. Mir helfen so Erklärungen immer ganz gut weiter, um bisserl Abstand zu gewinnen und meine Gedanken zu sortieren.

Weiß auch nicht, ob dir das in deinem Betrieb – und wahrscheinlich eher traditionelleren Branche - weiterhilft. Ich bin im betriebswirtschaftlichen Bereich unterwegs. Dort habe ich das Gefühl, dass die Offenheit für andere Ansätze wächst (Fachkräftemangel etc. sind ja gängige Probleme, die künftig vllt nach einer neuen Denke verlangen, wie z.B. positive Führung).

Ich würde dir raten, zu deinem Ansatz zu stehen und dich nicht zu krass zu verbiegen, um dich passend zu machen. Vorreiter und „Andersmacher“ sind nirgends gerne gesehen. Und haben es immer schwerer. Das weiß ich aus ganz eigener Erfahrung.

Es ist aus meiner Sicht total wichtig, dass es Menschen wie dich gibt, die den Wahnsinn aus Angst, Druck und Roboter-Dasein nicht mitmachen. Und die weiterhin klar sehen. Wir sind Menschen. Keine Maschinen.

Du schreibst ja, dass dich deine Leute mögen. Dann funktioniert ihr doch als Team gut. Wenn die Zahlen dementsprechend sind, ist das der beste Beweis, dass es gut ist, was du machst.

Ich kann dir nur ermutigen, den Weg zu wählen und zu gehen, der sich für dich selbst richtig anfühlt. : ) Vielleicht findest du notfalls einen anderen Platz, an dem man das (besser) zu schätzen weiß!

Drück dir die Daumen und schicke dir Mut und Durchhaltevermögen! Und wünsche dir die Kraft, deinen Weg selbstbewusst weiterzugehen.

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