Ein  Leichtathletiktrainer berichtet seinem sportpsychologischen Berater: „In meiner Sprint-Trainingsgruppe trainieren seit einigen Wochen Thomas und Andreas, zwei Athleten, die von anderen Vereinen zu uns gestoßen sind und in ihren bisherigen Bestleistungen annähernd gleich gut sind. Auf den ersten Blick konnte ich auch sonst kaum Unterschiede feststellen. Beide verhielten sich gegenüber meinen Trainingsanweisungen und -aufgabenstellungen aufgeschlossen und versuchten mir zu zeigen, dass sie sich verbessern wollen. Je besser ich die beiden kennenlernte, desto deutlicher bemerkte ich aber auch gewisse Unterschiede.

Bei einer unserer regenerativen Spiel-Trainingseinheiten haben wir Basketball gespielt. Andreas hat dabei immer wieder versucht, „Drei-Punkte-Würfe“ zu versenken, was ihm als Leichtathlet natürlich nur ganz selten gelang. Jeder wusste, dass es nur Zufall war, wenn er traf. Thomas ging ganz anders vor. Er versuchte erst einmal, durch viel Laufarbeit und gutes Passspiel sein Team zu unterstützen. Wenn es eine aussichtsreiche Gelegenheit gab, riskierte er auch ein Dribbling zum Korb. Wenn ihm dann ein Korb gelang, freute er sich und er wurde im Laufe des Spiels auch risikofreudiger. Andreas aber verlor schnell das Interesse. Er wirkte auch oft abgelenkt und angespannt, wenn das Spiel am Ende auf des Messers Schneide stand.

Auch im Leistungstraining bemerkte ich im Laufe der Zeit Unterschiede. Dazu gehörte nicht nur, dass beide unterschiedliche Vorlieben bei den Trainingsinhalten haben. Darüber hinaus bemühte sich Thomas kontinuierlicher die Aufgaben zu erfüllen, es machte ihm nichts aus, auch einmal alleine zu trainieren. Er prüfte dann mit der Stoppuhr, ob sich seine Fähigkeiten schon verbessert hatten. Neulich bemerkte er längere Zeit lang nicht, dass ich hinzugekommen war und ihm beim Training zuschaute.

Für Andreas hingegen war so ein Einzeltraining gar nichts. Er strengte sich besonders an, wenn er sich beobachtet fühlte oder wenn er in Konkurrenz stand. Gerne maß er sich dabei mit Athleten, gegen die er eigentlich gar keine Chance hatte. Er hatte dann trotzdem immer einen lockeren Spruch auf den Lippen und erreichte oft eine für ihn sehr gute Leistung. Gegen Thomas jedoch ist er nur sehr ungern angetreten. Wenn ich interne Vergleichswettbewerbe angesetzt habe, dann wirkte Andreas oft sehr unkonzentriert. Er zeigte dann nicht alles, was in ihm steckte.

Je näher wir der Wettkampfsaison kommen, desto mehr spricht Andreas über die außerordentlichen Erfolge und Meistertitel, die er erzielen möchte. Er hat mir sogar einmal verraten, dass sein sehnlichster Wunsch darin bestehe, einmal bei den Olympischen Spielen starten zu können. Thomas hat mir erzählt, dass er sich darauf freue, seine „Kumpels“ aus dem alten Verein wiederzutreffen. Er hoffe, dass sein Trainingsfleiß und die besseren Rahmenbedingungen in unserem Verein dazu führen würden, dass er seine Konkurrenten überflügeln könne. Thomas freut sich auf die Stadionatmosphäre und hofft, dort seine Bestleistungen aus dem letzten Jahr steigern zu können.

Das ist M2

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