Oft wird gebetsmühlenartig gestöhnt, dass die Regeln für ß/ss/s so kompliziert seien. Das wirkt wie eine "self-fulfilling prophecy". Dabei sind die Regeln nicht komplizierter als für andere Konsonanten (man denke nur z.B. an die Schreibung der g/k-Laute, da gibt es viel mehr Schreibmöglichkeiten: g, k, gg, kk, ck, außerdem ch(s), q(u) usw.). In diesem Fall wird es z.B. sehr einfach, wenn man nicht so sehr übers ß nachdenkt, sondern über den Gebrauch von ss. ss gilt nämlich in ihrem Gebrauch als ganz normale Doppelform. Sie wird nicht anders verwendet als ff, tt, ck, nn usw. Und die Regeln für Doppelformen von Konsonanten sind nun ganz einfach: Sie können ausschließlich nach einzelnen, kurz und offen gesprochenen, fest an den Konsonanten angebundenen Vokal stehen (weil sie nur hier ihren Zweck erfüllen: eben diese besondere Kürze des Vokals zu markieren). Da dieser Fall bei "heißen" nicht vorliegt, kann hier nur ein einzelner Buchstabe (keine Doppelform) stehen. Da s nicht passen würde, weil es im Deutschen hier stimmhaft gesprochen würde, kommt der eigens im Deutschen für diesen Zweck "erfundene" Buchstabe ß zum Einsatz, der ja ein stimmlosen s-Laut eindeutig darstellt. (Ein bisschen vergleichbar mit dem englischen c z.B. in "rice", das es von "(to) rise" unterscheidet.) Ein einfacher Trick, wenn man sich unsicher ist: Würde ich das Wort, wenn ein anderer Konsonant an der Stelle des s-Lautes stünde, auch mit einem Doppelkonsonanten schreiben oder nicht? In unserem Fall "heißen": Würde ich z.B. "heillen" oder "heitter" schreiben? Natürlich nicht! Dann also auch "heißen" und nicht "heissen"!

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Wer genau die Werbe-Antwort für die "FRESCH"-Methode liest, wird erkennen, dass die Argumentation sich im Kreis dreht. Denn um "Radio" tatsächlich dreisilbig zu hören und mit Silbenbögen zu kennzeichnen, ist es notwendig, zu wissen "wie du das Wort sprichst, wenn du beim schreiben mitsprichst". Dann ist es natürlich kein Problem (mind.) "die Hälfte aller Wörter des Grundwortschatzes" "genau so" zu schreiben, "wie man sie spricht". D.h. also, man muss erst mal lernen, wie man die Wörter schreibt, damit man sie richtig mitsprechen kann, um sie dann auch richtig schreiben zu können. HÄ??? Das silbische Gliedern (durch Silbenschwingen, -bögensetzen o.Ä.) ist keine Hilfe, die noch unbekannte Schreibung zu lernen, wenn es nicht der standardsprachlich-lautlichen Gliederung entspricht, sondern einer künstlich zu erlernenden, schon an der korrekten Schreibung orientierten Gliederung! "Radio" ist definitiv standardsprachlich zweisilbig (Ra-dio, mit nichtsilbischem i), nachzulesen im Ausspracheduden oder anderen Ausspracheangaben. Dass in solchen Wörtern i und nicht etwa j geschrieben wird (und dann auch anders mitgesprochen werden kann), muss erst gelernt werden. Ebenso ergibt sich "lec-ken" oder "ret-ten" keineswegs aus der Standardaussprache. Auch beim standardsprachlichen Mitsprechen, könnte ein Kind zu Recht "lä-ken"/"lä-kng" oder "rä-ten"/"rä-tn" schreiben, denn in den meisten Regionen im deutschsprachigen Raum wird kein Konsonant doppelt oder länger gesprochen. Zweimal denselben Konsonanten in solchen Fällen zu sprechen, muss erst wie die entsprechende Schreibung bzw. Schreibregel gelernt werden. Vielleicht kann ja solch ein künstliches Mitsprechen beim Lernen dann hilfreich sein, man sollte aber nicht so tun, als ob diese Wörter in einem simplen Sinne quasi selbsterklärend "lautgetreu" seien und sich ihre Schreibung direkt aus der Lautung (ohne zusätzliche, implizite Regelkenntnis) ergebe. Viele Grüße Martin Beesk

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